Paul Bert

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Paul Bert, 1860er Jahre
Statue Paul Berts in Auxerre

Paul Bert (* 19. Oktober 1833 in Auxerre; † 11. November 1886 in Hanoi) war ein französischer Physiologe und Politiker.

Leben

Bert begann in Paris ein Studium an der École polytechnique mit dem Ziel Ingenieur zu werden. Er wechselte jedoch bald zum Studium der Rechtswissenschaften und schließlich unter dem Einfluss von Louis Pierre Gratiolet zu Naturwissenschaft und Medizin und setzte seinen Schwerpunkt auf die Physiologie. Er war Schüler (und ab 1868 Assistent) des Physiologen Claude Bernard. Im Jahr 1863 wurde er zum Doktor der Medizin promoviert mit seiner Dissertation De la greffe animale. 1866 wurde er zum Doktor der Naturwissenschaften promoviert. Das Thema dieser Dissertation lautete Recherches experimentales pour servir à l'histoire de la vitalité propre des tissus animaux. Er wurde 1866 in Bordeaux, wo er Zoologie und Physiologie unterrichtete, zum Professor berufen. 1869 wurde er in Nachfolge Bernards Professor der Physiologie an der Pariser Sorbonne. Sein wohlhabender Freund, der Arzt Denis Jourdanet, finanzierte ihm die Laboratoriumseinrichtung, darunter eine Stahlkammer für Dekompressionsversuche an Tieren und Menschen.[1] Ab 1882 war Bert Mitglied der Académie des sciences.

Nach dem Zusammenbruch des Zweiten Kaiserreichs 1870 betätigte sich Bert als Parteigänger Léon Gambettas auch politisch. In dessen Kabinett war er 1881/82 Bildungsminister. Bert gilt neben Jules Ferry als Begründer der obligatorischen kostenlosen staatlichen Schule. Als entschiedener Gegner des Klerikalismus kämpfte er gegen den Religionsunterricht an den Schulen. Wissenschaft und Religion waren für ihn unvereinbar.

Anfang 1886 wurde er Regierungsvertreter in Annam und Tonkin. Die französische Kolonialherrschaft war dort durch politische Unruhen gegen die Kolonialmacht und Pogrome gegen die christliche Minderheit bedroht. Bert gehörte zu den Architekten eines neuen Systems, das die alten Machteliten der Mandarine und der Monarchie in den Kolonialstaat einzubinden suchte. Bert starb in der Kolonie im November 1886 laut zeitgenössischen Quellen an Dysenterie.[2]

Werk

Von Bert stammen bedeutende Erkenntnisse zur Wirkung des Luftdrucks auf den menschlichen Körper. Insbesondere ermittelte er als Erster die bedeutende Rolle des Stickstoffs bei der Dekompressionskrankheit und wies nach, dass man das Auftreten von Problemen während der Dekompression vermindern kann, wenn der Druck nur allmählich abgesenkt wird. In seiner Dekompressionskammer untersuchte er aber auch die Wirkung verminderten Luftdrucks auf den tierischen und menschlichen Organismus. Er stellte fest, dass weniger der geringe Luftdruck als vielmehr ein geringer Sauerstoffpartialdruck (unter 35 mm Hg) unweigerlich zum Tod führt. Daraus folgerte er, dass man der Höhenkrankheit durch eine Erhöhung der Sauerstoffkonzentration der Atemluft entgegenwirken kann. Das war eine wichtige Erkenntnis für die gerade entstehende Aerologie. Mit Hilfe von mitgeführtem Sauerstoff konnten wissenschaftliche Ballonfahrten in größere Höhen ausgeführt werden. Joseph Crocé-Spinelli und Théodore Rivel, die sich von Bert beraten ließen, erreichten 1874 unter Mitnahme von Sauerstoff eine Höhe von 7.300 m. Bei einer zweiten Fahrt 1875 (gemeinsam mit Gaston Tissandier) erreichten sie sogar 8.600 m, kamen jedoch ums Leben, weil sie trotz der Warnungen Berts mit einem unzureichenden Vorrat an Sauerstoff aufgestiegen waren.

Paul Bert forschte auch auf dem Gebiet der Anästhesie, insbesondere untersuchte er die Narkose mittels Lachgas. So entwickelte er einen fahrbaren Operationssaal-Narkosewagen, worin er Patienten unter Überdruck ein Lachgas-Sauerstoff-Gemisch einatmen ließ. Damit versuchte er eine tiefere Narkose zu erreichen. Die aufwändige Methode überzeugte jedoch nicht und fand nur wenig Anhänger.[3] Nach Bert ist der Paul-Bert-Effekt benannt.

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • La Pression Barometrique. 1878.
  • Sur la possibilité d’obtenir à l’aide du protoxyde d’azote, une insensibilité de long durée, et sur l’innocuité de cet anesthésique. In: Compt. Rend. Acad. sc. Band 87, 1878, S. 728–730.
  • l’Instruction civique à l’école. 1882.
  • De la greffe animale. 1863.
  • Recherches experimentales pour servir à l'histoire de la vitalité propre des tissus animaux. Paris (Impr. E. Martinet) 1866.

Literatur

  • Barbara I. Tshisuaka: Bert, Paul. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 170.
  • Norbert Gierschner: Vater der Tauchmedizin – Paul Bert (1833-1886). In: VDST-sporttaucher. April 2017, ISSN 0172-8555, S. 64–65.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Elisabeth Simons, Oswald Oelz: Kopfwehberge. Eine Geschichte der Höhenmedizin. AS Verlag, Zürich 2001, ISBN 3-905111-59-4, S. 88.
  2. K. W. Taylor: A History of the Vietnamese. Cambridge University Press, Cambridge 2013, ISBN 978-0-521-87586-8, S. 477 f. (englisch).
  3. H. Orth, I. Kis: Schmerzbekämpfung und Narkose. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 1–32, hier: S. 9.
VorgängerAmtNachfolger
Jules FerryBildungsminister von Frankreich
14. November 1881-30. Januar 1882
Jules Ferry