Paula Straus

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Stolperstein für Paula Straus, Gablenberger Hauptstraße 173, Stuttgart

Paula Straus (geb. 31. Januar 1894 in Stuttgart; gest. 10. Februar 1943 im KZ Auschwitz) war eine deutsche Gold- und Silberschmiedin.

Leben

Paula Straus wurde als zweite Tochter des Kaufmanns Leon Straus (gest. 1925) und seiner Frau Clara, geb. Levi (1870–1943), geboren. Sie besuchte die Staatliche Höhere Mädchenschule in Stuttgart und schloss sich schon früh der Wandervogel-Bewegung an. Von 1911 bis 1916 erlernte Straus die Goldschmiedekunst an der Staatlichen Höheren Kunstgewerbe- und Fachschule für Edelmetallindustrie in Schwäbisch Gmünd. Von 1916 bis 1919 arbeitete sie als Gehilfin in der Gold- und Silberschmiede I. Köhler in Frankfurt am Main und kehrte danach nach Stuttgart an die Württembergische Kunstgewerbeschule am Weißenhof zurück, wo sie Meisterschülerin von Professor Paul Haustein wurde. 1921 legte Paula Straus hier ihre Meisterprüfung als Goldschmiedin ab. Zunächst arbeitete sie weiter als Meisterin an der Kunstgewerbeschule und erlangte durch ihre Arbeiten schnell Popularität.

1924 zeigte Straus einige ihrer Arbeiten in der großen Stuttgarter Werkbund-Ausstellung Die Form. 1925 folgte die erste Einzelausstellung in der Kunsthalle Mannheim, wahrscheinlich auch auf Vermittlung ihres Vetters Herbert Tannenbaum, eines Kunsthändlers in Mannheim. Im gleichen Jahr ging Straus nach Heilbronn und arbeitete für die Silberwarenfabrik Peter Bruckmann & Söhne. Bereits 1926 wurden ihre Entwürfe für Bruckmann anlässlich der Ausstellung „Württembergisches Kunsthandwerk“ im Landesgewerbemuseum Stuttgart besonders hervorgehoben: „Das Gestaltungsprinip der ‚Form‘“, so das Stuttgarter Neue Tagblatt, „kommt wohl am klarsten zur Geltung in den Metallarbeiten, die P a u l a S t r a u ß [sic] in den Werkstätten von Bruckmann, Heilbronn, geschaffen hat. Das ist fast das ‚Modernste‘, was man auf der Ausstellung zu sehen bekommt. Die Linie der Geräte ist wunderbar einleuchtend in ihrer nackten Klarheit.“[1] Weitere Ausstellungen, auf denen die Arbeiten von Paula Straus gezeigt wurden, waren 1925 die Mostra Internazionale delle Arti Decorative, 1927 die Ausstellung Form ohne Ornament in Zürich, 1929 die Weltausstellung in Barcelona und 1930 die Exposition de la société des artistes décorateurs in Paris. 1929 erhielt Paula Straus einen Lehrauftrag an der Staatlichen Hochschule für Handwerk und Baukunst in Weimar.[2]

Neben ihrem Firmen-Atelier in Heilbronn richtete sich Straus eine private Werkstatt in Gundelfingen ein.[3] Der Stuttgarter Maler Reinhold Nägele, der mit Paula Straus befreundet war, malte zwei Ansichten von Dorf und Burg Niedergundelfingen, wie sie von Paula Straus’ Haus aus zu sehen waren. Im Jahre 2005 erinnerte eine Ausstellung in Gundelfingen an die Künstlerin.[4]

Am 31. Januar 1933 verließ Paula Straus das Unternehmen Bruckmann & Söhne aus wirtschaftlichen Gründen. Straus hatte sich eine eigene Werkstatt in der Stuttgarter Azenbergstraße eingerichtet, ab 1. Februar 1933 trat sie auch eine neue Stelle bei der Württembergischen Metallwarenfabrik in Geislingen an der Steige an. Unter dem Druck judenfeindlicher Erlasse musste sie diese Stelle jedoch noch vor Ende 1933 wieder aufgeben.

Paula Straus wirkte nun als freischaffende Künstlerin, wobei ihr Aktionsradius immer stärker eingeschränkt wurde. Im Sommer 1935 stellte sie zum Beispiel im Rahmen der Jüdischen Kunstausstellung aus, die von der Jüdischen Kunstgemeinschaft in Stuttgart veranstaltet wurde. Als der Druck auf die jüdischen Deutschen immer größer wurde, dachte auch Paula Straus über die Emigration nach. Ein kurz zuvor erworbenes Haus in der Gablenbergstraße in Stuttgart musste unter Druck zu einem Spottpreis verkauft werden. Nachdem der Versuch der Emigration in die Niederlande gescheitert war, wurde Paula Straus am 1. Januar 1939 ein Arbeitsverbot auferlegt. Zusammen mit ihrer Mutter wurde sie in ein sogenanntes Judenhaus in der Werfmershalde in Stuttgart eingewiesen. Zum „Arbeitseinsatz“ musste sich Straus in das jüdische Altersheim in Herrlingen bei Ulm begeben, ab Mai 1941 war sie in einem Heim in Haigerloch als Lehrerin eingesetzt.

Am 22. August 1942 wurde Paula Straus vom Stuttgarter Killesberg aus, nicht weit von ihrer früheren Wirkungsstätte Kunstgewerbeschule entfernt, nach Theresienstadt deportiert. Am 29. Januar 1943 wurde sie mit dem „Todestransport“ Ct von Theresienstadt nach Auschwitz deportiert und dort am 10. Februar 1943 in der Gaskammer ermordet.[5]

Für Paula Straus und ihre Mutter Klara wurden vor dem Haus Gablenberger Hauptstraße 173 Stolpersteine verlegt.

Ihr lange vergessenes Werk wurde durch Ausstellungen im Badischen Landesmuseum Karlsruhe[6] und im Bröhan-Museum Berlin[7] wiederentdeckt. Sie zählt „zu den ersten Industriedesignerinnen Deutschlands“.[8] Ihr Nachlass – 500 Briefe, Fotografien und Werkzeichnungen für Silbergeräte, Schmuck und Judaica – ging 2015 als Schenkung ans Jüdische Museum Berlin.[8]

Literatur

  • Oskar Wolfer: Die Organisation der Württembergischen Kunstgewerbeschule. In: Fritz Schneider, Julius Frank (Hrsg.): Kunst und Kultur in Schwaben: (Stuttgarter Kunstsommer 1924). Stuttgart: Sentus-Verlag, 1924, Abb. S. 132 („Siegelring, Paula Strauß“), S. 135 („Halsschmuck, Entwurf: Prof. Haustein, Granulationsarbeit: Paula Strauß, Glasschneiderei: Prof. von Eiff“)
  • Eduard Reinacher: Goldschmiedearbeiten von Paula Straus. In: Dekorative Kunst, illustrierte Zeitschrift für angewandte Kunst, Bd.: 37 = Jg. 32. 1928/29, S. 240–243 (Digitalisat)
  • Silver of a new era: international highlights of precious metalware from 1880 to 1940. Museum Boymans van-Beuningen, Rotterdam, 23.2.92 – 28.4.92; Museum for Sierkunst, Ghent, 26.5.92 – 27.7.92 / [exhibtion organized and catalogus ed. by: A. Krekel-Aalberse, J. R. ter Molen, R .J. Willink] Rotterdam 1992, ISBN 978-90-6918-089-2, S. 138, 142
  • Silber aus Heilbronn für die Welt: P. Bruckmann & Söhne (1805 – 1973). Städtische Museen Heilbronn, 11.5. bis 9.9.2002; Bröhan-Museum Landesmuseum für Jugendstil, Art Deco und Funktionalismus, Berlin, Februar bis Mai 2002; Deutsches Klingenmuseum Solingen, Februar bis April 2003 / [Hrsg.: Städtische Museen Heilbronn. Red.: Karlheinz Fuchs] Heilbronn: Städtische Museen, 2001, ISBN 3-930811-90-1, S. 228–229 (biographische Daten), Kat.-Nrn. 47, 48, 50, 99, 171.
  • FrauenSilber. Paula Straus, Emmy Roth & Co. Silberschmiedinnen der Bauhauszeit. Badisches Landesmuseum, Karlsruhe 2011, ISBN 978-3-937345-47-5.

Einzelnachweise

  1. St.: Württembergisches Kunsthandwerk: Ausstellung im Landesgewerbemuseum. In: Stuttgarter Neues Tagblatt, Abend-Ausgabe, Samstag, 13. November 1926, Nr. 532, S. 2.
  2. Biographie auf kunsthaus-kende.de
  3. Joachim W. Storck: „…meine verflossene Wahlheimat Gundelfingen…“. Wie die Stuttgarter Goldschmiedin Paula Straus ihre Zuflucht fand und verlor. In: Roland Deigendesch (Hrsg.): Ritter und Bauern im Lautertal. 900 Jahre Bichishausen, Gundelfingen, Hundersingen. 2005.
  4. Drei Gundelfinger Künstler: F. H. Ernst Schneidler, Paula Straus, Anton Geiselhart, Museum + Stiftung Anton Geiselhaft Gundelfingen, 4. September bis 30. Oktober 2005. In: Edgar Schulz (Hrsg.): Rt.-Art-Quartal, Ausstellungsvorschau, Juli, August, September, 3/2005, S. 27.
  5. Angaben in der Opferdatenbank
  6. Ausstellung 2011 im Badischen Landesmuseum Karlsruhe
  7. Ausstellung 2011 im Bröhan-Museum Berlin
  8. a b Das Jüdische Museum erhält den Nachlass der Goldschmiedin und Designerin Paula Straus. Mitteilung vom 20. April 2015.