Peter A. Kraus

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Peter A. Kraus (* 9. Oktober 1960 in Barcelona, Spanien) ist ein deutsch-katalanischer Politikwissenschaftler, der sich vor allem mit Themen der Politischen Soziologie, der vergleichenden Demokratieforschung und moderner Demokratietheorie befasst. Zurzeit ist er tätig an der Universität Augsburg als Professor der Politikwissenschaften und Leiter des Kanada-Instituts.

Außerdem beschäftigt er sich mit Kulturellem Pluralismus, Nationalismus, Minderheitenpolitik und der Problematik der Europäischen Integration sowie der europäischen Identität.

Leben

Kraus studierte Soziologie, Politikwissenschaft und Romanistik an der Universität Augsburg und Universität Bielefeld. Im Jahr 1988 legte er sein Diplom in Soziologie an der Universität Bielefeld ab und promovierte dann 1994 im Fach Politikwissenschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Im Zeitraum von 1988 bis 1990 arbeitete Kraus als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Politikwissenschaft an der Fakultät für Soziologie der Universität Bielefeld. Nach seiner Tätigkeit in Bielefeld war er von 1990 bis 1995 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Sozialwissenschaften der Universität Mannheim.

In den Jahren 1990/91 und 1992/93 ließ er sich von seinem Dienst beurlauben, um als Stipendiat der Stiftung Volkswagenwerk längere Forschungsaufenthalte an der renommierten Universitat Autònoma in Barcelona und am ebenso anerkannten Instituto de Estudios Sociales Avanzados in Madrid zu absolvieren. Seit 1995 ist er Hochschulassistent am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin.

Von Januar bis Juni 1999 lehrte er als Theodor Heuss Visiting Lecturer am Department of Political Science an der Graduate Faculty der New School for Social Research in New York City.

Sein Weg führte ihn in seinem Studienjahr 2000/01 als John F. Kennedy Fellow an das Center for European Studies der Harvard University, Cambridge, Ma. 2003 habilitierte er schließlich an der Humboldt-Universität zu Berlin, wo er im Juli 2003 Privatdozent für Politikwissenschaft am Institut für Sozialwissenschaften wird.

Als Gastwissenschaftler bereicherte er zwischen 2003/2004 das Wissenschaftszentrum Berlin auf dem Gebiet der Sozialforschung, Abteilung "Demokratie: Strukturen, Leistungsprofil und Herausforderungen" mit seinen Erfahrungen.

Ab Juni 2006 war Kraus Professor an der Swedish School of Social Science (Svenska social- och kommunalhögskolan) der Universität Helsinki.

Seit Mai 2012 ist Kraus an der Universität Augsburg Professor der Politikwissenschaften und Leiter des Kanada-Instituts.

Wichtige Werke

"In Vielfalt geeint" – So lautet die offizielle Devise der Europäischen Union. In diesem Zusammenhang wird oft seine Publikation „Europäische Öffentlichkeit und Sprachpolitik“ genannt.

Ziele der Europäischen Union sind u. a. ein ausgewogenes Wirtschaftswachstum, eine wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft und bessere Umweltqualität, ein Europa das die Ausgrenzung und Diskriminierung von Minderheiten bekämpft und die Gerechtigkeit sowie den sozialen Schutz fördert.

Das in der Vergangenheit durch viele Kriege und Krisen gebeutelte Europa, als eine heterogene Substanz aus bisher 25 Mitglieder umfassenden, größeren und kleineren nationalen Staaten, mit ihren administrativen und wirtschaftlichen Besonderheiten soll auf einen Weg der Homogenisierung gebracht werden.

Ein verbindliches Normen- und Wertesystem für alle ihre Mitglieder gilt es zu schaffen und damit eine Liberalisierung des Handels zu bewirken. Dies ist ein knorriges Unterfangen, aber dennoch ein erstrebenswertes Ziel.

Die Europäische Union ist durch kulturelle und sprachliche Vielfalt gekennzeichnet. Der Herausforderung, eine angemessene Form des institutionellen Umgangs mit kultureller Vielfalt zu finden, scheint die Union bisher nur begrenzt gewachsen zu sein.

Das Werk von Kraus, so Claus Offe, „liegt darin begründet, dass er - im Kontext der europäischen Integration und des europäischen Sprachenregimes - sich theoretisch und empirisch, aber auch in praktischer Absicht mit dem Problem auseinandersetzt, dass die Differenz der einzelnen Sprachen und der in ihnen aufbewahrten Überlieferungen und Lebensweisen sich schlechterdings nicht "privatisieren" lassen.“

Es gilt weiterhin einen öffentlichen Kommunikationsraum zu schaffen, in dem die Artikulation von Vielfalt möglich ist, um eine Politik der Anerkennung mit der Option eines konvergierenden Multilingualismus zu verknüpfen.

Ein weiteres seiner Werke ist das Buch „Nationalismus und Demokratie. Politik im spanischen Staat der Autonomen Gemeinschaften“

Kraus referiert in dieser Monographie, wie der Titel verlautet, über den spanischen Staat und deren Autonomen Gemeinschaften. So behandelt Kraus „die Wechselbeziehungen zwischen den „strukturellen“ Problemen einer multinationalen Gesellschaft, der Dynamik demokratischen Wandels und der Institutionalisierung des Estado autonomico“

Er behandelt den Zeitraum zwischen 1975 und 1992. Zu Beginn dieser Periode fand eine Transformation von einem autoritären System zu einem sozialen und demokratischen Rechtsstaat mit der Staatsform einer parlamentarischen Monarchie statt.

Darauf aufbauend vollzog sich eine Wandlung von dem ehemaligen homogenen Einheitsstaat hin zu einem neuen „semiföderalen, auf jeden Fall stark dezentralisierten und ethnoterritorial vielschichtigen Gebilde“.

Kraus geht „in groben Zügen auf den Beitrag neuerer „Transitionstheorien“ zur Untersuchung von Prozessen der Regimetransformation ein“.

In einem weiteren Schritt, konzipiert Kraus ein heuristisches Schema auf Grundlage des zuvor erläuterten „Transitionstheorems“.

Nach diesen theoretischen Vorüberlegungen befasst er sich mit den Nationalitätenkonflikten während des Demokratisierungsprosses.

Am Ende jenes Prozesses entsteht eine demokratische Verfassung, die somit den Abschluss der Transformation darstellt. Dies ist auch der „eigentliche Anfang der Institutionalisierung“ des Autonomiestaates.

Nach der Betrachtung der „Makro-Perspektive“ beschäftigt er sich weiterführend mit den „Meso-Effekten des Autonomieprozesses, d.h. mit den gesellschaftlichen und politischen Konsequenzen der Dezentralisierung auf der Ebene der Comuidades Autonomas“.

Dr. Kraus verfasste in seiner Laufbahn eine interessante Sammlung von Publikationen über verschiedenste Themenbereiche. Zu erwähnen wären außer den oben genannten, weitere Schriften zu den Bereichen Demokratietheorie und dem kulturellen Pluralismus. Vor allem sind es die Europäische Union und deren ethnokulturelle sowie linguistische Vielfalt, die vorwiegend den Gegenstand seiner Forschung darstellen.

Weiter Veröffentlichungen zu seinen Forschungsgebieten finden sich in zahlreichen Fachzeitschriften. Kraus ist ebenso Co-Autor von unten ausgewählten Fachbüchern.

Werke

  • Nationalismus und Demokratie. Politik im spanischen Staat der Autonomen Gemeinschaften, Wiesbaden 1996, Deutscher Universitäts Verlag
deutschsprachige Schriften
  • Elemente einer Theorie postautoritärer Demokratisierungsprozesse im südeuropäischen Kontext, in: Politische Vierteljahresschrift, 31, 1990, S. 191–213.
  • Nationalismus und Demokratie. Politik im spanischen Staat der Autonomen Gemeinschaften, Wiesbaden: Deutscher Universitätsverlag, 1996.
  • mit Bernhard Ebbinghaus: Die variable Geometrie der Subsidiarität: zur Problematik territorialer und funktionaler Integration in Europa in: Thomas König, Elmar Rieger und Hermann Schmitt (Hrsg.): Europäische Institutionenpolitik, Frankfurt a. M.: Campus, 1997, S. 335–357.
  • mit Wolfgang Merkel: Die Konsolidierung der Demokratie nach Franco, in: Walther L. Bernecker und Klaus Dirscherl (Hrsg.): Spanien heute, Politik, Wirtschaft, Kultur, Frankfurt a. M.: Vervuert, 1998, S. 37–62.
  • Kultureller Pluralismus und politische Integration: Die Sprachenfrage in der Europäischen Union in: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft, 4/1998, S. 443–458.
  • mit Wolfgang Merkel und Eberhard Sandschneider (Hrsg.): Assoziationen und Interessenrepräsentation in neuen Demokratien in: Systemwechsel 4. Die Rolle von Verbänden im Transformationsprozess, Opladen: Leske + Budrich, 1999, S. 23–44.
  • mit Wolfgang Merkel (Hrsg.): Nationalismus und Zivilgesellschaft in Transformationsprozessen in: Systemwechsel 5. Zivilgesellschaft und demokratische Transformation, Opladen: Leske + Budrich, 2000, S. 71–88
  • Von Westfalen nach Kosmopolis? Die Problematik kultureller Identität in der europäischen Politik in: Berliner Journal für Soziologie, 10, 2, 2000, S. 203–218.
  • mit Hartmut Behr und Siegmar Schmidt (Hrsg.): Vielfalt ohne Einheit? Autonomiestaat und multinationale Demokratie in Spanien in: Multikulturelle Demokratien im Vergleich, Opladen: Westdeutscher Verlag, 2001.
  • Grenzen der politischen Kommunikation und Sprachenfrage in der Europäischen Union in: Berliner Debatte Initial 5/2002, 2002, S. 5–14.
  • In Vielfalt geeint? Europäische Identität in der Zwickmühle in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 6/04, 2004, S. 722–732.
  • Europäische Öffentlichkeit und Sprachpolitik. Integration durch Anerkennung, Frankfurt am Main, Campus (Reihe "Theorie und Gesellschaft"), 2004.
  • mit Torsten Eßer und Walther L.Bernecker: Eine kleine Geschichte Kataloniens, 2. Aufl. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2016, ISBN 978-3518458792.
nicht deutschsprachige Schriften
  • Problemas de democratización en los Estados plurinacionales, in: Revista Internacional de Filosofía Política (Madrid), No. 8, 1996, 59–80
  • Political Unity and Linguistic Diversity in Europe in: Archives Européennes de Sociologie/European Journal of Sociology, XLI, 1, 2000, 138–163
  • Between Mill and Hallstein. Some Challenges to Intercultural Solidarity in the EU in: P. Van Parijs (ed.): Cultural Diversity versus Economic Solidarity. Is there a tension? How must it be resolved?, Brussels: Deboeck Université, "Francqui Scientific Library", 303–318, 2004
  • Cultural Pluralism and European Polity-Building: Neither Westphalia nor Cosmopolis in: Journal of Common Market Studies, Vol 41, No 4, 665–686, 2003

Weblinks