Peter Kretschmer (Lebensmitteltechnologe)

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Peter Kretschmer (* 12. November 1938 in Kurort Oberwiesenthal; † 8. Juni 2017 in Nuthetal) war ein deutscher Forscher, Erfinder und Lebensmitteltechnologe. Zu seinen wichtigsten Entwicklungen in der DDR gehören u. a. die bekannten Tempo-Erbsen, der Kuko-Reis und die Säuglingsnahrung Manasan, später eine Gewinnung von Kerosin aus Algen am Institut für Getreideverarbeitung (IGV) in Nuthetal.[1] Kretschmer galt als „Daniel Düsentrieb der DDR-Lebensmittelindustrie“.[2]

Leben

Peter Kretschmer wurde 1938 in der Wetterwarte auf dem Fichtelberg geboren. Sein Vater, der dort als Meteorologe arbeitete, zog 1951 mit seiner Familie zum meteorologischen Dienst nach Potsdam. Nach einer Ausbildung von 1953 bis 1958 zum Lebensmittelchemielaboranten und zum Chemisch-Technischen Assistenten studierte Peter Kretschmer 1958–1961 Chemische Verfahrenstechnik. Ab 1961 arbeitete Kretschmer am Institut für Getreideverarbeitung IGV in Bergholz-Rehbrücke (Potsdam-Mittelmark)/Institut für Ernährung, bis 1970 als Mitarbeiter, danach bis 1990 als Abteilungsleiter Nährmittel und Gewürze. Kretschmers Aufgabe als leitender Verfahrensingenieur war die Überführung von Produkten aus der Lebensmittelforschung in deren großtechnische Herstellung. Da die DDR nur über wenig Valuta zum Kauf von Lebensmittel-Fertigungsanlagen und Patenten im kapitalistischen Ausland verfügte, wurde maßgeblich durch die Entwicklungen des IGV die Versorgung der Bevölkerung der DDR mit innovativen Lebensmitteln möglich.[3] Gleichzeitig bewirkten die Tempo-Produkte die Einsparung von Kochzeit in den privaten Haushalten und damit erhebliche Energieeinsparungen.

Während der politischen Wende in der DDR wurde Kretschmer durch die Belegschaft des zur GmbH[4] umgewandelten IGV zum Geschäftsführer gewählt und durch die Treuhand bestätigt. 1991 gründete Kretschmer das Institut für Lebensmittel und Umweltforschung e.V.[5] 1994 erfolgte der Kauf des IGV von der Treuhand durch MBO. 2010, im Alter von 72 Jahren, promovierte Kretschmer an der TU Berlin. Kretschmer war von 1990 bis 2014 geschäftsführender Gesellschafter des IGV.

Peter Kretschmer war verheiratet, Vater zweier Kinder und lebte in Wilhelmshorst.

Forschung

Peter Kretschmer war an der Entwicklung und deren Überführung in Großproduktion folgender Nahrungsmittel in der DDR maßgeblich beteiligt:

Preise

  • 2007: Eberhard-Paech-Preis[20]

Werke

  • Peter Kretschmer: Entwicklung einer Technologie zur Produktion von Roggenschaumfaserprodukten und deren Anwendung, Berlin, Techn. Universität, Dissertation, 2010 DNB 1010351656

Literatur

  • Petra Kabus, Constanze Schröder: Die Küche des Atomzeitalters: Tempoerbsen und Kuko-Reis In: Genial. Erfindungen aus Berlin und Brandenburg, CULTURCON Medien, Berlin 2010, ISBN 978-3-941092-32-7, S. 136. (online)
  • Wolfgang Runge: Technology Entrepreneurship: A Treatise on Entrepreneurs and Entrepreneurship for and in Technology Ventures. Vol 1 und Vol 2. KIT Scientific Publishing, Karlsruhe 2014, ISBN 978-3-7315-0107-7, S. 1044 f., doi:10.5445/KSP/1000036457 (Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Heiner Hein, Zehn-Minuten-Erbse, in Berliner Zeitung, Berlin, 2. Dezember 1962, Jahrgang 18, Ausgabe 331, Seite 11[21]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. IGV Institut für Getreideverarbeitung GmbH: IGV GmbH • Wir trauern um unseren langjährigen Geschäftsführer und Eigentümer. 15. Juni 2017, abgerufen am 17. Juni 2017.
  2. Jens Steglich: Peter Kretschmer ist der Vater der Tempo-Erbsen – Jetz geht er in Ruhestand. In: Märkische Allgemeine. 26. November 2014, abgerufen am 8. Juli 2017.
  3. Bernd Matthies: Der Vater der Tempo-Erbse ist tot. 14. Juni 2017, abgerufen am 8. Juli 2017.
  4. IGV Institut für Getreideverarbeitung GmbH: IGV GmbH • Ihr Partner für Lebensmitteltechnologie und Biotechnologie. Abgerufen am 8. Juli 2017.
  5. Startseite – Institut für Lebensmittel- und Umweltforschung e.V. (ILU). Abgerufen am 8. Juli 2017.
  6. Tempo-Erbsen. In: DDR Museum Berlin. Abgerufen am 8. Juli 2017.
  7. "Tempo-erbsen" – VEB Nahrungsmittelwerke Suppina Auerbach, im VEB Kombinat Nahrungsmittel und Kaffee, Halle. In: Google Arts & Culture. Google Cultural Institute, abgerufen am 8. Juli 2017.
  8. Bild: Tempo-Bohne. In: ostprodukte-versand.de. Abgerufen am 8. Juli 2017.
  9. Kuko-Reis. In: DDR-Lexikon. Abgerufen am 8. Juli 2017.
  10. Kinder- und Babynahrung. In: DDR-Lexikon. Abgerufen am 8. Juli 2017.
  11. Staatsbibliothek zu Berlin, Zeitungsabteilung: Zeitungsinformationssystem ZEFYS – Staatsbibliothek zu Berlin. Abgerufen am 21. Juli 2017.
  12. Peter Könnicke: Tempoerbsen als Feuertaufe. In: pnn.de. 12. November 2003, abgerufen am 11. Juli 2017.
  13. DDR Erdnussflips. Abgerufen am 8. Juli 2017.
  14. Bernd Nowack: Altes: „Combo“-Kakaotrunk aus DDR-Zeiten. 4. August 2013, abgerufen am 8. Juli 2017.
  15. Ch. Dittmer, A. Dittmer, F.-K. Grütte, Walheide Müller-Beuthow: Der Einfluß von Manasan auf Stuhl-pH, Stuhlflora und Säure-Basen-Homöostase des jungen Säuglings. In: Food / Nahrung. Band 31, Nr. 5-6, 1987, ISSN 1521-3803, S. 567–573, doi:10.1002/food.19870310573.
  16. Neue Preispolitik, Lieferengpässe und Verbraucherschutz. In: deutsche-einheit-1990.de. Bundesstiftung Aufarbeitung, abgerufen am 8. Juli 2017.
  17. Staatsbibliothek zu Berlin, Zeitungsabteilung: Zeitungsinformationssystem ZEFYS – Staatsbibliothek zu Berlin. Abgerufen am 21. Juli 2017.
  18. Dieser Betrieb produziert heute als einziger in Deutschland die beliebten Kugeln: Die geheime Kaugummi-Fabrik der DDR. In: BILD.de. Abgerufen am 8. Juli 2017.
  19. Torsten Adam: Kaugummi-Fabrik: Geschmack der Freiheit aus Bernburg. In: Mitteldeutsche Zeitung. 23. April 2013, abgerufen am 8. Juli 2017.
  20. Preisträger – Eberhard Paech-Preis. Abgerufen am 8. Juli 2017: „…für die Ausrichtung des Instituts für Getreideverarbeitung IGV GmbH auf verfahrenstechnische Neuentwicklungen in der Bäckereitechnologie und seinen Einsatz für die Ausbildung des bäckerischen Nachwuchses, besonders in den neuen Bundesländern.“
  21. Staatsbibliothek zu Berlin, Zeitungsabteilung: Zeitungsinformationssystem ZEFYS – Staatsbibliothek zu Berlin. Abgerufen am 21. Juli 2017.