Phalangenpfeife
Phalangenpfeifen (auch Phalangenflöten) sind einfache Signalpfeifen aus den Zehenknochen (oder Phalangen) von Wildtieren (Gämsen, Hirschen, Rehen, Rentieren, Saigas, Steinböcken und Wildpferden) hergestellt, die seit den ersten Funden im Jahr 1860 in der Höhle von Aurignac (namensgebender Fundort der Kulturstufe Aurignacien) als Jagdpfeifen interpretiert werden. Phalangenpfeifen scheinen bereits mit der Neandertaler-Fundstelle Tata (Ungarn) sowie den aurignacien-zeitlichen Funden in der Pekárna-Höhle, (Mähren) und der Vogelherdhöhle (Südwestdeutschland) in Verbindung zu stehen und sind in den Inventaren des Jungpaläolithikums bis ins Neolithikum (Västergötland, Schweden) belegt.
Häufig sind Merkmale von Tierverbiss festzustellen, teilweise sind sorgfältig gearbeitete Löcher nachgewiesen. Diskutiert wird, ob die Pfeifenlöcher artifiziell entstanden oder die ersten Pfeifen Zufallsprodukte waren. Aus rezenten Hyänenfäkalien stammen gelochte Phalangen, die denen aus urgeschichtlichen Fundzusammenhängen ähneln.
Als ein „Mittel frühester Kommunikation über die Sprache hinaus“ bezeichnet Claus-Stephan Holdermann die auf einen Ton begrenzten Signalpfeifen.
Siehe auch
Literatur
- Claus-Stephan Holdermann et al. (Hrsg.): Eiszeitkunst im süddeutsch-schweizerischen Jura. Theiss, Stuttgart 2001, S. 92
- Rudolf Albert Maier: Die neolithischen "Phalangenpfeifen", durchlochten "Phalangenidole" und Phalangenanhänger: Ein Beitrag zur Frage der Fuß- und Schuhsymbolik. 1958
- Michael Praxmarer: Blasinstrumente aus dem europäischen Jungpaläolithikum. Fundmaterial, Interpretation und musikwissenschaftliche Aspekte. In: Archaeologia Austriaca, Band 103, 2019, S. 75–97, hier S. 77f