Pheu-Thai-Partei

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Die Pheu-Thai-Partei (thailändisch พรรคเพื่อไทย [pʰák pʰɯ̂ːa tʰaj] etwa ‚Partei für Thais‘, RTGS Phak Phuea Thai, abgekürzt PTP) ist eine politische Partei in Thailand. Sie wurde 2008 als Nachfolgepartei der verbotenen Partei der Volksmacht (PPP) gegründet, die ihrerseits Nachfolgeorganisation der 2007 zwangsaufgelösten Thai-Rak-Thai-Partei (TRT) des entmachteten Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra war. Sie ist eine der beiden wichtigsten Parteien des Landes. Von August 2011 bis zu ihrer Entmachtung durch einen Militärputsch im Mai 2014 stellte sie die Regierung.

Geschichte

Vorläufer

Der Unternehmer Thaksin Shinawatra, der in der IT-, Telekommunikations- und Medienbranche ein Milliardenvermögen erworben hatte, gründete 1998 die Thai-Rak-Thai-Partei (TRT). Sie gewann 2001 die Wahlen erdrutschartig, und Thaksin wurde Ministerpräsident. Nachdem Thaksin und seine TRT 2005 wiedergewählt worden waren, kam es zu Massenprotesten, bei denen ihm Menschenrechtsverletzungen, Korruption und Amtsmissbrauch vorgeworfen wurden. Von Thaksin angesetzte Neuwahlen 2006 wurden von der Opposition boykottiert und vom thailändischen Verfassungsgericht für ungültig erklärt. Im September 2006 putschte das Militär. Ein eigens eingesetztes „Verfassungstribunal“ erklärte die TRT wegen Wahlbetrugs für aufgelöst und sprach gegen ihre führenden Mitglieder ein fünfjähriges Politikverbot aus. Ihre Politiker der zweiten Reihe wechselten daraufhin zur Partei der Volksmacht (Phak Phalang Prachachon, PPP). Diese gewann die Wahlen im Dezember 2007. Danach kam es jedoch erneut zum Vorwurf von Wahlrechtsverstößen, und auch die PPP wurde vom Verfassungsgericht aufgelöst. Die Funktionsträger der Partei wurden wiederum für fünf Jahre von der politischen Betätigung ausgeschlossen. Die Pheu-Thai-Partei ist also die dritte Inkarnation dieser Partei.

Gründung 2008 und Opposition bis 2011

Die Partei wurde im Dezember 2008 von 80 PPP-Parlamentariern gegründet, die nach dem Verbot der Partei nicht mit einem fünfjährigen Betätigungsverbot belegt worden waren. Der Name der Partei ist einem früheren Wahlkampfslogan der aufgelösten Vorgängerpartei TRT entnommen: ‚khit mai tham mai phuea thai thuk khon‘ („Neu denken, neu handeln, für alle Thais“).[1] Dies ist auch das Motto der neuen Partei, allerdings mit einem angefügten ‚ik khrang‘ („jetzt wieder“). Nach dem Beitritt weiterer ehemaliger PPP-Mitglieder wurde die PTP mit 188 Abgeordneten stärkste Fraktion im 473 Sitze zählenden Parlament.[2] Yongyuth Wichaidit wurde der erste Parteichef.

Es gelang der Pheu-Thai-Partei allerdings nicht, das gesamte, aus unterschiedlichen politischen Gruppierungen und Flügeln bestehende Lager der ehemaligen TRT zu vereinen. Ein Flügel unter Newin Chidchob machte sich als Bhumjaithai-Partei selbständig und verhalf der mit dem Thaksin-Lager rivalisierenden Demokratischen Partei zu einer Mehrheit. Auch die Chart-Pattana-Partei, die 2005 in der TRT aufgegangen war, gründete sich als unabhängige Kleinpartei erneut und wechselte die Seiten. Die muslimische Wahdah-Fraktion, die zuvor ein Teil der TRT gewesen war, schloss sich Sonthi Boonyaratglins Matubhum-Partei an. Dafür konnte die Pheu-Thai-Partei die Unterstützung von über 100 hochrangigen Ex-Militärs gewinnen, darunter den Generalen Pallop Pinmanee, Chongsak Phanitchakul und Jiradet Khotcharat.[3] Auch mehrere wichtige Führungspersonen der Massenbewegung der „Rothemden“ (United Front for Democracy Against Dictatorship) wurden Mitglieder der Pheu-Thai-Partei.

Nachdem die Demokratische Partei die Unterstützung mehrerer kleinerer Parteien, die zuvor in Koalition mit der PPP regiert hatten, hatte gewinnen können, war die Pheu-Thai-Partei wichtigste parlamentarische Oppositionskraft gegen die Regierung von Abhisit Vejjajiva. Pheu-Thai-Fraktionschef Chalerm Yubamrung wurde offizieller Oppositionsführer.

Wahlkampf 2011, Regierungsübernahme

Yingluck Shinawatra, Ministerpräsidentin 2011–14

Bei der Parlamentswahl in Thailand 2011 galt die PTP als Favorit. Sie nominierte Yingluck Shinawatra, die Schwester des ehemaligen Premierministers Thaksin Shinawatra, als Spitzenkandidatin.[4] Die Partei trat mit einem stark populistisch geprägten Programm an. Unter anderem versprach sie, das Netz des Bangkok Skytrain von zwei auf zehn Linien zu erweitern, die Pendlern zu einem Einheitspreis von 20 Baht[Anm 1] zur Verfügung stehen sollten. Sie warb mit dem Programm, einen kostenlosen Tablet-Computer an jeden Erstklässler zu verteilen („One Child, One Tablet“) und die Mindestlöhne zu erhöhen. Sie kündigte Steuerrückzahlungen für das erste Eigenheim und das erste Auto einer Familie an, kostenloses Internet an öffentlichen Orten und ein Stipendium für ein Auslandsstudium für je einen jungen Menschen aus jedem der 796 Verwaltungsbezirke (Amphoe). Außerdem sagte sie die Ausgabe von Kreditkarten an Bauern zu.[5] Die PTP machte keinen Hehl daraus, dass Thaksin hinter ihr stand. Sie warb mit dem Slogan „Thaksin denkt, Pheu Thai handelt“. Thaksin erklärte Yingluck zu seinem „Klon“.[6][7]

Die PTP gewann bei der Wahl schließlich 48,4 % der Listenstimmen und 265 der 500 Sitze und bildete mit vier kleineren Parteien eine Koalitionsregierung unter Yingluck.[8]

Nach ihrem Wahlsieg beschloss die Pheu-Thai-geführte Regierung einen garantierten Mindestpreis für Reis von 15.000 Baht[Anm 2] pro Tonne, den sie den Bauern unabhängig vom Marktpreis zahlte. Da der garantierte Preis weit über dem Marktwert liegt, führte das Programm zu einer rapide steigenden Staatsverschuldung und übervollen Speichern mit auf dem Weltmarkt unverkäuflichem Reis.[9] Den Steuererlass beim Kauf eines ersten Autos nahmen bis Ende 2012 1,25 Millionen Familien wahr. 2.000 Fahrzeuge wurden von Kreditgebern aber wieder eingezogen, da die Käufer ihre Raten nicht zahlen konnten.[10] Insgesamt nahmen die Verkaufszahlen für Autos in Thailand im Jahr 2012 um 161 % zu. Allerdings hat das auch zu einer starken Zunahme von Fahrzeugen auf den bereits zuvor überfüllten Straßen Bangkoks geführt.[11]

Im September 2012 trat der Parteivorsitzende und Innenminister Yongyuth Wichaidit von allen Ämtern zurück, da ihm im Rahmen eines Landverkaufs-Skandals von 2001 Amtsmissbrauch vorgeworfen wurde. Sein Nachfolger in beiden Ämtern wurde Jarupong Ruangsuwan, der zuvor Generalsekretär der Partei war.

Putsch 2014 und Militärherrschaft

Sudarat Keyuraphan, Spitzenkandidatin bei der Wahl 2019

Ab Ende Oktober 2013 führte eine Oppositionsbewegung Massenproteste gegen die Regierung von Yingluck Shinawatra durch. Am 7. Mai 2014 enthob das Verfassungsgericht Yingluck ihres Amtes. Am 22. Mai unternahm die Armee unter General Prayuth Chan-ocha einen Putsch und setzte die Regierung ab.

Während der folgenden Militärherrschaft war die PTP nicht aufgelöst, durfte sich aber nicht politisch betätigen. Im Oktober 2018 nahm sie ihre Aktivität wieder auf. Viroj Pao-in wurde zum neuen Parteivorsitzenden gewählt, die ehemalige Gesundheitsministerin Sudarat Keyuraphan – eine Vertraute von Thaksin Shinawatra – wurde zur Leiterin der Wahlkampagne für die Parlamentswahl im März 2019[12] und später auch als Spitzenkandidatin für das Ministerpräsidentenamt ernannt. Bei der Wahl wurde die Pheu-Thai-Partei nach vorläufigen Ergebnissen mit 22 % der Stimmen zweitstärkste Kraft hinter der militärnahen Phalang-Pracharat-Partei. Aufgrund vieler direkt gewonnener Wahlkreise wird sie jedoch mit 135 der 500 Sitze stärkste Kraft im Repräsentantenhaus.[13]

Bekannte Mitglieder

Weng Tojirakarn in einem Hemd mit Logo der PTP (2011)

Anmerkungen

  1. Zum damaligen Kurs etwa 0,45 €
  2. Zum damaligen Kurs etwa 355 €

Einzelnachweise

  1. Michael H. Nelson: Thailand’s Election of July 3, 2011. An Overview. King Prajadhipok’s Institute, 19. September 2012.
  2. Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: @1@2Vorlage:Toter Link/www.parliament.go.th Stand 4. Dezember 2009
  3. Bangkok Post vom 3. Januar 2010: Retired army general lured to join Puea Thai
  4. Jochen Buchsteiner: Thaksins Coup. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 15. Juni 2011, abgerufen am 16. Juni 2011.
  5. Thitinan Pongsudhirak: Election campaigns point to a different Thailand. In: Bangkok Post, 18. Juni 2011, abgerufen am 9. Juni 2013.
  6. Pascal Nufer: Bruder Thaksin dominiert Wahlkampf in Thailand. Tagesschau, Schweizer Fernsehen, 2. Juli 2011, abgerufen am 9. Januar 2013.
  7. Er denkt, sie lenkt. In: Tages-Anzeiger, 4. Juli 2011, abgerufen am 9. Januar 2013.
  8. Erdrutschsieg für Yingluck. In: ORF. 4. Juli 2011, abgerufen am 4. Juli 2011.
  9. Steve Finch: How Rice is Causing a Crisis in Thailand. In: The Diplomat, 10. November 2012.
  10. Minister defends first-time car policy. Bangkok Post, 18. März 2013 (Memento vom 7. April 2013 im Internet Archive)
  11. 'First-car scheme snarls traffic.' Bangkok Post, 26. Januar 2013 (Memento vom 7. April 2013 im Internet Archive)
  12. Aukkarapon Niyomyat, Panu Wongcha-um: Thailand's biggest political party selects new leaders ahead of poll. Reuters, 28. Oktober 2018.
  13. Vorläufiges Wahlergebnis laut Wahlkommission Thailands, abgerufen am 26. März 2019.