Pia Klemp

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Pia Klemp auf der Brücke der Sea-Watch 3, April 2018

Pia Klemp (* 1983 in Bonn) ist eine deutsche Kapitänin, Menschenrechts-Aktivistin und Romanautorin. Bekannt wurde sie als Kapitänin der Iuventa und der Sea-Watch 3.

Leben und Ausbildung

Pia Klemp wuchs in einer politisch und sozial engagierten Familie auf.[1] Sie nahm ein Studium der Biologie auf, brach dies aber vor einem Abschluss ab und zog 2009 nach Indonesien, wo sie unter anderem als Tauchlehrerin[2] sowie in Naturschutzprojekten arbeitete[3][4]. Von 2012 bis 2017 war sie bei der Meeresschutzorganisation Sea Shepherd beschäftigt. Dabei durchlief sie die wichtigsten Stationen an Bord eines Schiffes, bis sie ein Befähigungszeugnis zur Führung von Booten erreichte.

Tätigkeit für „Jugend Rettet“ und „Sea Watch“

Seit 2015 engagiert sie sich bei der Rettung von in Seenot geratenen Menschen im Mittelmeer.[5] Nach Klemps Angaben waren mit dem Schiff Iuventa der Organisation Jugend Rettet in einem Jahr 14.000 Menschen aus Seenot gerettet und nach Europa gebracht worden.[6] Ihr persönlich wird die Rettung von 1000 Schiffbrüchigen zugerechnet.[7][8] Im August 2017 wurde die Iuventa im Hafen von Lampedusa von den italienischen Behörden festgesetzt.[4] Gegen Klemp und neun weitere Seenotretter will die Staatsanwaltschaft in Trapani ein Strafverfahren wegen Beihilfe zu illegaler Einwanderung einleiten. Laut Klemp drohen ihr 20 Jahre Haft und eine Geldstrafe von 15.000 Euro pro geretteter Person.[6]

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Die Sea-Watch 3

Nach der Beschlagnahmung der Iuventa durch die italienischen Behörden übernahm Klemp ab September 2017 das Kommando der Sea-Watch 3, kehrte aber nach neun Monaten auf Anraten ihrer Anwälte nach Deutschland zurück, da in Italien mittlerweile eine Untersuchung gegen sie lief und ihr die Inhaftierung drohte.[9][10] Ein Team der Londoner Forensic Oceanography and Forensic Architecture kam bei der Überprüfung der Vorwürfe zum Schluss, dass die Besatzung der Iuventa weder leere Boote zur Wiederverwendung an die Schlepper zurückgegeben noch mit Personen aus dem Schlepper-Umfeld kommuniziert habe, weshalb die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft nicht zuträfen.[11]

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Pia Klemp als Rednerin anlässlich der 19. Sonntagsdemonstration gegen die Asyl- und Flüchtlingspolitik der österreichischen Bundesregierung in Bregenz am 5. Mai 2019

Während ihrer Zeit an Land 2018 und 2019 trat Klemp häufiger als Rednerin und Vortragende bei Veranstaltungen und im Fernsehen auf, um über ihre Tätigkeit in der zivilen Seenotrettung auf dem Mittelmeer und die Kriminalisierung der Tätigkeit von Seenotrettern zu sprechen,[12] unter anderem bei Frau tv und Joko und Klaas.[13][14] Im September 2019 erschien ihr Buch Lass uns mit den Toten tanzen, das unter anderem von ihren Rettungsmissionen handelt. Ihre Erfahrungen bei Flüchtlingsrettung und Verhaftung sind Grundlage des Romans.[15][16] Im selben Jahr sollte ihr zusammen mit Carola Rackete die Médaille de la Ville de Paris in der höchsten Stufe

Grand vermeil

verliehen werden.[17][18][19] Klemp kritisierte die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo für ihren Umgang mit Migranten und lehnte die Auszeichnung aufgrund des Umganges mit Migranten in Paris sowie der ihrer Ansicht nach unnötigen Differenzierung zwischen „Helden“ und „Illegalen“ ab.[20][21][22][23]

Ab dem 18. August 2020 befand sich Pia Klemp als Kapitänin auf dem vom englischen Streetartist Banksy gestifteten Schiff Louise Michel im Mittelmeer.[24] Das Schiff wird von keiner NGO oder einem eingetragenen Verein getragen, sondern von einem kleinen anarcho-feministischen Kollektiv.[1] In diesem Zusammenhang erklärte sie: “I don’t see sea rescue as a humanitarian action, but as part of an anti-fascist fight” („Ich sehe die Seenotrettung nicht als eine humanitäre Aktion, sondern als Teil eines antifaschistischen Kampfes“).[25]

Auszeichnungen

Werke

  • Wutschrift – Wände einreißen, anstatt sie hochzugehen, Penguin, München 2022, ISBN 978-3-328-10927-3.
  • Entlarvung, 29. März 2021, Ventil Verlag, ISBN 978-3-95575-142-5
  • Lass uns mit den Toten tanzen, 2. September 2019, MaroVerlag, ISBN 3-87512-491-X, ISBN 978-3-87512-491-0
  • Allmende und Schrebergarten, 3. Oktober 2018, Edition Contra-Bass, ISBN 3-943446-35-2, ISBN 978-3-943446-35-7

Literatur

Weblinks

Commons: Pia Klemp – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Marius Hasenheit: Käfer & Menschen – Roman von Seenotretterin Pia Klemp. In: transform Magazin vom 7. April 2021. Abgerufen am 18. April 2021
  2. Pia Klemp. In: literaturagentur-brinkmann.de. Abgerufen am 2. Juli 2019.
  3. Seenotrettung Kapitänin Pia Klemp drohen 20 Jahre Haft, von Benjamin Laufer Hinzundkunzt.de 29. Mai 2019
  4. a b c Andrea Dernbach: Kampf einer Kapitänin gegen die italienische Justiz: „Das würde das Ende der zivilen Seenotrettung bedeuten“. In: tagesspiegel.de. 4. April 2019, abgerufen am 2. Juli 2019.
  5. Fabian Hillebrand: Kapitänin Pia Klemp: „Die Vorwürfe sind knüppelhart“. In: Neues Deutschland. 2. Februar 2019, abgerufen am 2. Juli 2019.
  6. a b Roswitha Oschmann: Pia Klemp aus Bonn: Sea-Watch-Kapitänin spricht in Bad Honnef. In: General-Anzeiger Bonn. 5. April 2019, abgerufen am 2. Juli 2019.
  7. German boat captain Pia Klemp faces prison in Italy for migrant rescues. In: dw.com. 8. Juni 2019, abgerufen am 2. Juli 2019.
  8. Christy Cooney: German boat captain faces 20 years in jail for rescuing 1,000 migrants. In: nypost.com. 12. Juni 2019, abgerufen am 2. Juli 2019 (englisch).
  9. Daniel Boffey: Captain of migrant rescue ship says Italy 'criminalising solidarity'. In: theguardian.com. 15. Juni 2019, abgerufen am 2. Juli 2019 (englisch).
  10. Tempi duri per le navi delle ONG: il capitano Pia Klemp nel mirino della giustizia italiana. In: la-notizia.net. 11. Januar 2019, abgerufen am 2. Juli 2019 (italienisch).
  11. Charles Heller, Lorenzo Pezzani: The Iuventa Case. In: blamingtherescuers.org. 20. April 2018, abgerufen am 2. Juli 2019 (englisch).
  12. Paul Pflüger: Vortrag: "Flucht als Verbrechen? Zum Vorwurf der Kriminalisierung von Flüchtenden und Seenotretter/innen an Europas Außengrenzen". In: Zentrum für internationale Studien der Technischen Universitär Dresden vom 13. April 2019. Abgerufen am 29. August 2020
  13. Laszlo Scheuch: Pia Klemp - Joko und Klaas bringen Bonner Kapitänin ins TV. In: general-anzeiger-bonn.de. 30. Mai 2019, abgerufen am 2. Juli 2019.
  14. Jagoda Marinić: Mut zur Verletzlichkeit - Endlich wird Unrecht wieder zum Politikum. In: deutschlandfunkkultur.de. 5. Juni 2019, abgerufen am 2. Juli 2019.
  15. Vorstellung des Romans auf der Homepage des MaroVerlags
  16. Gespräch mit der Autorin bei Bayern2
  17. „Solidarität würdigen“ Paris will Carola Rackete höchste Verdienstmedaille verleihen, Die Welt 12. Juli 2019.
  18. Ehrung für deutsche Kapitäninnen Carola Rackete soll Pariser Ehrenmedaille erhalten T-online.de dpa
  19. Paris zeichnet Carola Rackete und Pia Klemp aus. In: Die Zeit. 12. Juli 2019, abgerufen am 12. September 2019.
  20. Pia Klemp: Sea-Watch-Kapitänin lehnt Pariser Verdienstmedaille ab. In: Spiegel Online. 22. August 2019 (spiegel.de [abgerufen am 3. September 2019]).
  21. Wutrede auf Facebook: „Sea-Watch“-Kapitänin Klemp lehnt Pariser Verdienstmedaille ab, Kölner Stadt-Anzeiger 21. August 2019
  22. Pia Klemp Sea-Watch-Kapitänin lehnt Pariser Verdienstmedaille ab Die Stadt Paris will Pia Klemp mit der Verdienstmedaille auszeichnen. Die deutsche Sea-Watch-Kapitänin hat das jedoch ausgeschlagen - und kritisiert Bürgermeisterin Hidalgo für ihren Umgang mit Migranten., Der Spiegel 22. August 2019.
  23. Pia Klemp „Sea-Watch“-Kapitänin lehnt Auszeichnung ab und veröffentlicht Brandbrief, Focus 22. August 2019.
  24. Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz: "Sea-Watch 4" will "Louise Michel" helfen. ekbo.de, 29. August 2020, abgerufen am 29. August 2020.
  25. Lorenzo Tondo, Maurice Stierl: Banksy funds refugee rescue boat operating in Mediterranean. https://www.theguardian.com/world/2020/aug/27/banksy-funds-refugee-rescue-boat-operating-in-mediterranean, abgerufen am 28. August 2020 (englisch).
  26. Leben retten statt die Helfenden kriminalisieren – Paul Grüninger Preis für ein Rettungsschiff. Paul Grüninger Stiftung, 10. April 2019, abgerufen am 2. Juli 2019.