Pidjon ha-Ben

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Pidjon ha-Ben

Pidjon ha-Ben (hebräisch פדיון הבן Auslösung des Sohnes) ist ein im orthodoxen Judentum vorgeschriebener, auf Ex 13,2 ff. beruhender Ritus bezüglich der erstgeborenen Söhne.

Darüber hinaus kommt Auslösung auch bei einzelnen Nutztieren, insbesondere bei erstgeborenen Eseln, zur Anwendung (siehe auch Auslösung von Tieren).[1]

Hintergrund

Wenn der erstgeborene Sohn dreißig Tage alt geworden ist, muss man ihn vom Priester am einunddreißigsten[1] Tag „auslösen“. Ist dies ein Schabbat oder ein anderer biblischer Feiertag, muss die Zeremonie um einen bzw. je nach Feiertag zwei Tage verschoben werden, weil an diesem Tag kein Geld berührt werden darf. „Erstgeborener“ (Bechor) in dieser Hinsicht ist jener Sohn, der als Erster aus dem Schoß seiner Mutter kommt (durch dessen Geburt die Frau zur Erstgebärenden wird) und das Licht der Welt erblickt. Mit anderen Worten: Selbst wenn der Säugling nicht der Erstgeborene seines Vaters ist – aber der seiner Mutter –, muss er ausgelöst werden.

Der Sohn muss nicht ausgelöst werden, wenn der Vater ein Cohen oder Levit oder seine Mutter die Tochter eines Cohens oder Leviten ist. Auch wenn ein Kind zum Beispiel durch einen Kaiserschnitt auf die Welt gekommen ist, muss es nicht ausgelöst werden. Nach Schwangerschaftsabbrüchen besteht eine besondere Situation, die zumeist eine rabbinische Entscheidung nötig macht.

Die Pflicht, den Erstgeborenen auszulösen, ist die zweite Pflicht seines Vaters (die erste ist die Beschneidung). Wurde der Säugling aus irgendeinem Grund nicht von seinem Vater ausgelöst, muss er es später selbst nachholen – genau wie er auch die Beschneidung selbst nachholen muss, wenn sein Vater ihn nicht beschnitten hat. Eine bis zum dreißigsten Tag nicht vorgenommene Beschneidung (beispielsweise weil das Kind geschwächt ist) befreit den Vater nicht[1] von der Pflicht zur Auslösung.

Alle Erstgeborenen sind Gott geheiligt (im tradierten Erbrecht gebührt dem Erstgeborenen der doppelte Anteil). Wenn ein erstgeborener Sohn auf die Welt kommt, löst man ihn symbolisch aus – weil der Cohen, der Priester, die Aufgabe des Tempeldiensts übernommen hat, die eigentlich diesem Erstgeborenen zugedacht war. Damit er der Familie rechtmäßig zusteht, muss man ihn deshalb vom Cohen auslösen, der seinen Platz im Tempeldienst eingenommen hat. Auch wenn der Tempel heute nicht mehr besteht, führt das rabbinische Judentum die Auslösung fort.

Zeremonie

Pidjon Ha Ben Münze aus Israel, 1974. In der Sammlung des Jüdischen Museums der Schweiz.

Der Säugling muss mit Geld ausgelöst werden, mit fünf Silbermünzen (Selaim),[1] deren Reinsilbergewicht mindestens 117 Gramm beträgt; solche Münzen gibt es, geprägt von der Bank von Israel. Es können auch andere reine Silbermünzen verwendet werden. Dieser Betrag darf nicht[1] direkt an den Vater zurückerstattet werden und der Empfänger darf ihn frei verwenden. Der Lohn wird aber für den Cohen hauptsächlich darin bestehen, durch seine Dienste eine Mizwa erfüllt zu haben.

Die Zeremonie beginnt damit, dass sich alle Anwesenden die Hände waschen.[1] Danach nehmen alle ein kleines Stück Brot mit Salz zu sich.[1] Die Auslösungszeremonie (Überreichung der fünf Münzen an den Cohen als „Lösegeld“, begleitet von Segenssprüchen; die Zeremonie kann auch ohne den anwesenden Säugling durchgeführt werden) findet während einer Pflichtmahlzeit (Se’udat Mizwa)[1] statt und muss tagsüber durchgeführt werden (es gibt Ausnahmen; z. B. zur Umgehung des Schabbat, an dem man keine „Geschäfte“ macht), sie findet im Allgemeinen in den Nachmittagsstunden statt, und die anschließende Mahlzeit zieht sich dann bis in den Abend hin.

Siehe auch

Literatur (Auswahl)

  • Artikel PIDJON HABEN, in: Jüdisches Lexikon, Berlin 1927, Bd. IV/1, Spp. 932 ff.
  • Israel Meir Lau: Wie Juden leben: Glaube – Alltag – Feste. 7. Auflage. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2001.

Weblinks

Commons: Pidjon ha-Ben – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h Simon Philip de Vries: Jüdische Riten und Symbole. In: rororo Sachbuch. 11. Auflage. Nr. 18758. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2010, ISBN 978-3-499-18758-2, S. 210 ff., 216 ff.