Pilati
Die Grafen Pilati von Thassul zu Daxberg sind ein aus Tirol stammendes katholisches Adelsgeschlecht.
Geschichte
Ihr Stammort Tassul liegt im Trentino (Nonsberg). 1571 wurden sie in den bischöflichen, 1602 in den kaiserlichen Adelstand erhoben. 1710 verlieh Kaiser Joseph I. die erbländisch-österreichische Freiherrenwürde an Josef Anton Pilati mit Prädikat „von Thassul“, der die Herrschaften Schlegel und Königshein in der Grafschaft Glatz.[1] erwarb. 1795 verlieh Kaiser Franz II. die Grafenwürde an Johann Baptist Freiherr Pilati mit erweitertem Prädikat „von Thassul zu Daxberg“.[2]
Das berühmteste Mitglied der Familie Pilati ist Carlo Antonio Pilati (Tassullo 1733–1802), Landeshauptmann von Trient, Jurist und Professor in Halle und Leipzig, Philosoph der Aufklärung, Mitglied der Bayerischen Illuminaten (nom de guerre: Lucretius Caro). Er schrieb folgende Werke: Di una riforma d’Italia, Lettres sur l’Hollande, Briefe aus Berlin, Plan d’une Législation criminelle.
Graf Oskar (* 13. Mai 1817), Sohn des 1834 verstorbenen Grafen Anton, war Erbherr der Lehnsherrschaft Schlegel in der Grafschaft Glatz und unvermählt.[3] Sein Bruder Maximilian (* 1819) hatte seinen Adel niedergelegt. Ein Sohn dieses Maximilian, Eustachius (* 20. September 1870) ist der Verfasser des 1900 erschienenen Benimm- und Anstandbuches „Etiketten Plaudereien“.
Der Familie gehörte von 1775 bis 1827 das (teil-)namensgebende Schloss Dachsberg in (Prambachkirchen/Oberösterreich), heute befindet sich dort ein vom Salesianer-Orden betriebenes Gymnasium.[4] Durch Erbschaft von den Fürsten Khevenhüller befinden sich seit dem 20. Jahrhundert das niederösterreichische Schloss Riegersburg und die nahegelegene Burg Hardegg im Besitz der Grafen Pilati.
Edmund Johann Niemela aus Ratibor hatte als königlich preußischer Hauptmann im Ersten Weltkrieg zuerst im Infanterie-Regiment König Wilhelm I. (6. Württembergisches) Nr. 124, später dann im Infanterie-Regiment Nr. 183 gekämpft und war zuletzt infolge der Heeresverminderung durch den Versailler Vertrag als Hauptmann außer Diensten entlassen worden.[5] Bald darauf wurde er vom Schriftsteller Eustachius Graf Pilati von Thassul zu Daxberg adoptiert und durfte als 36-Jähriger gemäß Ermächtigung des Preußischen Justizministeriums von Ende November 1920 ausnahmsweise nicht nur den Namen des 60-jährigen Adoptivvaters annehmen, sondern auch seinen eigenen Namen als Graf Pilati von Thassul zu Daxberg-Niemela anfügen.[6] Schon zu Silvester 1920 erhielt er auf eigenen Antrag die Ermächtigung zur Führung des vereinfachten Namens Graf von Thassul zu Daxberg.[7]
Eine zweite Adoption von Eustachius Graf Pilati von Thassul zu Daxberg, die der Lehrerin Klementine Niemela aus Beuthen, wurde spätestens 1936 wegen fehlenden Kindschaftsverhältnisses für nichtig erklärt.[8]
Wappen
1795: Quadrierter Schild. 1 und 4 auf rotem Dreiberg ein einwärtsgekehrter goldener Löwe, in den Pranken einen silbernen Schwan haltend. 2 und 3 in Gold ein schwarzer Flügel, belegt mit dem goldenen Buchstaben "J". Zwei Helme mit schwarz-goldenen Decken; auf dem rechten der Löwe mit dem Schwan wachsend; auf dem linken ein offener, beiderseits mit dem "J" belegter schwarzer Flug. Die Decken sind rechts blaugolden und links schwarz-golden. Wahlspruch: „Sub umbra alarum tuarum protege nos“. (dt. Unter dem Schatten Deiner Flügel beschütze uns. (Ps 17,8 LUT))
Angehörige
Herbert H. Schreiber schreibt in seinem Werk Die grafschaftlich-schlesische Siedlungsgemeinschaft im Kapitel 7: Die Entwicklung der Grundherrschaften zum Geschlecht der Pilatis:
„Die Familie Pilati gehörte zu den vornehmsten, zu den reichsten und vielseitigsten des Fürstentums Trient. Aus ihrem Kreise stammen Mathematiker, Dichter, ein Prätor (von Riva), ein Kapuziner, der im Rufe der Heiligkeit verstarb und ein Reichsritter; ihre verwandtschaftlichen Bindungen reichten bis hinein in den römischen Hochadel.“[9]
Ein öffentlich bekanntes, angeheiratetes Mitglied der Familie ist Kristina Gräfin Pilati von Thassul zu Daxberg (geb. Paul), die bis Anfang 2016 in dritter Ehe mit Rudolf Scharping verheiratet war.
Palazzo Pilati
Der Palazzo Pilati in Tassullo (Trentino) ist heute Sitz des Rathauses von Tassullo.[10]
Literatur
- Constantin von Wurzbach: Pilati de Tassulo, die Familie. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 22. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1870, S. 288 f. (Digitalisat).
- Constantin von Wurzbach: Pilati de Tassulo, Wappen. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 22. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1870, S. 289 (Digitalisat).
- Eberhard Kaus, Art. Pilati, Carlo Antonio (Carlantonio), In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 31 (2010), Sp. 1072–1077
Weblinks
- Pilati. In: Heinrich August Pierer, Julius Löbe (Hrsg.): Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit. 4. Auflage. Band 13. Altenburg 1861, S. 133 (zeno.org).
Einzelnachweise
- ↑ Besitz in Schlegel und Königshain
- ↑ Claudio Pilati, Marina Pilati Lusuardi „Un contributo alla genealogia della famiglia Pilati di Tassullo“ Selbstverlag 2009, mit zahlreichen Quellen
- ↑ Stammbaum des Familienszweiges von Schlegel In: „Rootsweb’s World Connect Project“
- ↑ Schloss Dachsberg auf burgenkunde.at
- ↑ Deutscher Offizierbund (Hrsg.): Ehren-Rangliste des ehemaligen deutschen Heeres, Berlin 1926, Seite 999
- ↑ Abteilung VI.: III. Auszug aus dem Scheinadel-Verzeichnis, In: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang 1923, Seite 392, laufende Nummer 10
- ↑ Siehe im Adelsnamensermächtigungsmatrikularium (Kapitel X.3.) unter E 33
- ↑ Abteilung VI.: Nichtigkeit von Adoptionen, IV. Fortsetzung, In: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang 1936, Seite 370, Laufende Nummer 45
- ↑ Grundherrschaften (Memento vom 24. September 2005 im Internet Archive)
- ↑ Homepage mit Bildern von Tassullo