Pneumonieprophylaxe

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Spirometer zum Atemtraining

Maßnahmen der Pneumonieprophylaxe dienen in Pflege und Medizin der Vorbeugung gegen eine Lungenentzündung (Pneumonie) bei gefährdeten Patienten.

Es handelt sich um einen in der deutschsprachigen Kranken- und Altenpflege benutzten Begriff, der in ein Konzept zur Verhinderung von Folgeschäden und Komplikationen bei Pflegebedürftigen im Rahmen der Prophylaxen zu sehen ist.

Im englischsprachigen Raum gibt es einen derartigen Begriff nicht.

Bei der vorsorglichen Intervention beruht das Wissen bezüglich der Beeinträchtigung der Atmung auf Erfahrung und Tradition und weniger auf einem konkreten Nachweis der Wirksamkeit.[1]

Indikation

Verschiedene Situationen bringen ein erhöhtes Risiko mit sich, an einer Lungenentzündung zu erkranken:

Bei flacher Atmung und verminderter Belüftung der Lungen wird Sekret nicht ausreichend abgehustet. Dies ist der Fall etwa bei krankheitsbedingter Bettlägerigkeit oder Mobilitätseinschränkung und bei einer schmerzbedingten Einschränkung der Atmung, wie sie postoperativ oder nach Thoraxverletzung bestehen kann. Es kommt zur Bildung von minderbelüfteten oder von der Atmung abgeschnittenen Bezirken in der Lunge (Atelektasen) und in deren Folge zur Lungenentzündung. Als nahes Ziel der Pneumonieprophylaxe gilt folglich die Verbesserung der Ventilation in allen Lungenbezirken und damit eine Verbesserung der Perfusion mit verstärkter Immunabwehrfunktion der Leukozyten in den betroffenen Lungenlappen.

Hohes Lebensalter und Abwehrschwäche, z. B. durch HIV-Infektion, Chemotherapie oder Erkrankungen des Knochenmarks, begünstigen ebenso eine Pneumonie wie bereits vorbestehende Erkrankungen speziell der Lunge.

Ebenso ist der in seinem Bewusstsein, auch durch zentral dämpfende Medikamente, eingeschränkte Patient stärker gefährdet. Krankenhauspatienten, die endotracheal intubiert sind (und damit meist beatmet werden müssen), sind dadurch in erhöhtem Maß gefährdet, zusätzlich an einer Lungenentzündung zu erkranken.[2]

Maßnahmen

Maßnahmen der Pneumonieprophylaxe zielen vor allem auf eine Vertiefung der Atmung und die Verflüssigung und Entfernung zähen Sekretes aus den Atemwegen ab.

In Frage kommen die möglichst frühe Mobilisation nach Operationen,[3] geeignete Lagerung der Patienten sowie Vibrationsmassage und Krankengymnastik. Atemgymnastik, z. B. mit Flutter oder Spirometer[4] (siehe Abb.), kann der Patient nach Anleitung auch allein durchführen. Schmerzen, die die Atmung behindern, sind mit Schmerzmitteln zu bekämpfen, die Verflüssigung von zähem Schleim kann mit Sekretolytika unterstützt werden. Hierzu trägt auch eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr bei. Mit der atemstimulierenden Einreibung (ASE) soll die Atmung des Patienten vertieft und seine Körperwahrnehmung hierzu gefördert werden.[5] Die Wirkung der ASE als Pneumonieprophylaxe ist aber noch nicht ausreichend belegt.[6] Längerfristig ist die Verbesserung des Allgemein- und Ernährungszustandes von Bedeutung. Allgemeine Hygienemaßnahmen, wie die Händedesinfektion und das Tragen von Schutzkleidung, insbesondere von Mund-Nasen-Schutz, müssen beachtet werden.

Bei bewusstseinseingeschränkten Patienten wird insbesondere auf Aspirationsprophylaxe geachtet, die Atemwege sind gegebenenfalls durch Absaugen freizuhalten.

Bei intubierten oder tracheotomierten Patienten spielt die Bronchialtoilette eine wichtige Rolle.

Die Vorbeugung von durch Beatmung hervorgerufenen Lungenentzündungen (VAP – Ventilator-associated pneumonia), im Krankenhaus also auf der Intensivstation erworbenen Lungenentzündungen fällt in den spezialisierten Bereich der Intensivpflege und -Medizin. Er umfasst verschiedenste Bereiche wie beispielsweise die Absaugtechnik, die Händehygiene und die Mitarbeiterschulung.[7]

Siehe auch

Atemskala

Literatur

  • P. Fickus: Pneumonieprophylaxe. In: Annette Lauber, Petra Schmalstieg, Christine Lackner: Prävention und Rehabilitation. 2. Auflage. Thieme, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-13-128612-3, S. 221 f. (PDF, 266 kB)

Einzelnachweise

  1. Horst Konrad: Pneumonieprophylaxe bei Krankenhauspatienten. Analyse von Daten der Pflegeklassifikation ENP in elektronischen Patientenakten. Edition Pflegewissenschaft, Band 2. RECOM Verlag, Bad Emstal 2009, ISBN 978-3-89752-113-1.
  2. Hans Walter Striebel: Die operative Intensivmedizin: Sicherheit in der klinischen Praxis. Schattauer Verlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-7945-2480-8, S. 307–313. (books.google.de)
  3. M. Zimmer: Chirurgie, Orthopädie, Urologie. Urban & Fischer Verlag, 2006, ISBN 3-930192-77-2, S. 25. (books.google.de)
  4. Christoph Becker, Susanne Schevior-Popp: Examen Pflege. Schriftliche Prüfung Tag 2. Thieme-Verlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-13-141511-0, S. 203. (books.google.de)
  5. Nicole Menche: Repetitorium Pflege Heute. Elsevier, Urban & Fischer Verlag, München 2006, ISBN 3-437-27840-1, S. 66. (books.google.de)
  6. Fuldaer Informationsdienst für angewandte Gesundheitswissenschaften und klinische Praxis. Atemstimulierende Einreibung bei Pneumonieprophylaxe. auf: findax.de
  7. Robert Koch-Institut: Prävention der nosokomialen beatmungsassoziierten Pneumonie. In: Bundesgesundheitsblatt. 56, 2013, S. 1578–1590. doi:10.1007/s00103-013-1846-7