Poem
Poem (betont auf der zweiten Silbe; von gr. poiēma, poiesis „Erschaffung“, poiēo „ich mache“) ist im Deutschen ein bildungssprachlich veraltetes Synonym für ein (längeres) Gedicht.[1] Der Begriff wird heute meist abschätzig gebraucht. Dagegen ist poem im Englischen bzw. poème im Französischen neutrale Bezeichnung für ein Gedicht oder Versdichtung allgemein.[2]
Das Poem in der slawischen Literatur
In der russischen (und auch in der bulgarischen) Literatur bezeichnet Poem (russisch поэ́ма) ein umfangreiches, oft mehrteiliges oder als Zyklus angelegtes dichterisches Werk mit lyrischen und epischen Elementen. Eine verbindliche metrische Struktur weist das Poem nicht auf. Kennzeichnend ist das Auftreten eines lyrischen Subjekts, das seine Gefühle und Werturteile zum epischen Geschehen unmittelbar zum Ausdruck bringt.
Die Gattung des Poems entstand ab dem Klassizismus. Als frühes Beispiel gilt Michail Lomonossows Pjotr Weliki von 1760/1761. Ihre Blütezeit erlebte sie in der Romantik in den Werken von Alexander Puschkin und Michail Lermontow.
Mit Nikolai Alexejewitsch Nekrassow rückten weltanschauliche und moralische Themen stärker in den Mittelpunkt und wurden charakteristisch für die Gattung bis hinein ins 20. Jahrhundert. Ab diesem Zeitpunkt fanden zeitgeschichtliche Themen ihren Eingang, etwa bei Wladimir Majakowskis Wladimir Iljitsch Lenin (1924). Weitere Vertreter der Gattung sind Alexander Blok, Boris Pasternak, Marina Zwetajewa und Anna Achmatowa. Konkrete Beispiele sind:
- Das bewußte Thema – Wladimir Majakowski
- Der Dämon – Michail Lermontow
- Im Königreich der Waldfeen – Iwan Wazow
- Peter der Große – Michail Lomonossow
- Poem ohne Held – Anna Achmatowa
- Poem vom Berg – Marina Zwetajewa
- Ruslan und Ljudmila; Eugen Onegin; Der eherne Reiter – Alexander Puschkin
- Wer lebt glücklich in Russland? – Nikolai Nekrassow
Auch Nikolaj Gogols Tote Seelen und Venedikt Jerofejews Moskau–Petuschki tragen die Gattungsbezeichnung „Poem“.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. DUDEN: Deutsches Universalwörterbuch . 5. Aufl. Dudenverlag, Manheim/Leipzig/Wien/Zürich 2003, S. 1221.
- ↑ Gero von Wilpert: Sachwörterbuch der Literatur. 8. Auflage. Kröner, Stuttgart 2013, S. 614.