Polnische Sozialistische Partei

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Polnische Sozialistische Partei
Polska Partia Socjalistyczna
Parteilogo
Abkürzung PPS
Partei­vorsitzende Wojciech Konieczny
Gründung 17. November 1892
Haupt­sitz al. Niepodległości 161 lok. 2,

02-555 Warschau

Aus­richtung Demokratischer Sozialismus
Jugend­organisation Czerwona Młodzież - Organizacja Młodzieżowa Polskiej Partii Socjalistycznej
Farbe(n) Rot
Sejm
3/460
Senat
2/100
EU-Parlament
0/52
Sejmiks
0/552

Die Polnische Sozialistische Partei (polnisch Polska Partia Socjalistyczna, PPS) ist eine polnische politische Partei sozialistischer Prägung, die im November 1892 in Paris als Auslandsverband polnischer Sozialisten (Związek Zagraniczny Socjalistów Polskich) gegründet wurde und vor allem in der Zwischenkriegszeit politischen Einfluss in Polen hatte.

Geschichte

Das 1893 verabschiedete sozialpolitische Programm der Partei orientierte sich am Erfurter Programm der SPD und forderte unter anderem die Verstaatlichung von Grund und Boden, Produktions- und Verkehrsmitteln, den Acht-Stunden-Arbeitstag sowie Mindestlöhne. Im Mai 1904 wurde die erste Kampfeinheit der Partei (Organizacja Bojowa Polskiej Partii Socjalistycznej, OBPPS) begründet. Begünstigt durch den Russisch-Japanischen Krieg konnte die Partei Geld und Waffen aus Japan erhalten und führte damit Überfälle auf Banken und Postzüge im Einflussgebiet Russlands durch. Eine Massendemonstration im November 1904 führte zu Kämpfen mit dem russischen Militär, was als erste Kampfhandlung seit dem Januaraufstand 1863/64 gilt. Dies führte zu einem Anstieg der Mitgliederzahlen, sodass die Partei 1906 etwa 55.000 Mitglieder hatte.[1] Die Wahlen zur 1. Duma wurden von der PPS boykottiert. Vielmehr setzte die Partei weiter auf Kämpfe und führte Anschläge auf zaristische Einrichtungen, aber auch Plünderungen von Zügen durch. Die Attentate des Blutigen Mittwochs gehörten dazu, Roman Dmowski bezichtigte die PPS daher des Banditentums. Ende 1906 spaltete sich die PPS in die sogenannte Revolutionäre Fraktion (Polska Partia Socjalistyczna – Frakcja Rewolucyjna) mit Józef Piłsudski und die sogenannte Linke Fraktion (Polska Partia Socjalistyczna – Lewica).[1]

Zweite Republik Polen

1919 schloss sich die Sozialdemokratische Partei Galiziens der PPS an. In der Zweiten Polnischen Republik arbeitet die PPS eng mit der Deutschen Sozialistischen Arbeitspartei Polens zusammen und bildete 1928 mit dieser eine gemeinsame Wahlliste zum Sejm. Die Partei war Mitglied der Sozialistischen Internationale zwischen 1923 und 1940.

Die PPS unterstützte zuerst Józef Piłsudski, auch seinen Maiputsch 1926. Später ging sie in Opposition zu seinem autoritären Sanacja-Regime, indem sie der demokratischen „Centrolew“ Oppositionsbewegung beitrat. Viele Anführer und Mitglieder der PPS wurden unter Piłsudski vor Gericht gestellt und im berüchtigten Bereza Kartuska Gefängnis inhaftiert. Adam Ciolkocz, Herman Lieberman und Adam Pragier wurden in der Festung Brest im September 1930 inhaftiert. Beim Begräbnis des ehemaligen Premiers und Galiziers Ignacy Daszynsky 1936 versammelten sich demonstrativ die PPS-Anführer.[2] Strittig war das Verhältnis zu den 1938 von Stalin aufgelösten polnischen Kommunisten.

Die PPS unterstützte den polnischen Widerstand im Zweiten Weltkrieg als eigene Untergrundbewegung (Polska Partia Socjalistyczna – Wolność, Równość, Niepodległość [Freiheit – Gleichheit – Unabhängigkeit]). Vorsitzender war Tomacz Arciszewski. Sie war auch an der Bildung der Polnischen Exilregierung beteiligt. Ihre Mitglieder und Anhänger gehörten zu den Opfern der stalinistischen Liquidierungen nach dem sowjetischen Einmarsch 1939, z. B. im Sonderlager Koselsk.[3] Eine Parteimitgliedschaft in der PPS galt als antisowjetisch und wurde wie bei den anderen politischen Richtungen erfasst. Zu den Opfern aus der PPS gehörte z. B. der Psychoanalytiker Jan Nelken.[4] Zur stalinistischen Säuberung gehörte im Juni 1945 auch der Prozess der Sechzehn, unter denen auch der langjährige Untergrundführer Kazimierz Pużak von der PPS war. Gustaw Herling-Grudziński, der von 1946 bis 1960 im Exil zur PPS gehörte, berichtete als einer der ersten über seine Zeit im Gulag von 1940 bis 1942.

Nach 1945

Bei der Sejmwahl in Polen 1947 war die PPS mit der kommunistischen PPR bereits auf einer Liste, dem Demokratischen Block, dem auf Stalins Anordnung mit Wahlfälschung zum Erfolg verholfen wurde. 1948 spaltete sich endlich die PPS, als die Kommunisten sie weiter unter Druck setzten. Eine Gruppe mit Edward Osóbka-Morawski wollte mit der Polnischen Bauernpartei eine gemeinsame Front bilden. Eine andere Gruppe mit Józef Cyrankiewicz befürwortete eine Unterstützung der Kommunisten, unter Vorbehalten gegen ihre Alleinmacht. Vorkriegsfeindschaften wirkten weiter, Stanisław Mikołajczyk von der Bauernpartei willigte nicht in das Bündnis mit der PPS ein. Die Kommunisten machten dagegen Cyrankiewicz zum Premier, und die Richtung in der PPS unter Cyrankiewicz wurde mit der PPR zur PZPR am 15. Dezember 1948 zwangsvereinigt. Reste der anderen Richtung verblieben nur noch in der Exilregierung.

Erst 1987 wurde auch in Polen die PPS als Polska Partia Socjalistyczna durch Jan Józef Lipski reaktiviert. Wichtig war der Vereinigungsparteitag 1990 in Warschau mit der Exilpartei, auf dem Lidia Ciołkoszowa zur lebenslangen Ehrenvorsitzenden gewählt worden ist. Seit 1989 war die PPS zeitweise im Rahmen von Wahlbündnissen im Sejm vertreten, erlangte aber nicht mehr die frühere Bedeutung, nicht zuletzt aufgrund der linken Konkurrenz seitens von Parteien wie Młodzi Socjaliści (Junge Sozialisten) und der 2002 von der PPS abgespaltenen Nowa Lewica, die sich ebenfalls auf PPS-Tradition berufen. Vor allem hatte der Begriff des Sozialismus die Faszination verloren. Andere linksdemokratische Parteien haben ihre Positionen übernommen wie die Lewica. Im Jahr 2020 war sie mit einem einzigen Senator Wojciech Konieczny im Parlament vertreten.

Bekannte Aktivisten

Literatur

  • Wlodzimierz Borodziej: Europäische Geschichte im 20. Jahrhundert: Geschichte Polens im 20. Jahrhundert, Beck, München 2010 ISBN 978-3406606489
  • Wolfgang Templin: Der Kampf um Polen: Die abenteuerliche Geschichte der Zweiten Polnischen Republik 1918–1939, Schöningh, Paderborn 2018 ISBN 978-3506787576
  • Andrzej Kaluza: Der polnische Parteistaat und seine politischen Gegner 1944–1956. 1998, ISBN 3-465-02769-8

Weblinks

Commons: Polska Partia Socjalistyczna – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelbelege

  1. a b Manfred Alexander: Kleine Geschichte Polens, Stuttgart 2008, S. 255–257, ISBN 978-3-15-017060-1.
  2. Wolfgang Templin: Der Kampf um Polen. Paderborn 2018, S. 202.
  3. Albin Głowacki: Sowieci wobec Polaków na ziemiach wschodnich II Rzeczypospolitej 1939–1941. 2. Auflage. Łódź 1998 (Ende Dezember 1939 befanden sich 15.105 Gefangene in den drei Sonderlagern. Mehr als die Hälfte von ihnen waren Offiziere (56,2 %), den Rest bildeten Polizisten, Gendarmen und andere. Der Anteil der Reservisten unter den Offizieren betrug 55 Prozent. Unter den Offizieren befanden sich 650 ältere Soldaten im Ruhestand, darunter nicht wenige Kranke und Invaliden. Unter den Reserveoffizieren waren Hunderte von Grund-, Ober- und Hochschullehrern, Ingenieure, Ärzte, Juristen, Journalisten, Künstler, Geistliche sowie gesellschaftlich oder politisch engagierte Personen – insgesamt also ein beträchtlicher Teil der damaligen polnischen Elite.).
  4. Psychoanalysis in Poland during the partitions and its emancipatory ideals. ISBN 978-3-631-80223-6 (peterlang.com [abgerufen am 29. Februar 2020]).