Präfaschismus

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Präfaschismus oder Protofaschismus ist in Teilen der deutschen Geschichtswissenschaft ein alternativer Begriff zu dem von Armin Mohler geprägten Begriff der Konservativen Revolution und beschreibt dort eine Radikalisierung des Konservatismus. Der Begriff des Konservatismus ist dagegen schwer anzuwenden auf antiliberale Intellektuelle wie Georges Sorel und verschiedene nationale Revolutionäre sowie die Futuristen. Zum Faschismus verhielten sich viele präfaschistische Denker, wie z. B. in Italien Benedetto Croce, Filippo Tommaso Marinetti, Gabriele D’Annunzio, Robert Michels und Gaetano Mosca, aufgrund des Antiintellektualismus der Faschisten und der eigenen elitären Verachtung der Massen ambivalent.

Auch die rechtsextremen und monarchistisch-nationalistischen Schwarzen Hundertschaften der letzten Jahrzehnte des Russischen Reiches werden zu den präfaschistischen Organisationen gezählt.[1]

Der französische Germanist und Historiker Louis Dupeux hält die Konservative Revolution während der Weimarer Zeitepoche als eine gewichtige Ideologie, die man explizit als „deutschen Präfaschismus“ verstehen könnte.[2]

Der Zeithistoriker Dieter Krüger begreift unter Präfaschismus nach dem Ersten Weltkrieg alle neukonservativen Ideologen und Bewegungen, die bedeutsame Elemente der faschistischen Ideologie antizipieren und popularisieren, ohne dabei direkt nationalistische Propaganda zu betreiben.[3]

Der Historiker Zeev Sternhell fasst unter dem Begriff Präfaschismus kulturpessimistische Denkströmungen zusammen, die besonders in Deutschland und Frankreich seit 1890 Anhänger fanden (Maurice Barrès, Oswald Spengler, Julius Langbehn) und auf einer verkürzenden Popularisierung älteren antimodernistischen Gedankenguts beruhen.

Literatur

  • Hans-Jürgen Puhle: Von der Agrarkrise zum Präfaschismus: Thesen zum Stellenwert der agrarischen Interessenverbände in der deutschen Politik am Ende des 19. Jahrhunderts. Steiner, Wiesbaden 1972; 60 S.; Schriftenreihe: Vorträge des Instituts für Europäische Geschichte Mainz; 54.
  • Klaus Eberhardt: Literatur, Sozialcharakter, Gesellschaft: Untersuchungen zur Konstituierungsphase der präfaschisten Literatur; 190 S.; Univ., Diss., Göttingen 1984.
  • Andreas Zobel: Frankreichs extreme Rechte vor dem Ersten Weltkrieg unter besonderer Berücksichtigung der Action francaise. Ein empirischer Beitrag zur Bestimmung des Begriffs Präfaschismus. Diss. FU Berlin, 1982.
  • Zeev Sternhell: Von der Aufklärung zum Faschismus und Nazismus. Reflexionen über das Schicksal der Ideen im 20. Jahrhundert. In: jour fixe initiative berlin: Geschichte nach Auschwitz. Münster 2002, ISBN 3-89771-409-4.

Einzelnachweise

  1. https://www.marxists.org/deutsch/archiv/trotzki/1930/grr/anmerk.htm
  2. Veit Thomas: Anatomie der konservativen Destruktivität: Eine leidens- und kulturtheoretische Studie zum Konservativen Charakter. LIT Verlag, Münster 2019, ISBN 978-3-643-14429-4, S. 231 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Dieter Krüger: Nationalökonomen im wilhelminischen Deutschland. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1983, ISBN 978-3-647-35717-1, S. 23–24 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).