Präqualifizierung

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Unter Präqualifizierung (von lateinisch prä, „vor“, und „Qualifizierung“) versteht man eine vorwettbewerbliche Eignungsprüfung, bei der potenzielle Lieferanten nach speziellen Vorgaben unabhängig von einer konkreten Ausschreibung ihre Fachkunde und Leistungsfähigkeit vorab nachweisen.

Dieses in anderen europäischen Ländern schon länger gebräuchliche Verfahren gewinnt zunehmend auch in Deutschland an Bedeutung. Dadurch entsteht eine standardisierte Unternehmensakte für die Präqualifikation, das „virtual company dossier“ zur Identifikation potenzieller Auftragnehmer.

Präqualifizierung im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherungen

Früher konnten Augenoptiker die Zulassung beantragen, wenn sie zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen an deren Versicherte liefern wollten. Unmittelbar aus der Zulassung erfolgte die Lieferberechtigung. In den Verträgen zwischen dem Zentralverband der Augenoptiker/den einzelnen Landesinnungsverbänden und den jeweiligen Krankenkassenverbänden wurden die Konditionen für die Lieferberechtigung der zugelassenen Augenoptiker im Einzelnen geregelt.

Zum 1. Januar 2011 ist das im Gesetz vom 1. April 2007 vorgesehene Präqualifizierungsverfahren umgesetzt worden. Im Vergleich zur Zulassung hat sich inhaltlich für die Augenoptik nicht viel verändert, wohl aber das Verfahren. So wird die Präqualifizierung nicht durch die Krankenkassen durchgeführt – wie es bei der Zulassung der Fall war –, sondern durch privatrechtlich organisierte Einrichtungen, den sogenannten Präqualifizierungsstellen. Erste Konsequenz hieraus ist, dass die Präqualifizierung im Gegensatz zur Zulassung keinen Verwaltungsakt darstellt. Die Präqualifizierungsbestätigung wird man wohl als eine Art Gutachten ansehen müssen. Das Vertragsverhältnis zwischen Präqualifizierungsstelle und den zu präqualifizierenden Augenoptikern dürfte daher ein Werkvertrag sein.

Lieferberechtigungen

Der wesentliche systematische Unterschied zwischen der Krankenkassenzulassung und der Präqualifizierung liegt darin, dass die Präqualifizierung anders als die Zulassung nicht unmittelbar zur Lieferberechtigung des Augenoptikers führt. Der präqualifizierte Augenoptiker muss vielmehr zusätzlich noch einen Vertrag mit den Krankenkassen schließen. Die Präqualifizierung dient daher nur der Vorauswahl geeigneter Vertragspartner für die Krankenkassen. Allerdings ist ein präqualifizierter Augenoptiker zwingend für alle Krankenkassen ein geeigneter Vertragspartner. Derzeit hat dieser Unterschied für die Augenoptik keine Folgen, denn die in der Vergangenheit geschlossenen Verträge gelten fort und solange dies der Fall ist, führt die Präqualifizierung im Wege des Vertragsbeitritts dazu, dass die Augenoptiker zu den dortigen Konditionen lieferberechtigt sind.

Geltungsdauer

Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass die Präqualifizierung alle fünf Jahre erneuert werden muss, auch wenn sich in dem jeweiligen Betrieb überhaupt nichts geändert hat. Die Zulassung galt unbefristet.

Verfahrensablauf

Das Verfahren, welches der Augenoptiker durchlaufen muss, um präqualifiziert zu werden, hat der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den „maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene“ – für die Augenoptiker der Zentralverband der Augenoptiker – mit „Vereinbarung gemäß § 126 Absatz 1a SGB V über das Verfahren zur Präqualifizierung von Leistungserbringern“ vom 29. März 2010 geregelt.

Dieses Verfahren beginnt mit einem Antrag des zu präqualifizierenden Augenoptikers, wobei die Präqualifizierungsstelle mit der Prüfung regelmäßig erst dann beginnt, wenn das von ihr im Voraus festgelegte Entgelt eingezahlt ist.

Nach Zugang des Antrages prüft die Präqualifizierungsstelle innerhalb von 10 Tagen, ob der Antrag vollständig ist und alle Präqualifizierungskriterien ausreichend belegt sind. Falls eine Betriebsbegehung notwendig ist, so findet diese innerhalb von 4 Wochen nach Prüfung des Antrages auf Vollständigkeit statt. Sind die Unterlagen vollständig und widerspruchsfrei, so hat die Präqualifizierungsstelle dem Antragsteller binnen 8 Wochen eine Präqualifizierungsbestätigung zu erteilen.

Wenn Nachweise fehlen, fordert die Präqualifizierungsstelle die fehlenden Unterlagen unter angemessener Fristsetzung (2 Wochen) nach. Ist diese Nachfrist fruchtlos verstrichen, so ist der Antrag abzulehnen. Zusammen mit der Nachfristsetzung ist der Antragsteller darauf hinzuweisen, dass der Antrag abgelehnt wird, wenn die fehlenden Belege nicht nachgereicht werden.

Ergibt die Prüfung der vollständig vorliegenden Antragsunterlagen, dass eine Präqualifizierung nicht auszusprechen ist, so ist dem Antragsteller vor der ablehnenden Entscheidung die Möglichkeit der Stellungnahme zur beabsichtigten Entscheidung mitzuteilen. Dabei sind die Ablehnungsgründe anzugeben.

Gegen eine negative Entscheidung der Präqualifizierungsstelle kann der Antragsteller Beschwerde einlegen. Trotz der Möglichkeit Beschwerde einzulegen, bleibt der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten offen. Wenn der Antragsteller Klage gegen die ablehnende Entscheidung der Präqualifizierungsstelle erhebt, ohne vorher das Beschwerdeverfahren durchgeführt zu haben, so hat dies für die Klage keine Konsequenzen. Sie ist insbesondere nicht mangels fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Denn eine derartige Rechtsfolge müsste in der Zivilprozessordnung geregelt sein, eine Vereinbarung zwischen dem GKV-Spitzenverband und den maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene reicht jedenfalls nicht aus.

Jede Präqualifizierungsstelle muss eine Beschwerdestelle einrichten. Obwohl als Anhang V zur „Vereinbarung gemäß § 126 Absatz 1a SGB V über das Verfahren zur Präqualifizierung von Leistungserbringern“ vom 29. März 2010 eine Beschwerdeordnung abgedruckt ist, ist das Beschwerdeverfahren in vielen Punkten unklar. Die Beschwerdeordnung kann man getrost als missglückt bezeichnen. So ist noch nicht einmal klar geregelt, wo die Beschwerde einzulegen ist, bei der Präqualifizierungsstelle oder bei der Beschwerdestelle. Um Rechtsnachteile zu vermeiden, sollte der Beschwerdeführer (also der Antragsteller) seine Beschwerde unmittelbar bei der Beschwerdestelle einlegen.

Präqualifizierungskriterien

Um präqualifiziert zu werden, müssen die von den gesetzlichen Krankenkassen vorgegebenen Voraussetzungen (Präqualifizierungskriterien) erfüllt werden. Die Voraussetzungen unterteilen sich in allgemeine, berufliche und räumliche/sachliche Voraussetzungen.

Zu den allgemeinen Voraussetzungen zählen:

  • Nachweis einer Betriebshaftpflichtversicherung
  • Nachweis der Insolvenzfreiheit
  • Nachweis der Zahlung von Steuern und Sozialabgaben
  • Bestätigung der Erfüllung der gewerberechtlichen Voraussetzungen
  • Datenschutzerklärung
  • Die Voraussetzungen nach § 128 SGB V werden eingehalten
  • Angabe des Institutionskennzeichens (IK)

Die berufliche Voraussetzung für die Präqualifizierung ist die bestandene Augenoptikermeisterprüfung bzw. eines gleichgestellten Abschlusses (=staatlich geprüfter Augenoptiker, Diplomingenieur Augenoptik (FH), Bachelor of Science).

Die räumlichen/sachlichen Voraussetzungen richten sich nach dem vom Antragsteller ausgewählten Versorgungsbereich. Hiervon gibt es in der Augenoptik sechs verschiedene:

  • Gläser und Prismen, Sonstige Sehhilfen (25A)
  • Schieltherapeutika (25B)
  • Okklusionspflaster, Uhrenglasverbände (25C)
  • Kontaktlinsen (25D)
  • Vergrößernde Sehhilfen, Leseständer (25E)
  • Elektronisch vergrößernde Sehhilfen, Leseständer (25F)

Der Nachweis über das Vorliegen der Präqualifizierungskriterien erfolgt durch die Vorlage der einschlägigen Dokumente (z. B. Kopie des Meisterbriefes oder des Versicherungsscheins), durch Eigenerklärungen (z. B. über die Insolvenzfreiheit) oder durch ein Protokoll über eine erfolgte Betriebsbegehung, der Vorlage von Raumskizzen, Mietvertrag oder einer Fotodokumentation (als Nachweis der räumlichen Voraussetzungen).

Präqualifizierung bei Vergabe von öffentlichen Aufträgen

Seit 2009 bieten die Auftragsberatungsstellen unter Führung des DIHK eine Präqualifizierung im Anwendungsbereich der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL) an.[1] Hier sind bundesweit Unternehmen erfasst, die die Eignungsvoraussetzungen des § 6 VOL/A bzw. § 6 EG VOL/A erfüllen. Unternehmen ersparen sich mit der Präqualifikation die Vorlage der Einzelnachweise, da öffentliche Auftraggeber die Präqualifikation anstelle der Einzelnachweise anerkennen können. Die allgemein zugängliche, bundesweite Liste führt alle präqualifizierten Unternehmen aus dem Liefer- und Dienstleistungsbereich auf. Alle Präqualifizierungsstellen arbeiten auf der Grundlage einheitlicher Richtlinien.

Die Präqualifizierung im Bereich der VOL ist freiwillig. Sie wird jedoch in einigen Bundesländern landesweit und auch über die Grenzen der einzelnen Bundesländer hinweg von den öffentlichen Auftraggebern anerkannt.

Rechtliche Regelungen hierzu finden sich im § 97 Abs. 4a GWB und §§ 6 A VOL/A bzw. 6 EG VOL/A.

Präqualifizierung für die Erbringung von Regelleistung im Stromnetz

Im Kontext von Regelleistung (Stromnetz) bezeichnet Präqualifizierung den Nachweis der Eignung, um an den Ausschreibungsverfahren für die Vergabe von Regelleistung teilzunehmen. Bei diesem Verfahren werden die Eignung eines Anbieters geprüft. Die Regeln für die Präqualifizierung stammen aus Anhang D des Transmissioncode.

Primärregelleistung

Grundlage bildet Anhang D1 des Transmissioncodes.[2]

Sekundärregelleistung

Grundlage bildet Anhang D2 des Transmissioncodes.[3]

Minutenreserve

Grundlage bildet Anhang D3 des Transmissioncodes.[4]

Einzelnachweise

Weblinks