Priestergemeinschaft Sankt Martin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Seminaristen der Gemeinschaft Sankt Martin beim Stundengebet im Mutterhaus der Gemeinschaft in Évron.
Seminaristen der Gemeinschaft Sankt Martin beim Stundengebet im Mutterhaus der Gemeinschaft in Évron.

Die Priestergemeinschaft Sankt Martin (frz. Communauté Saint-Martin) ist eine Gemeinschaft von Weltpriestern und Diakonen, die gemeinsam leben und die ihnen von den Bistümern anvertrauten Dienste erfüllen. Die Gemeinschaft besteht hauptsächlich aus Lokalgemeinschaften von 3 bis 6 Mitgliedern, die in Hauptsache in Pfarreien, Internaten und Wallfahrtsorten tätig sind.

Sie wurde 1976 von Jean-François Guérin, einem Priester der Erzdiözese Tours (Frankreich), gegründet. Das Mutterhaus der Gemeinschaft, zusammen mit ihrem Priesterseminar, befindet sich in Évron, in Westfrankreich. Dort residiert auch der Generalmoderator der Gemeinschaft, ein Priester, der alle sechs Jahre von den Mitgliedern gewählt wird. Zurzeit wird das Amt von Abbé Paul Préaux ausgeübt.

Die Gemeinschaft zählt fast 170 Priester und Diakone, die in 30 Bistümern weltweit tätig sind. Im Priesterseminar befinden sich mehr als 100 Seminaristen in der Ausbildung (Stand 2021). Die Gemeinschaft Sankt Martin ist ein Institut päpstlichen Rechts.

Geschichte

Zwischen 1965 und 1976 war Abbé Jean-François Guérin in Paris tätig. Als Kaplan in der Basilika Sacré-Cœur war er ein von Jugendlichen sehr gefragter geistlicher Begleiter. Viele von ihnen traten später in Ordensgemeinschaften ein, vor allem bei Benediktinern und den Unbeschuhten Karmelitinnen. Andere wollten Weltpriester werden, dabei aber gemeinschaftlich leben und den liturgischen Geist pflegen, den sie bei Abbé Guérin kennengelernt hatten. Das heißt, sie stützen sich sowohl auf die lateinisch-gregorianische Tradition des römischen Ritus als auch auf die Liturgische Bewegung.

Da der damalige Erzbischof von Genua Giuseppe Kardinal Siri die Erneuerung der priesterlichen Ausbildung in Frankreich unterstützen wollte, lud er 1976 Jean-François Guérin und erste Priesteramtskandidaten in die Erzdiözese Genua ein. So wurde die Gemeinschaft Sankt Martin als Gemeinschaft bischöflichen Rechts unter der Verantwortung von Kardinal Siri gegründet. Abbé Guérin und die Priesteramtskandidaten ließen sich im Kapuzinerkloster Genua-Voltri nieder. Die akademische Ausbildung erhielten die Seminaristen im Priesterseminar von Genua, während Abbé Guérin für ihre geistliche und pastorale Ausbildung verantwortlich war.

1983 wurde der Priestergemeinschaft St. Martin das erste Apostolat in der Diözese Fréjus-Toulon in Südostfrankreich übertragen. In den folgenden Jahren übernahmen sie andere Pfarreien in Frankreich. 1993 bot sich die Gelegenheit, Italien zu verlassen und das Ausbildungszentrum in das französische Dorf Candé-sur-Beuvron bei Blois (ca. 190 km südlich von Paris) zu verlegen. 2014 übersiedelt das Ausbildungs- und Mutterhaus nach Évron in ein ehemaliges Benediktinerstift.

Der Generalmoderator der Gemeinschaft Sankt Martin ist Abbé Paul Préaux. Er wurde am 19. April 2022 zum dritten Mal in das Amt gewählt und von der Kleruskongregation bestätigt.[1] Abbé Préaux leitet die Gemeinschaft seit 2010. Er war zuvor Leiter des Wallfahrtsortes Montligeon.

Rechtliche Stellung der Gemeinschaft

Im Jahr 2000 erhielt die Gemeinschaft die päpstliche Anerkennung.[2] Heute zählt die Priestergemeinschaft Sankt Martin etwa 168 Priester und Diakone und 100 Kandidaten für den Diakonat bzw. das Priestertum.[3]

Die Gemeinschaft Sankt Martin außerhalb von Frankreich

Kreuzweg im Marienwallfahrtsort Neviges mit Priestern der Gemeinschaft, 2022.

In Deutschland gibt es eine Niederlassung im Wallfahrtsort Neviges in der Stadt Velbert.[4] Die drei Priester der Gemeinschaft wurden am 27. September 2020 in einem Festgottesdienst begrüßt und eingeführt. Die Gemeinschaft hat die Seelsorge in der Wallfahrt sowie in den Pfarrgemeinden von Neviges und Tönisheide übernommen. Die Priester leben im bisherigen Franziskanerkloster.[5]

Die Gemeinschaft wirkt in 30 Bistümern, darunter viele französische, ferner in Kuba und in Italien. Außerdem stehen Priester im Dienst des Heiligen Stuhls in Rom. In Kuba ist die Gemeinschaft seit 2006 im Bistum Santa Clara tätig.[6]

Spiritualität

Die Spiritualität der Gemeinschaft fußt vor allem auf dem Gemeinschaftsleben und der Feier des liturgischen Jahrs. Ihre Wurzeln hat sie in Abbé Guérins geistlicher Verwandtschaft mit der benediktinischen Kongregation von Solesmes. Dieser war Oblate der Abtei Fontgombault. Deshalb werden insbesondere die Lectio divina und der gregorianische Choral gepflegt.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Elections du Modérateur Général de la Communauté. 20. April 2022, abgerufen am 20. April 2022 (französisch).
  2. Geschichte der Gemeinschaft. Communauté Saint-Martin, Februar 2014, archiviert vom Original am 28. Dezember 2019; abgerufen am 17. Dezember 2014.
    Historique. Communauté Saint-Martin, Februar 2014, abgerufen am 17. Dezember 2014 (französisch).
  3. Qui sommes nous ? Abgerufen am 18. Mai 2022 (französisch).
  4. Priestergemeinschaft St. Martin kommt nach Velbert-Neviges. In: die-tagespost.de. 31. Mai 2020, abgerufen am 31. Mai 2020.
  5. Feierliche Einführung der Gemeinschaft Sankt Martin in Neviges. Erzbistum Köln, 28. September 2020, abgerufen am 28. September 2020.
  6. Placetas - Mission à Cuba. 14. September 2015, abgerufen am 24. Mai 2022 (französisch).