Wolrad zu Schaumburg-Lippe

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Wolrad zu Schaumburg-Lippe (* 19. April 1887 in Stadthagen; † 15. Juni 1962 in Hannover) war ein deutscher Unternehmer.

Ernst Wolrad Prinz zu Schaumburg-Lippe (vollständiger Taufname) folgte seinem Bruder Adolf II. zu Schaumburg-Lippe 1936 gemäß den traditionellen Richtlinien des Deutschen Adelsrechtsausschusses als „Chef“ des Hauses Schaumburg-Lippe nach, was ihn zum Träger des traditionellen Titels „Fürst“ machte. Allgemein bekannt war er seitdem unter dem Namen Wolrad Fürst zu Schaumburg-Lippe, obwohl seit der Abschaffung der Standesvorrechte des Adels 1919 nur der Titel „Prinz“ (/„Prinzessin“), nicht jedoch der vordem in Primogenitur gewährte Erstgeburtstitel „Fürst“, Bestandteil des bürgerlichen Namens ist.

Leben

Er war der Sohn von Fürst Georg zu Schaumburg-Lippe und Prinzessin Marie Anna von Sachsen-Altenburg. Nachdem sein Bruder Adolf II., der letzte regierende Fürst zu Schaumburg-Lippe, am 26. März 1936 bei einem Flugzeugunglück in Mexiko ums Leben gekommen war, wurde Wolrad Chef des Hauses Schaumburg-Lippe.

Am 7. Mai 1936 schrieb er an den damaligen preußischen Ministerpräsidenten Hermann Göring und bat darum, sich – entgegen den Bestimmungen der Weimarer Reichsverfassung zur Abschaffung der Vorrechte des Adels (Artikel 109, Abs. 2) – Fürst nennen zu dürfen. Göring verwies ihn an den Reichs- und preußischen Minister des Innern Wilhelm Frick. Am 1. September 1936 stellte er einen Rückdatierungsantrag für die Aufnahme in die NSDAP, der am 7. Dezember 1936 von Rudolf Heß befürwortet wurde: Der Eintritt in die NSDAP wurde auf das Jahr 1928 rückdatiert.[1]

1937 bekleidete Wolrad zu Schaumburg-Lippe das Amt eines Sturmführers der SA (Reiterstandarte der SA 65-Detmold). Ab 1940 sicherte er das Generalgouvernement in Krakau und Lemberg mit der Division Nachschubführer 365. Am 14. April 1942 wurde er Kommandeur des Nachschubstabes z. b. V. (zur besonderen Verwendung) 365. Dieser Nachschubstab blieb der Oberfeldkommandantur (OFK) 365 unterstellt. Am 1. August 1941 wurde die OFK 365 von Krakau nach Lemberg verlegt. Sie agierte dort in einem Gebiet, das nicht Operationsgebiet des Heeres war.

Im Entnazifizierungsverfahren wurde er von Bruno Pfennig, Chefsyndikus der von Hermann Göring gegründeten Haupttreuhandstelle Ost (HTO), vertreten. Eine Ausweichstelle der HTO war Anfang 1945 nach Bückeburg verlegt worden. Aufgabe der HTO war es, insbesondere jüdischen und polnischen Grundbesitz im Generalgouvernement zu beschlagnahmen. Wolrad zu Schaumburg-Lippe wurde 1949 in die Kategorie IV eingestuft, wonach er den Nationalsozialismus unterstützt hat.

Als zweiter Sohn bewohnte er Schloss Hagenburg, den Sommersitz der Familie am Steinhuder Meer. Er ist nicht nach Bückeburg umgezogen, sondern nutzte nur, wenn es notwendig war, die Dienstwohnung über der sogenannten Fürstenwohnung im rechten Flügel des Bückeburger Schlosses. Zu seinen größeren Einnahmequellen gehörte schon vor dem Zweiten Weltkrieg das in seinem Besitz befindliche leicht radioaktive Schwefel- und Schlammbad Eilsen bei Bückeburg, wo vor allem Gicht-, Rheuma- und Stoffwechselkranke Heilung fanden. Es wurde überwiegend von der deutschen Aristokratie besucht. Seine Nachfahren behaupten immer wieder, das Bad sei 1941 von der deutschen Luftwaffe beschlagnahmt worden. Richtig ist, dass Wolrad zu Schaumburg-Lippe es an die Firma Flugzeugwerke Focke-Wulf aus Bremen verpachtete. 1945 wurde es als deutsches Hauptquartier der Royal Air Force beschlagnahmt. Von den Briten wurde es 1955 geräumt, Eilsen fiel danach wieder in seinen Besitz. 1957 verkaufte er das Bad mit allen Badeeinrichtungen, den großen Hotels im Kurbezirk und dem Kurpark an die Landesversicherungsanstalten Berlin und Hannover.[2]

Er starb im Alter von 75 Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls.

Familie

Am 15. April 1925 heiratete er in Simbach am Inn seine Cousine Bathildis Prinzessin zu Schaumburg-Lippe (1903–1983), Tochter des Prinzen Albrecht zu Schaumburg-Lippe und der Herzogin Elsa von Württemberg. Aus der Verbindung gingen vier Kinder hervor:

  • Albrecht Georg Wilhelm (* 26. Januar 1926; † 29. April 1945 gefallen)
  • Philipp Ernst (1928–2003)
  • Konstantin (* 22. Dezember 1930; † 16. April 2008)
  • Viktoria Luise (* 31. Juli 1940)

Vorfahren

 
 
 
 
 
Georg Wilhelm (Schaumburg-Lippe) (1784–1860)
 
 
 
 
Adolf I. Georg (Schaumburg-Lippe) (1817–1893)
 
 
 
 
 
Ida zu Waldeck-Pyrmont (1796–1869)
 
 
 
Georg (Schaumburg-Lippe) (1846–1911)
 
 
 
 
 
 
Georg II. (Waldeck-Pyrmont) (1789–1845)
 
 
 
Hermine zu Waldeck-Pyrmont (1827–1910)
 
 
 
 
 
Emma von Anhalt-Bernburg-Schaumburg-Hoym (1802–1858)
 
 
 
Wolrad zu Schaumburg-Lippe
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Georg (Sachsen-Altenburg) (1796–1853)
 
 
 
Moritz von Sachsen-Altenburg (1829–1907)
 
 
 
 
 
Marie zu Mecklenburg (1803–1862)
 
 
 
Marie Anna von Sachsen-Altenburg (1864–1918)
 
 
 
 
 
 
 
 
Bernhard II. (Sachsen-Meiningen) (1800–1882)
 
 
 
Auguste von Sachsen-Meiningen (1843–1919)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Marie von Hessen-Kassel (1804–1888)
 
 

Ehrungen

Er war Ehrenbürger von Hagenburg. In Wölpinghausen ist nach ihm die "Fürst-Wolrad-Straße" benannt.

Literatur

  • Alexander vom Hofe: Vier Prinzen zu Schaumburg-Lippe und das parallele Unrechtssystem, Vierprinzen S.L., Madrid 2006, ISBN 84-609-8523-7 (Online-Ausgabe)
  • Alexander vom Hofe: Vier Prinzen zu Schaumburg-Lippe, Kammler und von Behr, Vierprinzen S.L., Madrid, 2013, ISBN 978-84-615-5450-8.

Einzelnachweise

  1. Vom Hofe: Vier Prinzen zu Schaumburg-Lippe , S. 51 f.
  2. Bad Eilsen auf http://www.bad-eilsen.info/, abgerufen am 24. Oktober 2011
VorgängerAmtNachfolger
Adolf II.Chef des Hauses Schaumburg-Lippe
1936–1962
Philipp Ernst