Kraftfeld

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Probemasse)

Ein Kraftfeld ist ein physikalisches Feld, in dem auf einen Körper eine Kraft wirkt. Im Allgemeinen hängt die Kraft vom Ort des Körpers und vom Zeitpunkt ab. Ist die Kraft zu einer feststehenden Eigenschaft des Körpers proportional, wie zum Beispiel die Schwerkraft zu seiner Masse oder die elektrostatische Kraft zu seiner Ladung, dann bezeichnet man den Proportionalitätsfaktor als die Feldstärke des Kraftfeldes. Die Feldstärke ist ebenfalls ein Feld und wird als Eigenschaft des Raums angesehen. Sie ist unabhängig von den Eigenschaften und sogar von der Anwesenheit eines Körpers, der dann als punktförmig, d. h. ausdehnungslos, gedacht und Probekörper genannt wird; im Fall des Gravitationsfeldes spricht man auch von Probemasse, beim elektrischen Feld von Probeladung.

Mathematisch sind das Kraftfeld und seine Feldstärke vektorwertige Funktionen des Ortes und gegebenenfalls auch der Zeit  : . Sie können mit Hilfe von Feldlinien dargestellt werden.

Beispiele

Aus einem elektrischen Feld erhält man durch Multiplikation der elektrischen Feldstärke mit der elektrischen Ladung des Probekörpers ein Kraftfeld. Analog erhält man bei einem Gravitationsfeld durch Multiplikation der Gravitationsfeldstärke (d. h. der Gravitationsbeschleunigung) mit der Masse des Probekörpers die Gravitationskraft. Wird ein Körper im Kraftfeld entlang eines Weges s von A nach B bewegt, wird dabei die Arbeit

verrichtet. Wird er entlang eines anderen Weges s' wieder von B zurück nach A bewegt, so ist für konservative Kraftfelder die dabei verrichtete Arbeit entgegengesetzt gleich, . Die Gesamtarbeit längs eines geschlossenen Weges in einem konservativen Kraftfeld ist daher Null. Konservative Kraftfelder sind als Gradient eines Potentials darstellbar. Für nicht konservative Kraftfelder, wie etwa das Magnetfeld, gilt dies nicht.

Im einfachsten Fall ist die Kraft an allen Orten gleich, solche Kraftfelder werden als homogen bezeichnet. Ein homogenes Feld ist eine sinnvolle Näherung zum Beispiel für das Schwerefeld in der Nähe der Erdoberfläche oder das elektrische Feld zwischen zwei Kondensatorplatten.

Geschichte

Klassischer Feldbegriff ab 1830

Der Begriff Kraftfeld wurde gegen 1830 von Michael Faraday aus den Beobachtungen zur Elektrizität und zum Magnetismus heraus entwickelt und am Bild der Feldlinien präzisiert. Demnach herrscht an jedem Punkt des Raums eine bestimmte Feldstärke, die man durch ihre Kraftwirkung auf einen Probekörper nachweisen und messen kann. Alsbald wurde auch die Gravitation durch ein Gravitationsfeld beschrieben. Hervorgerufen wird ein Feld durch einen anderen Körper, die Quelle des Feldes. Damit konnte das als philosophisch problematisch angesehene Bild der Fernwirkung abgelöst werden: Ein Körper wirkt nun nicht mehr durch den leeren Raum direkt auf einen anderen ein, sondern erzeugt um sich herum ein Feld, das seinerseits am Ort des anderen Körpers seine Wirkung ausübt.

Dass einem Feld auch unabhängig von seiner Quelle physikalische Realität zukommt, wurde 1886 durch die Entdeckung von Heinrich Hertz gezeigt, dass freie elektromagnetische Felder in Form von Wellen existieren und sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. 1905 ergab sich aus der speziellen Relativitätstheorie von Albert Einstein, dass diese Felder ohne jedes materielle Substrat („Äther“) im Vakuum existieren und sich nicht unendlich schnell ausbreiten. Der Gedanke, dass dies auch für das Gravitationsfeld gelten müsse, führte Einstein 1916 zur Allgemeinen Relativitätstheorie.

1900 machte Max Planck die Entdeckung, dass das freie elektromagnetische Feld seine Energie nur in bestimmten Portionen aufnehmen oder abgeben kann. Diese wurden 1905 von Einstein als Lichtquanten, später als Photonen bezeichnet. Plancks Entdeckung markiert den Beginn der Quantenphysik.

Quantenfeldtheorie ab 1927

Ab 1927 wandten Paul Dirac, Werner Heisenberg, Wolfgang Pauli u. a. die Regeln der Quantenmechanik auf Felder an. In der so entstehenden Quantenelektrodynamik sind die Photonen die elementaren Anregungsstufen des freien elektromagnetischen Felds. Darüber hinaus ergibt sich, dass Photonen in „virtuellen Zuständen“ existieren können, die nach den klassischen Feldgleichungen verboten wären. Die von elektrischen Ladungen erzeugten Photonen in virtuellen Zuständen können zwar nicht als Photonen direkt nachgewiesen werden, verursachen aber als Austauschteilchen sämtliche beobachtbaren elektrischen und magnetischen Effekte. Sie rufen insbesondere auch die von Faraday eingeführten elektrischen und magnetischen Felder hervor.

Entsprechende Feldquanten für das Gravitationsfeld, sind noch nicht entdeckt. Sie werden Gravitonen genannt, wobei derzeit noch unbekannt ist, ob sie wirklich existieren. Eine befriedigende Quantenfeldtheorie für die Gravitation wurde noch nicht gefunden.

Literatur

  • Ludwig Bergmann, Clemens Schaefer: Lehrbuch der Experimentalphysik, Band 1: Mechanik, Relativität, Wärme. Walter de Gruyter, Hamburg 1998, ISBN 978-3-11-012870-3 (online).
  • Christian Gerthsen: Gerthsen Physik. Hrsg.: Dieter Meschede. Bis zur 20. Aufl. betreut von Helmut Vogel. Springer, Berlin 2010, ISBN 978-3-642-12893-6 (online).
  • Friedrich Hund: Geschichte der physikalischen Begriffe (Bd. 2). 2. Auflage. BI Hochschultaschenbücher, Mannheim 1978, ISBN 3-411-05543-X.