Profumo-Affäre
Die Profumo-Affäre war ein politischer Skandal um den britischen Heeresminister John Profumo in den Jahren 1962/63.
Überblick
Profumo war Mitglied der Conservative Party und von 1960 bis 1963 Kriegsminister unter Harold Macmillan. Er war mit der Schauspielerin Valerie Hobson verheiratet. Der Skandal brach wegen seiner Affäre mit dem Mannequin Christine Keeler aus. Profumo traf sie 1961 in dem Herrenhaus Cliveden auf einer Poolparty, die von dem modischen Londoner Osteopathen Stephen Ward im Wohnsitz von Lord Astor in Buckinghamshire gegeben wurde. Ward hatte mit Keeler und deren Freundin Mandy Rice-Davies eine Art Prostitutionsring aufgezogen. Die Affäre zwischen Profumo und Keeler währte nur wenige Wochen, bevor Profumo sie beendete.
Gerüchte über die Affäre wurden 1962 öffentlich, als bekannt wurde, dass Keeler eine Beziehung mit Jewgeni „Eugene“ Iwanow, dem Marineattaché der sowjetischen Botschaft, unterhielt. Gerüchte kamen auf, dass Keeler den Minister im sowjetischen Auftrag ausspioniert habe. Sie selbst dementierte dies.
Im März 1963 erklärte Profumo im Unterhaus, dass „nichts irgendwie Ungebührliches“ an der Beziehung mit Keeler gewesen sei. Er kündigte Verleumdungsklagen an, falls Vorwürfe eines Skandals gegen ihn erhoben oder außerhalb des Hohen Hauses wiederholt würden. Im Juni bekannte Profumo, dass er das Parlament getäuscht habe, und trat am 5. Juni zurück. Die Regierung erhielt am 25. September 1963 einen offiziellen Bericht von Lord Alfred Denning, laut dem es keinen sowjetischen Spionageauftrag an Keeler gab und Profumo auch keine Geheimnisse verraten hatte.
Ward wurde wegen Lebensunterhalts aus unmoralischen Einkünften (vgl. Zuhälterei) angeklagt und beging am 30. Juli einen Suizidversuch, an dem er am 3. August starb. Keeler wurde des Meineids für schuldig befunden und zu neun Monaten Gefängnis verurteilt.
Die Affäre belastete auch die Amtszeit des konservativen Premierministers Harold Macmillan.[1] Macmillan trat nach einer Krankheit und einer Operation im Oktober 1963 auch als Folge des Skandals zurück[2] (siehe auch Britische Unterhauswahlen). Sein Nachfolger wurde Sir Alec Douglas-Home.
Niederschlag in der Populärkultur
Schon 1963 konnte die englische Schauspielerin Joyce Blair unter dem Pseudonym Miss X einen Achtungserfolg in England verbuchen mit dem satirischen Lied My name is Christine, das deutliche Anspielungen auf die Affäre enthält.
Bei der als Folge von Profumos Rücktritt erforderlich gewordenen Nachwahl trat erstmals der Rockmusiker Screaming Lord Sutch als Kandidat an, der später bis zu seinem Tod immer wieder mit satirischen Wahlkampagnen und absurden Forderungen für einen Sitz im Parlament kandidierte. Mandy Rice-Davies trat später in Sutchs Piratensender Radio Sutch auf und las aus dem damals als pornografisch angesehenen Roman Lady Chatterley.
Einige der Aspekte der Profumo-Affäre wurden 1989 in dem Film Scandal geschildert. Beherrschende Figuren sind John Hurt als Stephen Ward und Joanne Whalley als Christine Keeler. Die Rolle des John Profumo, der innerhalb des Films eine Nebenrolle einnimmt, übernahm Ian McKellen. Außerdem ist die Profumo-Affäre eines der im Lied We Didn’t Start the Fire des Sängers und Songschreibers Billy Joel genannten Ereignisse.
Auch im Song Post World War Two Blues von Al Stewart wird Christine Keeler erwähnt.
Im Jahr 2007 führte das Londoner Greenwich Theatre das Musical A Model Girl auf, das die Ereignisse der Affäre aus Sicht Keelers darstellte. 2013 hatte das Musical Stephen Ward von Andrew Lloyd Webber am Londoner West End Premiere.
Die Geschehnisse rund um die Profumo-Affäre waren 2017 das Hauptmotiv der letzten Folge der zweiten Staffel der britischen Fernsehserie The Crown.
Literatur
- Richard Davenport-Hines: An English Affair: Sex, Class and Power in the Age of Profumo. HarperCollins, London 2013, ISBN 978-0-00-743585-2.
- Alfred Denning: John Profumo & Christine Keeler 1963. Tim Coates, 1999, ISBN 0-11-702402-3.
- Tim Coates: The Scandal of Christine Keeler and John Profumo: Lord Denning’s Report, 1963. Tim Coates, 2003, ISBN 1-84381-024-7.
- Christine Keeler: The Truth at Last: My Story. Pan, 2002, ISBN 0-330-48167-3.
- David Profumo: Bringing the House Down: A Family Memoir. John Murray Publishers, 2006, ISBN 978-0-7195-6608-0.
- Christine Keeler mit Douglas Thompson: Secrets and Lies.[3] Blake Publishing, 2012, ISBN 978-1-84358-755-2.
Weblinks
- Profumo-Skandal: Christine Keeler. In: Der Spiegel. Nr. 25, 1963, S. 52–60 (online – 19. Juni 1963).
- Scandal in der Internet Movie Database (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ D. R. Thorpe: Supermac – The Life of Harold Macmillan. Chatto & Windus, London 2010, ISBN 978-0-7011-7748-5, S. 544.
- ↑ MacMillan: Heilende Krankheit. In: Der Spiegel. Nr. 42, 1963, S. 96–97 (online – 16. Oktober 1963).
- ↑ Nina Merli: «Jeder Mann, der sie traf, wollte sie haben». In: Tages-Anzeiger vom 22. Februar 2012