Progressionsfreies Überleben

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Progressionsfreies Überleben (englisch progression-free survival, PFS) ist ein Begriff aus der Onkologie. Er wird meist als die Zeitspanne zwischen dem Start einer klinischen Studie und dem Beginn der Progression der Erkrankung (dem Fortschreiten der Krankheit) oder dem Todesdatum des Patienten – je nachdem was zuerst eintritt – definiert. Die Todesursache spielt dabei keine Rolle. Als Zeiteinheit wird meist Monat oder Jahr verwendet.

Das progressionsfreie Überleben dient in vielen klinischen Studien in der Onkologie als primärer oder sekundärer Endpunkt. Der Wert des progressionsfreien Überlebens für den Patienten im Gegensatz zum Gesamtüberleben oder anderen lebensqualitätadjustierten Maßen wird angezweifelt.[1][2]

Die Zeitintervalle des progressionsfreien Überlebens sind generell kürzer als die des Gesamtüberlebens, da bei letzterem rechnerisch noch der Zeitraum zwischen Progression der Krankheit und Tod dazu gezählt wird. Das Gesamtüberleben ist als die Zeitspanne zwischen Beginn der Studie und dem Tod des Patienten, völlig unabhängig von der Todesursache, definiert. Bricht der Kontakt zum Patienten – aus welchen Gründen auch immer – ab, so wird häufig in Studien der letzte Kontakt mit dem Patienten als Endpunkt der Zeitspanne gesetzt.

Besondere Aspekte

Die richtige Interpretation der Überlebensdaten klinischer Krebsstudien kann schwierig sein, und Fallstricke im Zusammenhang mit der Natur der Kaplan-Meier-Analysen können zu falschen Schlussfolgerungen führen. Bei der Auswertung einer randomisierten kontrollierten Studie stießen die Autoren einer Methodenstudie auf einige statistische Probleme, die offensichtlich schwer zu erkennen waren und möglicherweise mit einer Fehlinterpretation der Überlebensfunktionen verbunden sind.[3] Zu diesen Themen gehörten die angenommene Kreuzung von Überlebenskurven, die Änderung des statistischen Ansatzes in der Nachuntersuchung, die unterschiedliche Vorbehandlung zwischen den Gruppen und das ereignisfreie Überleben als primäres Ergebnis.

Deshalb ist die Verwendung des PFS für den Nachweis der Wirksamkeit und die behördliche Zulassung umstritten. Das PFS wird häufig als klinischer Endpunkt in randomisierten, kontrollierten Studien für Krebstherapien verwendet und ist eine häufig vom UK National Institute for Health and Clinical Excellence[4] und der US Food and Drug Administration verwendete Kennzahl zur Bewertung der Wirksamkeit einer Krebsbehandlung. Studien zeigen, dass neue Krebsmedikamente, die von der US Food and Drug Administration zugelassen wurden, das PFS im median um 2 bis 3 Monate verbessern (je nach Stichprobe und analysiertem Zeitraum): 2,5 Monate[5], 2,70 Monate[6], 3,30 Monate[7].

Literatur

  • S. Green u. a.: Clinical trials in oncology. Verlag Chapman&Hall, 2. Auflage, 2002, ISBN 1-58488-302-2, S. 45.
  • T. W. Shields u. a.: General thoracic surgery. Verlag Lippincott Williams&Wilkins, 6. Auflage, 2004, ISBN 0-7817-3889-X, S. 1416.
  • Effects of cancer drugs on survival: often poorly evaluated. Prescrire International, August 2009, 18(102):180-3

Einzelnachweise

  1. Ozols RF: Maintenance therapy in advanced ovarian cancer: progression-free survival and clinical benefit. In: J. Clin. Oncol.. 21, Nr. 13, Juli 2003, S. 2451–3. doi:10.1200/JCO.2003.03.039. PMID 12829660.
  2. Knox JJ: Progression-free survival as endpoint in metastatic RCC?. In: The Lancet. 372, Nr. 9637, August 2008, S. 427–9. doi:10.1016/S0140-6736(08)61040-5. PMID 18653227.
  3. Peinemann F: Issues possibly associated with misinterpreting survival data: a method study. In: Journal of Evidence-Based Medicine. 11, Nr. 3, Juni 2018, S. 208–215. doi:10.1111/jebm.12301. PMID 29877035.
  4. J. Raftery: NICE and the challenge of cancer drugs. In: BMJ. Band 338, jan13 1, 22. Januar 2009, ISSN 0959-8138, S. b67–b67, doi:10.1136/bmj.b67.
  5. Tito Fojo, Sham Mailankody, Andrew Lo: Unintended Consequences of Expensive Cancer Therapeutics—The Pursuit of Marginal Indications and a Me-Too Mentality That Stifles Innovation and Creativity: The John Conley Lecture. In: JAMA Otolaryngology–Head & Neck Surgery. Band 140, Nr. 12, 1. Dezember 2014, ISSN 2168-6181, S. 1225, doi:10.1001/jamaoto.2014.1570.
  6. Aviv Ladanie, Andreas M. Schmitt, Benjamin Speich, Florian Naudet, Arnav Agarwal: Clinical Trial Evidence Supporting US Food and Drug Administration Approval of Novel Cancer Therapies Between 2000 and 2016. In: JAMA Network Open. Band 3, Nr. 11, 10. November 2020, ISSN 2574-3805, S. e2024406, doi:10.1001/jamanetworkopen.2020.24406, PMID 33170262 (jamanetwork.com [abgerufen am 12. August 2022]).
  7. Daniel Tobias Michaeli, Thomas Michaeli: Overall Survival, Progression-Free Survival, and Tumor Response Benefit Supporting Initial US Food and Drug Administration Approval and Indication Extension of New Cancer Drugs, 2003-2021. In: Journal of Clinical Oncology. 3. August 2022, ISSN 0732-183X, S. JCO.22.00535, doi:10.1200/JCO.22.00535.