Progressive Internationale

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Progressive Internationale
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Zweck Vereinigung progressiver politischer Kräfte
Gründung 11. Mai 2020
Website progressive.international

Die Progressive Internationale (PI) ist eine internationale Organisation mit dem Zweck, progressive politische Kräfte weltweit unter einer gemeinsamen Vision zu vereinen, zu organisieren und zu mobilisieren[1].

Geschichte

Der Appell zu ihrer Gründung erfolgte im Dezember 2018 auf einer gemeinsamen Veranstaltung der Bewegung Demokratie in Europa und des US-amerikanischen Thinktanks Sanders Institute von Jane O’Meara Sanders. Offiziell gegründet wurde sie am 11. Mai 2020 zur Zeit der weltweiten COVID-19-Pandemie, um "erstarkendem Nationalismus" entgegenzutreten. Vom 18. bis 20. September 2020 kam der Rat der P.I zu einem Eröffnungsgipfel in Reykjavík zusammen.[2][3] Dort hielt Noam Chomsky eine programmatische Rede mit dem Titel Internationalismus‌ ‌oder‌ ‌Untergang‌.[4]

Die Organisation gibt an, neben den Anliegen der Mitglieder auch ideell verbundenen Graswurzelbewegungen eine Plattform bieten zu wollen.[5] In internationalen Blog-Beiträgen wirbt das Bündnis für politische Alternativen, beispielsweise die Organisation von Wirtschaft und Bankwesen in Genossenschaften.[6] Die Beiträge werden hierzu von Freiwilligen in zahlreiche Sprachen übersetzt, sodass die Hauptseite mittlerweile in 25 Sprachen verfügbar ist (Stand Januar 2022). Größere Kampagnen der PI oder mit deren Beteiligung widmeten sich beispielsweise der Freigabe von Impfstoff-Patenten in der COVID-19-Pandemie,[7] der Einforderung von Arbeitsschutzstandards bei Amazon,[8] der Unterstützung der Rechte indigener Völker[9] sowie der Verhinderung politischer Erfolge nationalistisch-rechtsextremer Kandidierender in Südamerika.[10]

Die PI richtet seit Oktober 2021 mit Partnerorganisationen wie The Intercept und Personen wie Tariq Ali das Belmarsh-Tribunal aus.[11][12][13] Es soll in Anlehnung an das Russell-Tribunal potentielle und durch WikiLeaks publik gewordene weitere Verbrechen der Vereinigten Staaten erörtern. Name und Anlass beziehen sich auf die Inhaftierung und mögliche Auslieferung Julian Assanges.

In der Athener Erklärung forderten führende Kräfte der PI im Mai 2022 die „Unterstützung der Opfer des Krieges gegen die Ukraine“, eine „Bewegung der Blockfreien“ und einen „Friedensvertrag, der von der Europäischen Union, den Vereinigten Staaten und Russland im Rahmen der Vereinten Nationen garantiert wird“.[14] Die polnische Partei Lewica Razem verließ bereits Anfang März 2022 die Progressiven Internationale mangels einer unmissverständlichen Anerkennung der ukrainischen Souveränität und Verurteilung des „russischen Imperialismus“.[15]

Zu deutschsprachigen Personen des öffentlichen Lebens, mit denen die PI zusammenarbeitete, gehören unter anderem Angela Richter, Sevim Dağdelen, Heike Hänsel und Andrej Hunko.[16][17]

Ziele

Die in der Gründungserklärung verlautbarten Übereinkünfte der PI lauten sinngemäß:

  1. Internationalismus ist die Grundlage für das Überleben der Menschheit.
  2. Fortschritt ist demokratisch, dekolonisiert, gerecht, egalitär, befreit, feministisch, ökologisch, friedlich, postkapitalistisch, wohlhabend, pluralistisch und von "radikaler Liebe" zusammengehalten.
  3. Es braucht ein internationales Bündnis gegen autoritäre Oligarchien.
  4. Die PI baut Infrastruktur für internationalistische Zusammenarbeit.
  5. Es braucht Einigkeit, aber keine Konformität.
  6. Eine Machtbalance innerhalb des Bündnisses soll angestrebt werden.
  7. Kapitalismus muss weltweit aufgehoben werden.
  8. Internationalismus in Form von Krieg, Sanktionen, Privatisierung und sonstigem soll aufgehoben werden.
  9. Eine gemeinsame Sprache soll Hürden der Verständigung überwinden.
  10. Internationalismus soll intersektional sein und Fragen der Ernährungssicherheit, des Grundbesitzes, der Menschenwürde und der Emanzipation mit einschließen.
  11. Diskriminierungsformen wie Rassismus, Kasten und white supremacy sind abzulehnen.
  12. Dekolonisierung umfasst auch die Leistung von Entschädigungszahlungen und Wiedergutmachungen sowie garantierte Rechte für Geschädigte und Vertriebene weltweit.
  13. Patriarchale Strukturen und binäre Geschlechterrollen sollen aufgebrochen werden.
  14. Mit dem buen vivir werden Wohlstandsindikatoren abseits des Wachstums angestrebt.
  15. Sicherheitspolitik soll Diplomatie höheren Stellenwert einräumen.
  16. Es braucht die soziale Revolution, keine Putsche.
  17. Wahlerfolge sollen kein Selbstzweck sein.
  18. Pluralismus und Freiwilligkeit sollen zentrale Elemente sein.
  19. Innige Beziehungen und gegenseitiges Vertrauen sind erfolgsrelevant.
  20. Neben Dialog ist die gemeinsame Aktion Ziel des Bündnisses.
  21. Spenden von gewinnorientierten Unternehmen oder deren Führungskräften werden abgelehnt.
  22. Philanthropie wird abgelehnt.
  23. Alle individuellen und institutionellen Mitglieds- und Bündnisformen werden begrüßt.
  24. Bekenntnis zum Sozialistischen Leistungsprinzip
  25. Solidarität soll sich durch Taten ausdrücken.

Struktur

Mitglieder

Zu den Erstunterzeichnern der Gründungserklärung gehören: Noam Chomsky, Hilda Heine, Ece Temelkuran, Gael García Bernal, Áurea Carolina, Celso Amorim, Srećko Horvat, David Adler, Carola Rackete, Yanis Varoufakis, John McDonnell, Ertuğrul Kürkçü, Scott Ludlam u. a.[18] Außerdem ist eine Reihe von Organisationen und Medien (bspw. openDemocracy, Jacobin) der Progressiven Internationale beigetreten um diese und ihre Ziele zu unterstützen.[19]

Organisation

Der Rat ist für die strategische Ausrichtung verantwortlich und das Kabinett ist das Exekutivorgan der Progressiven Internationale. Das im Aufbau befindliche Sekretariat soll als Koordinierungsorgan für das Tagesgeschäft, die Mitgliederbetreuung und andere administrative Aufgaben verantwortlich sein.[20] General Director ist David Adler.[21]

Rezeption und Kritik

Neben Zuspruch aus dem Kreise der beteiligten Organisationen findet das Bündnis Kritik aus Lagern der moderaten wie radikalen Linken: Ein Online-Kommentar des trotzkistischen Portals Klasse gegen Klasse kritisiert die PI als elitäres "Mitte-Links[-]Projekt zur Rettung des Kapitalismus", dessen progressive Anliegen aufgrund eines angestrebten Reformismus nicht umzusetzen seien.[22] Yassin al-Haj Saleh wurde nach eigenen Angaben aus der PI ausgeschlossen, nachdem er eine Umbenennung der PI nahelegte.[23] Stefan Schaaf behauptete in der taz, dass Aktivisten mit Schnittmengen zu PI-Zielen bereits ausreichend vernetzt seien. Vielmehr gelte es, fokussiert die eigenen Ansätze weiter zu verbreiten.[24] James Bloodworth (New Statesman u. a.) kritisierte die PI-Mitgliedschaft des Qiao Collective,[25] eines nach Selbstbeschreibung eigenständigen Zusammenschlusses im Ausland lebender Chinesen, das den Umgang der chinesischen Regierung mit der uigurischen Bevölkerung Xinjiangs als legitime Terrorbekämpfung bezeichnet.[26][27]

Laut PI-eigenen Angaben habe die ING-DiBa Mitte Januar jegliche über die Bank ausgeführten Spenden an die Progressive Internationale gestoppt. Dies soll einer Spendenaktion zur Verbreitung kubanischer COVID-19-Impfstoffe und dem dazu in Konflikt stehenden US-Embargo geschuldet sein.[28]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wer wir sind. Abgerufen am 14. Mai 2020 (englisch).
  2. [1]
  3. der Freitag am 18. September 2020[2]
  4. [3]
  5. Wire. Publishing Grassroots & Critical Perspectives. In: Progressive International. Abgerufen am 3. Januar 2022 (englisch).
  6. Blueprint. In: Progressive International. Abgerufen am 3. Januar 2022 (englisch).
  7. Summit for Vaccine Internationalism. In: Progressive International. 2. Juni 2021, abgerufen am 3. Januar 2022 (englisch).
  8. Amazon bezahlen lassen. In: Progressive International. 9. Dezember 2020, abgerufen am 3. Januar 2022.
  9. Bolsonaro stoppen. Den Amazonas verteidigen. Der Bevölkerung beistehen. In: Progressive International. 19. Juli 2021, abgerufen am 3. Januar 2022.
  10. "International solidarity once failed the people of Chile. It must not fail today." In: Progressive International. 8. Dezember 2021, abgerufen am 3. Januar 2022 (englisch).
  11. Marta Andujo: Belmarsh-Tribunal sitzt über die Verfolgung von Julian Assange zu Gericht. In: amerika21. 23. Oktober 2021, abgerufen am 21. Februar 2022.
  12. Srećko Horvat: The Belmarsh Tribunal. In: openDemocracy. 2. Oktober 2020, abgerufen am 21. Februar 2022 (englisch).
  13. The Belmarsh Tribunal: Free Julian Assange. In: Progressive International. 2021, abgerufen am 21. Februar 2022 (englisch).
  14. Yanis Varoufakis, Jeremy Corbyn und Ece Temelkuran präsentieren: “DIE ATHENER DEKLARATION”. In: Presseportal. 13. Mai 2022, abgerufen am 28. Juni 2022.
  15. Razem leaves Progressive International and DiEM25. 1. März 2022, abgerufen am 21. August 2022 (polnisch).
  16. Belmarsh Tribunal NYC. In: Progressive International. Februar 2022, abgerufen am 21. Februar 2022 (englisch).
  17. Ecuador’s Democracy is Under Attack. In: Progressive International. 22. Februar 2021, abgerufen am 21. Februar 2022 (englisch).
  18. der Freitag: Grenzen überwinden[4]. Abgerufen am 5. Juni 2020.
  19. [5]
  20. [6]
  21. der Freitag am 18. September 2020[7]
  22. Facundo Aguirre: Progressive Internationale: Ein Mitte-Links Projekt zur Rettung des Kapitalismus. In: Klasse Gegen Klasse. 17. Mai 2020, abgerufen am 3. Januar 2022 (deutsch).
  23. Yassin al-Haj Saleh: A letter to the Progressive International. In: Al Jumhuriya. 21. September 2020, abgerufen am 3. Januar 2022 (englisch).
  24. Stefan Schaaf: Stefan Schaaf über die „Progressive Internationale“: Bündnis um des Bündnisses willen. In: Die Tageszeitung: taz. 3. Dezember 2018, ISSN 0931-9085, S. 12 (taz.de [abgerufen am 3. Januar 2022]).
  25. Qiao Collective: Anti-China Hysterie treibt US-Verteidigungsbudget 2021 auf Rekordhoch. In: Progressive Internationale. 20. August 2020, abgerufen am 14. Januar 2022.
  26. James Bloodworth: Why are progressives still defending China’s brutal dictatorship? In: New Statesman. 15. Juni 2021, abgerufen am 14. Januar 2022 (amerikanisches Englisch).
  27. James Bloodworth: China's useful idiots. In: UnHerd. 11. Dezember 2020, abgerufen am 14. Januar 2022 (britisches Englisch).
  28. US-Blockade gegen Kuba: Bank sperrt Spendengelder. In: junge Welt (jW). 19. Januar 2022, abgerufen am 28. Juni 2022.