Projektive Identifikation

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Der Begriff der projektiven Identifikation (oder auch projektiven Identifizierung) stammt ursprünglich von der Psychoanalytikerin Melanie Klein und ist heute in der Psychodynamischen Psychotherapie anerkannt. Melanie Klein sah die projektive Identifikation als einen unbewussten Abwehrmechanismus von Konflikten an, bei dem Teile des Selbst abgespalten und auf eine Art und Weise auf eine andere Person projiziert werden, dass diese andere Person die Projektion annimmt und in der Folge entsprechende Verhaltensweisen zeigt. Dadurch werden eigene Inhalte (Werte, Gedanken, Gefühle) nicht nur wie bei der Projektion als die der anderen Person wahrgenommen, sondern dort tatsächlich hervorgerufen. Dies geschieht in der Regel, ohne dass sich die beteiligten Personen dieses Mechanismus bewusst sind.

Wilfred Bion, Schüler von Melanie Klein, sah projektive Identifikation als Weg nicht-sprachlicher Kommunikation an, der ursprünglich durch den Säugling genutzt wird, um der Mutter Mitteilungen zu machen über den eigenen Zustand und eigene Bedürfnisse.[1] Ein Rückgriff auf diese frühen Kommunikationsprozess kann bei persönlichkeitsgestörten Patienten als Abwehrmechanismus auftreten, ist aber auch bei alltäglicher Kommunikation möglich, insbesondere um das Gegenüber zu manipulieren.[2]

Der Begriff projektive Identifizierung wurde von Otto Kernberg im Zusammenhang mit seinen Arbeiten zur Borderline-Persönlichkeitsstörung weiterentwickelt. Borderline-Patienten neigen besonders dazu, den Therapeuten in ihre psychische Konfliktkonstellation miteinzubeziehen. Aus diesem Grund erzeugen Borderline-Patienten beim Therapeuten häufig heftigere Gegenübertragungsgefühle als Patienten mit anderen psychischen Störungen.[3] Die projektive Identifikation ist jedoch nicht auf die Borderline-Persönlichkeitsstörung beschränkt.

In der therapeutischen Praxis sind projektive Identifikation seitens des Patienten und Gegenübertragung seitens des Therapeuten in der Regel eng miteinander verbunden. Patienten setzen Tendenzen zur projektiven Identifikation zur eigenen Entlastung unbewusst besonders bei Therapeuten ein, welche aufgrund intensiver Gegenübertragungsgefühle auf den Patienten stark reagieren. Therapeuten reagieren meist intensiver mit Gegenübertragungen auf Patienten, die sie in ihre Konfliktkonstellation miteinbeziehen. Im Idealfall ist die Gegenübertragung dem Therapeuten völlig bewusst und kann so im Sinne des Therapieerfolges genutzt werden.

Siehe auch

Literatur

  • Claudia Frank / Heinz Weiß (Hrsg.): Projektive Identifizierung. Ein Schlüsselkonzept der psychoanalytischen Therapie. Klett-Cotta, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-608-94408-2.
  • Wolfgang Trauth: Konzept der Projektiven Identifizierung: Möglichkeit, zwischenmenschliche Interaktionen zu beschreiben – Teil I: Konzeptentwicklung und Definition. In: Psychotherapie in Psychiatrie, Psychotherapeutischer Medizin und klinischer Psychologie. ISSN 1430-9483, Bd. 8 (2003), H. 2, S. 326–333 (PDF; 48 kB).

Einzelnachweise

  1. Hinshelwood R.D.: Projektive Identifizierung. In: Hinshelwood R.D. (Hrsg.): Wörterbuch der kleinianischen Psychoanalyse. Verlag Internationale Psychoanalyse, Stuttgart 1993, ISBN 3-608-95944-0, S. 263–307.
  2. Symington N.: The possibility of human freedom and its transmission (with particular reference to the thought of Bion). In: International Journal of Psychoanalysis. Band 71, 1990, S. 95–106.
  3. Otto F. Kernberg: Borderline-Störungen und pathologischer Narzißmus. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1983, ISBN 3-518-28029-5, S. 68–88.