Qasr Tuba

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Qasr Tuba, Westflügel

Qasr Tuba (arabisch قصر طوبة, DMG

Qaṣr Ṭūba

, oft auch Qasr al-Tuba) ist ein umayyadisches Bauwerk im Gouvernement Amman im nördlichen Jordanien. mit einer Reihe anderer frühislamischer Bauten des vorderen Orients zu den sogenannten Wüstenschlössern gezählt wird. Das Wort Qasr (arabisch القصر, DMG

al-qaṣr

), welches diese Bauten oft im Namen tragen, bedeutet „Burg, Festung“.

Lage

Lage einiger „Wüstenschlösser“ im heutigen Jordanien

Qasr Tuba ist das südlichste der Wüstenschlösser Jordaniens. Es befindet sich rund 100 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Amman in einer semiariden bis wüstenhaften Region und ist heute nur mit Schwierigkeiten zu erreichen.[1] Entsprechend den Bedürfnissen einer größeren Menschenansammlung an solch einem entlegenen Ort wählte man den Bauplatz in der Nähe eines Wasservorkommens – in der Nähe verläuft das Wadi Ghadaf, welches während des Winterregens Wasser führt. Das Wadi wurde mit Dämmen teilweise gestaut, außerdem wurden mehrere Brunnen angelegt.[2] Die Anlage wird touristisch quasi nicht verwertet und kann nur mit Allradfahrzeugen über unbefestigte Straßen besucht werden.[3]

Geschichte

Die Anlage wurde im Jahr 743 im Auftrag des Kalifen al-Walid II. für seine Söhne al-Hakam and ‘Uthmanit errichtet. Vermutlich war sie als Residenz oder Jagdschloss für die beiden Prinzen gedacht.[4][5] Wie im mittelalterlichen Europa war die Jagd auch im Vorderen Orient eine beliebte Freizeitgestaltung des Adels. Nach ursprünglicher Planung hätte Qasr Tuba aus zwei quadratischen Hofhäusern von je 70 Metern Seitenlänge mit angesetzten halbrunden Türmen bestehen sollen. Das Projekt wurde jedoch nie zu Ende geführt.[6] Vermutlich wurden die Bautätigkeiten nach der Ermordung al-Walids im Jahr 744 eingestellt.[2]

Vermutlich hatte Qasr Tuba auch die Funktion einer Karawanserei; der Karawanenhandel nahm in dieser Zeit allgemein stark zu und al-Walid II. wollte den Handel mit dem Hedschas intensivieren. Der Bau ist in seiner Gesamterscheinung weniger imperial als andere sogenannte Wüstenschlösserm, was nahelegt, dass er eher als temporäre oder saisonale Residenz gedient haben könnte.[7] Zur Versorgung durchziehender Karawanen bot Qasr Tuba drei tiefe Brunnen mit ungewöhnlich kompliziertem Wasserhebesystem und mehrere Becken zum Tränken der Tieren.[8] Ins Bewusstsein westlicher Gelehrter rückte Qasr Tuba durch einen Bericht des österreichisch-ungarischen Orientalisten Alois Musil, der die Anlage nach Hinweisen von Beduinen im Jahr 1898 besuchte.[9]

Beschreibung

Detail des Mauerwerks

Soweit erhalten zeigen die Baustrukturen zwei symmetrische, quasi quadratische Höfe mit umgebenden Gebäuden, die zusammen eine Anlage mit Ausmaßen von 140 mal 72 Metern bilden. Allerdings wurden nur der Westflügel fertiggestellt. Jeder Hof hat seinen eigenen, monumentalen Eingang an der Nordseite. Im Inneren sind die beiden Teile durch einen Korridor verbunden, der bei Bedarf blockiert werden konnte.[10] An die Umfassungsmauer sind außen insgesamt 14 halbrunde Türme angesetzt, außer im Norden, wo die beiden Zugänge von je zwei quadratischen Räumen flankiert werden. Die am besten erhaltenen Teile befinden sich im Nordwesten und Westen der Anlage.[2] Innerhalb der Anlage konnte ein Gebetsbereich identifiziert werden.[11]

Das Mauerwerk besteht aus einer Mischung von Werksteinen und Lehmziegeln. Sofern erhalten werden die Decken durch Tonnengewölbe gebildet. Die Türgewände sind mit Rosetten und rankenden Pflanzenmotiven verziert, die den Eindruck von Spitzendekor vermitteln.[12] Qasr Tuba ist ein herausragendes Beispiel für die umayyadische Ziegelbaukunst[13] Die Art der verwendeten Materialien, Bautechniken und Dekorelemente erinnert stark an das Wüstenschloss Mschatta, weswegen angenommen wird, dass die beiden zeitgleich errichtet wurden.[8] Lonely Planet beschreibt Qasr Tuba als Easily the most impressive of the lesser-known castles.[3]

Literatur

  • G. Fowden: Quṣayr ʿAmra: Art and the Umayyad Elite in Late Antique Syria. University of California Press, Berkeley, 2004, ISBN 978-0520236653.
  • O. Grabar, R. Holod, J. Knustad, W. Trousdale: City in the Desert: Qasr al-Hayr East. Harvard University Press, Cambridge 1978.
  • I. L. Hansen, C. Wickham (Hrsg.): The Long Eighth Century: Production, Distribution and Demand (=The Transformation of the Roman World 11). Brill, Leiden 2000, ISBN 978-9004117235.
  • A. Lash: Qasr Tuba. In: Annual of the Department of Antiquities 56, 2012, S. 9–29 (arabisch).
  • M. Hattstein, P. Delius: Islam: Art and Architecture. Könemann, Hamburg 2000, ISBN 9783829025584.
  • A. Petersen: Dictionary of Islamic Architecture. Routledge, Abingdon-on-Thames 2002, ISBN 9781134613663.
  • M. Rogers: The spread of Islam. Oxford, Elsevier-Phaidon, 1976.
  • T. Talgamm: The Stylistic Origins of Umayyad Sculpture and Architectural Decoration. Otto Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2004, ISBN 978-3-447-04738-8

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Qasr al-Tuba, auf archnet.org, abgerufen am 16. September 2018
  2. a b c A. Petersen: Dictionary of Islamic Architecture Routledge, Abingdon-on-Thames 2002, S. 239
  3. a b Qasr Tuba bei Jordan Eastern Desert Attractions Abgerufen am 17. September 2018
  4. M. Hattstein, P. Delius: Islam: Art and Architecture. Könemann, Hamburg 2000. p. 72
  5. G. Fowden: Quṣayr ʿAmra: Art and the Umayyad Elite in Late Antique Syria. University of California Press, Berkeley, 2004 p. 158
  6. G. Fowden: Quṣayr ʿAmra: Art and the Umayyad Elite in Late Antique Syria. University of California Press, Berkeley, 2004, S. 164 f.
  7. I. L. Hansen, C. Wickham (Hrsg.): The Long Eighth Century: Production, Distribution and Demand (=The Transformation of the Roman World 11). Brill, Leiden 2000, S. 289 f.
  8. a b Qasr Tuba, auf cultech.net, abgerufen am 17. September 2018
  9. Qasr Tuba, auf select.jo, abgerufen am 17. September 2018
  10. M. Rogers: The spread of Islam. Oxford, Elsevier-Phaidon, 1976, S. 108
  11. A. Lash: Qasr Tuba. In: Annual of the Department of Antiquities 56, 2012, S. 9–29.
  12. T. Talgamm: The Stylistic Origins of Umayyad Sculpture and Architectural Decoration. Otto Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 2004, S. 44
  13. O. Grabar, R. Holod, J. Knustad, W. Trousdale: City in the Desert: Qasr al-Hayr East. Harvard University Press, Cambridge 1978, p. 152

Koordinaten: 31° 19′ 32″ N, 36° 34′ 15″ O