Vorhalt (Musik)

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Vorhalt bezeichnet in der Harmonielehre einen akkordfremden Nebenton, der

  • als dissonant oder zumindest als auffassungsdissonant betrachtet wird,
  • in der Regel als „vorgehaltener“ Ton an die Stelle des „vorenthaltenen“ akkordeigenen Tons tritt („echter“ Vorhalt im Unterschied zum „unechten“, bei dem der vorgehaltene Ton zusammen mit dem akkordeigenen „Auflösungston“ erklingt)
  • auf einer betonten Taktposition steht und
  • in der Regel durch einen Sekundschritt (zumeist abwärts, seltener aufwärts, ausnahmsweise auch durch einen Sprung) in einen Akkordton geführt wird. Diese Bewegung wird Auflösung genannt.

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Unterschieden wird zwischen Vorhalten, die „vorbereitet“ sind (Notenbeispiel a), und solchen, die als sog. „freier Vorhalt“ (Notenbeispiel b) „frei eintreten“.[1] Vorbereitete Vorhalte entstammen dem kontrapunktischen Konzept der Synkopendissonanz: Der betreffende Ton ist im vorausgehenden Akkord in der gleichen Stimme enthalten und wird häufig übergebunden. Bei freien Vorhalten fehlt eine solche Vorbereitung. Sie sind mit der Appoggiatura verwandt.

Manche Harmonielehren unterscheiden außerdem einen „halbfreien“ bzw. „halbvorbereiteten“ Vorhalt, wenn der Vorhaltston im vorangehenden Akkord in einer anderen Stimme lag (Notenbeispiel c).[2]

Benannt werden Vorhalte nach dem Intervall zum Grundton des Akkords, in dem sie auftreten: Sekundvorhalt (geht aufwärts zum Terzton des Akkords), Quartvorhalt, Sextvorhalt, Septimvorhalt, Nonenvorhalt (geht abwärts zum Akkordgrundton).

Vorhalte können in verschiedenen Stimmen gleichzeitig auftreten (doppelter Vorhalt, dreifacher Vorhalt usw.).

Zwischen einem Vorhalt und seiner Auflösung können Töne eingeschoben werden (Diminution).

In Jazz, Pop und Rock ist die Bezeichnung suspended chord, abgekürzt sus chord (englisch to suspend, aufschieben, hängen lassen) üblich.[3][4] Jedoch wird hier der Vorhalt im Allgemeinen nicht aufgelöst, sondern als eigenständiger Klang verwendet.

  • sus4 (suspended fourth): Akkord mit Quartvorhalt
  • sus2 (suspended second): Akkord mit Sekundvorhalt

Anwendungsbeispiele

Vorbereiteter Quartvorhalt

Johann Abraham Peter Schulz: Der Mond ist aufgegangen, Schluss:

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Freier Quartvorhalt (oder betonter Durchgang)

Happy Birthday, T. 5–6:

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Freier Quartsextvorhalt

Joseph Haydn: Gott! erhalte, Hob. XXVI a/43, Schluss:

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Septimvorhalt mit Diminution vor der Auflösung

Datei:Air.ogg

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Sus-Akkorde ohne Auflösung

Der Jazz entdeckte die spezielle Klangqualität von sus-Akkorden, deren Vorhaltston nicht aufgelöst wird. Ein prominentes Beispiel aus der Experimentierphase mit diesem Klang ist Maiden Voyage von Herbie Hancock, das ausschließlich sus4-Akkorde benutzt. Bei einer solchen Verwendung erscheint der Begriff „Vorhalt“ nicht mehr angemessen, sondern der Klang wird zu einer selbständigen Qualität (siehe auch Quartenakkord).

Besonders gut eignen sich sus4- und sus2-Akkorde in pentatonischen Stücken, da sie Bestandteil dieser Skala sind.

sus2- und add9-Akkord

Der sus2-Akkord darf nicht mit dem add9-Akkord verwechselt werden: Beim sus2 tritt die Sekunde an die Stelle der Terz, beim add9 dagegen wird die None dem Dreiklang hinzugefügt.[5]

Quellen und Literatur (chronologisch)

  • Johann Georg Sulzer: Art. Vorhalt. In: Allgemeine Theorie der schönen Künste. Leipzig 1774 (online).
  • Arrey von Dommer: Elemente der Musik. Weigel, Leipzig 1865.
  • Rudolf Louis, Ludwig Thuille: Harmonielehre. Klett & Hartmann, Stuttgart 1907. 7. Auflage (1920) auf archive.org.
  • Axel Jungbluth: Jazz Harmonielehre. Schott, Mainz 1981. Überarbeitete Neuausgabe 2001, ISBN 3-7957-8722-X.
  • Mark Levine: The Jazz Piano Book. Sher Music, Petaluma CA 1989, ISBN 0-9614701-5-1 (deutsch: Das Jazz-Piano-Buch. Advance Music, Rottenburg 1992, ISBN 3-89221-040-3).
  • Reinhard Amon: Lexikon der Harmonielehre. 2. Auflage. Doblinger, Wien 2015, ISBN 978-3-902667-56-4.
  • Herbert Hellhund: Jazz. Harmonik, Melodik, Improvisation, Analyse. Reclam 2018, ISBN 978-3-15-011165-9

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Früher Beleg für „freier Vorhalt“: Dommer 1862, S. 118. Notenbeispiele nach Louis/Thuille 1907, S. 31.
  2. Louis/Thuille 1907, S. 31; 7. Auflage (1920), S. 47. Siehe auch Amon 2015, S. 93.
  3. Levine 1989, S. 23 f.
  4. Herbert Hellhund: Jazz. Harmonik, Melodik, Improvisation, Analyse. Reclam, 2018, ISBN 978-3-15-011165-9, Seite 34
  5. Jungbluth 2001, S. 12.