Römerlager Anreppen

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Rekonstruktion eines Abschnitts des Doppelgrabens sowie des Lagermauerverlaufes (angedeutet durch Hecke) des Römerlagers Anreppen

Das Römerlager Anreppen befindet sich im Ortsteil Anreppen der Stadt Delbrück, Kreis Paderborn.

Es wurde 1968 von Anton Doms vom Westfälischen Museum für Archäologie – Amt für Bodendenkmalpflege, Außenstelle Bielefeld entdeckt. 1967 war hier von einem Bauern beim Anlegen einer Runkelmiete eine gelbe Scherbe gefunden worden.

Mit den Grabungen, die Doms von 1968 bis 1982 durchführte, konnte der Verlauf der Umwehrung und damit auch die Größe des Lagers bestimmt werden. Das Lager hat die Form eines unregelmäßigen, 23 Hektar großen Längsovals und liegt direkt am heutigen Südufer der Lippe. Erbaut ist es als ein sogenanntes Holz-Erde-Lager, ebenso wie die anderen an der Lippe gelegenen Römerlager Holsterhausen, Haltern, Olfen, Beckinghausen und Oberaden. Die Befestigung bestand aus einer Holz-Erde-Mauer mit zwei vorgelagerten Spitzgräben. Das Innere des Lagers blieb zunächst von Anton Doms unerforscht.

In den Jahren 1988 bis 2004 grub das Westfälische Museum für Archäologie – Amt für Bodendenkmalpflege unter der Leitung von Johann-Sebastian Kühlborn im Inneren des Lagers große Flächen aus. Nachgewiesen sind inzwischen das 47,5 × 71 m große Kommandeurshaus (praetorium), weitere, teils repräsentative Wohngebäude, ein Thermengebäude mit mehrfach erneuerter Ofenanlage, ein 56 × 68 m großer Vorratsspeicher (horreum) am Südtor und innerhalb eines gesondert abgegrenzten Bereichs weitere, allerdings kleinere Speicher in der Nähe des Osttores. Mannschaftsunterkünfte wurden an der südlichen via sagularis (Wallstraße) und an der via praetoria sowie am Südtor und am Osttor nachgewiesen. Wegen der ungewöhnlich vielen Vorratsspeicher wird Anreppen unter anderem als Versorgungsbasis für die weiter östlich operierenden Truppen gedient haben.

Etwa 500 m östlich des Lagers wurden zwei Teilstücke einer unbefestigten römischen Straße nachgewiesen. Für eine zweiperiodige Nutzung des Platzes spricht ein älterer römischer Spitzgraben im Ostteil des Lagers.

Holzbalken und ein Klumpen mit Nägeln

Der Gründungszeitpunkt des Römerlagers Anreppen lässt sich relativ gut bestimmen. Der römische Historiker Velleius Paterculus (2, 105) berichtet über einen Feldzug von Tiberius im Jahr 4 n. Chr. im Zuge des immensum bellum vom Bau eines Winterlagers an den Quellen der Lippe. Dazu passt ein in das Jahr 5 n. Chr. zu datierendes Bauholz von einer Mannschaftslatrine. Weniger präzise ist das Enddatum der Nutzung Anreppens festzulegen. Das Fundmaterial gehört in das erste Jahrzehnt n. Chr., möglicherweise ist das Ende von Anreppen mit den Folgen der clades Variana (der Niederlage des Varus in der Varusschlacht 9 n. Chr.) zu verbinden. Trotz dieser offenkundig sehr kurzen Nutzungszeit kam es im Lager verschiedentlich zu Umbauten sowie zu Reparaturmaßnahmen.

Nur 3,5 km südlich des Römerlagers wurde 1975 der Wohnplatz von Thüle entdeckt.

Literatur

  • Anton Doms: Die Entdeckung des Römerlagers in Anreppen im Jahre 1968. In: Westfalen 48, 1970, S. 160ff.
  • Peter Glüsing: Ergänzende Anmerkungen zur Enddatierung der frührömischen Lippelager Anreppen und Haltern. Erweiterter Diskussionsbeitrag. In: Rainer Wiegels (Hrsg.): Die Fundmünzen von Kalkriese und die frühkaiserzeitliche Münzprägung. Bibliopolis, Möhnesee 2000, ISBN 3-933925-12-6 (Osnabrücker Forschungen zu Altertum und Antike-Rezeption, Band 3).
  • Peter Ilisch: Die Münzen aus den römischen Militäranlagen in Westfalen. In: Wolfgang Schlüter, Rainer Wiegels (Hrsg.): Rom, Germanien und die Ausgrabungen von Kalkriese. Rasch, Osnabrück 1999, ISBN 3-932147-25-1 (Osnabrücker Forschungen zu Altertum und Antike-Rezeption, Band 1).
  • Peter Ilisch: Die Münzen aus dem Römerlager Anreppen. In: Jahrbuch für Numismatik und Geldgeschichte 66, 2016, S. 1–29.
  • Johann-Sebastian Kühlborn: Die augusteischen Militärlager an der Lippe. In: Heinz-Günter Horn (Hrsg.): Archäologie in Nordrhein-Westfalen. Geschichte im Herzen Europas. Zabern, Mainz 1990, ISBN 3-8053-1138-9, S. 169–186.
  • Johann-Sebastian Kühlborn: Die Lagerzentren der römischen Militärlager von Oberaden und Anreppen. In: Rudolf Asskamp, Stephan Berke (Redaktion): Die römische Okkupation nördlich der Alpen zur Zeit des Augustus. Aschendorff, Münster 1991, ISBN 3-402-05139-7.
  • Johann-Sebastian Kühlborn: Germaniam pacavi – Germanien habe ich befriedet. Archäologische Stätten augusteischer Okkupation. Westfälisches Museum für Archäologie, Münster 1995, S. 130–144, Beilage 3.
  • Johann-Sebastian Kühlborn: Die Grabungen in den westfälischen Römerlagern Oberaden und Anreppen. In: Heinz-Günter Horn u. a. (Hrsg.): Ein Land macht Geschichte. Archäologie in Nordrhein-Westfalen. Zabern, Mainz 1995, ISBN 3-8053-1793-X, S. 203–209.
  • Johann-Sebastian Kühlborn: Antike Berichte durch Ausgrabungen bestätigt. In: Archäologie in Deutschland 3/1999, S. 6–12.
  • Johann-Sebastian Kühlborn: Die Grabungen in den westfälischen Römerlagern. In: Heinz-Günter Horn u. a. (Hrsg.): Von Anfang an. Archäologie in Nordrhein-Westfalen. Zabern, Mainz 2005, ISBN 3-8053-3467-2, S. 119–127 (Schriften zur Bodendenkmalpflege in Nordrhein-Westfalen 8).
  • Johann-Sebastian Kühlborn: Zwischen Herrschaft und Integration. Die Zeugnisse der Archäologie. In: Rainer Wiegels (Hrsg.): Die Varusschlacht. Wendepunkt der Geschichte?. Theiss, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8062-1760-5, S. 65–94, insbesondere S. 86–91.
  • Johann-Sebastian Kühlborn: Anreppen, Stadt Delbrück, Kreis Paderborn. Römerlager in Westfalen 4. Altertumskommission für Westfalen, Münster 2009, ISSN 1866-640X.
  • Johann-Sebastian Kühlborn: Römer im Paderborner Land. Anreppen, das Hauptquartier des Tiberius. In: Führer zur Vor- und Frühgeschichte der Hochstiftkreise Paderborn und Höxter. Band 3 (Marsberg 2014) S. 1–42, ISBN 978-3-932610-51-6.
  • Siegmar von Schnurbein: Untersuchungen zur Geschichte der römischen Militärlager an der Lippe. In: Bericht der Römisch-Germanischen Kommission 62, 1981, S. 29–32, ISSN 0341-9312.
  • Siegmar von Schnurbein: Neue Grabungen in Haltern, Oberaden und Anreppen. In: Philip Freeman u. a. (Hrsg.): Limes XVIII. Proceedings of the XVIIIth International Congress of Roman Frontier Studies. Archaeopress, Oxford 2002.

Weblinks

Koordinaten: 51° 44′ 16″ N, 8° 35′ 35″ O