Rückführungsabkommen

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Ein Rückführungsabkommen, Rückübernahmeabkommen oder Rücknahmeabkommen ist ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen zwei Ländern, der die Rückführung, also die Abschiebung (Rückschiebung) oder Ausweisung von illegalen Einwanderern oder abgelehnten Asylwerbern zwischen zwei Ländern regelt. Es kann sich auch – wie bei den EU-Rückübernahmeabkommen – um ein Abkommen zwischen einem Staatenverbund und einem anderen Staat handeln.

Hintergründe

Die Zielländer von Migrations- und Fluchtbewegungen benötigen zur Durchsetzung ihrer Migrations- und Flüchtlingspolitik die Möglichkeit, abgelehnte Asylbewerber und illegale Einwanderer wirksam außer Landes zu verweisen.

Sind Herkunftsländer an einer wirtschaftlichen und allgemeiner einer politischen Zusammenarbeit mit den Zielländern interessiert, können Verträge ausgehandelt werden, die beiden Seiten entgegenkommen. So kann zum Beispiel die Rücknahme der eigenen Staatsbürger und im Gegenzug die Gewährung von Geldern für die wirtschaftliche und technische Entwicklung, die Zusage von Visa-Kontingenten oder die Gewährung politischer Vorteile ausgehandelt werden.

Gerald Knaus, Gründer der Denkfabrik Europäische Stabilitätsinitiative, geht davon aus, dass allein schon die Existenz eines Rücknahmeabkommens die Migration und Flucht hemmt, da Menschen wissen, dass ihre Reise am Ende wieder im Herkunftsland enden kann. Als Beispiel führt er an, dass nach Abschluss einer Vereinbarung zwischen den USA und Kuba, bei der Kuba bessere Bedingungen für USA-Visa zugesprochen wurden, die Zahl der Bootsflüchtlinge, die in Richtung Florida in See stachen, drastisch gesunken sei, und zwar von über 30.000 im Jahr auf 500 im Jahr. Knaus betont, dass im Sinne einer EU-Migrationspolitik ähnliche Verhandlungen seitens der EU mit Ländern wie Nigeria, Senegal oder Gambia zu führen seien.[1]

Die deutsche Bundesregierung wies im Dezember 2018 darauf hin, dass die Bedeutung von Rückübernahmeabkommen nicht überhöht werden dürfe. Die völkerrechtliche Verpflichtung aller Staaten, ihre eigenen Staatsangehörigen zurückzunehmen, bestehende ohnehin. Der Erfolg von Rückführungsmaßnahmen hinge letztendlich von der Einhaltung und der praktischen Umsetzung solcher Vereinbarungen auf Arbeitsebene ab.[2]

Nationales

Innerhalb von Europa fielen etliche bilaterale Rückführungsabkommen durch das Schengener Abkommen und die Regelungen nach Dublin-Verordnung weg.

Auffällig sind die Unterschiede zwischen den Rückführungsabkommen zwischen Spanien und Italien. Während Spanien (vgl. Ceuta) über keine Rückführungsabkommen verfügt, kann Italien illegale Einwanderer wieder ausweisen, wenn kein Grund zum Asyl besteht.

2012 erklärte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass eine 2009 im Rahmen des damaligen Rückführungsabkommens mit Libyen erfolgte Rückführung der Flüchtlinge nach Tripolis die Europäische Menschenrechtskonvention verletzt hatte (Fall Hirsi).

Deutschland

Deutschland hat mit verschiedenen Ländern in Afrika oder auch in Asien Rückführungsabkommen vereinbart, unter anderem mit den Ländern Marokko und Algerien.[3] Rückführungsabkommen bestehen auch mit allen Staaten des Westbalkans (Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo[4], Mazedonien, Montenegro und Serbien).[5] Anfang August 2018 schloss Deutschland ein Rückführungsabkommen mit Spanien[6] und Mitte August 2018 mit Griechenland.[7]

EU-Rückübernahmeabkommen

EU-Rückübernahmeabkommen (EU-RÜA) verpflichten die Vertragsparteien zur Rückübernahme ihrer Staatsangehörigen sowie – unter bestimmten Bedingungen – von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen. Sie legen zudem Regeln für die Durchführung der Rückführung fest.

EU-RÜA wurden bisher mit folgenden Staaten getroffen: [8]

Drittstaat Inkrafttreten
Hongkong 1. März 2004
Macau 1. Juni 2004
Sri Lanka 1. Mai 2005
Albanien 1. Mai 2006
Russland 1. Juni 2007
Ukraine 1. Januar 2008
Mazedonien 1. Januar 2008
Bosnien und Herzegowina 1. Januar 2008
Montenegro 1. Januar 2008
Serbien 1. Januar 2008
Moldau 1. Januar 2008
Pakistan 1. Dezember 2010
Armenien 1. März 2011
Georgien 1. Januar 2014
Aserbaidschan 1. September 2014
Türkei 1. Oktober 2014
Kap Verde 1. Dezember 2014

EU-RÜA haben Vorrang vor bilateralen Abkommen. Bilaterale Abkommen gelten entsprechend nur, insoweit sie nicht im Widerspruch zu den EU-RÜA stehen und die EU-RÜA Regelungslücken lassen.

Im Entwurf der Abschlusserklärung des EU-Gipfels vom Oktober 2017 hieß es, „alle relevanten EU-Politiken, Instrumente und Werkzeuge“ seien als „Hebel“ für die Verhinderung illegaler Migration und die Rückführung irregulärer Migranten zu mobilisieren.[9] Umgekehrt haben Drittstaaten in Verhandlungen um EU-Rücknahmeübereinkommen Visaliberalisierungen und Tourismus- und Migrationsmöglichkeiten verlangt.[10] Es hat auch Überlegungen zu Sanktionen seitens der EU-Staaten gegeben, um Drittstaaten zu einer Zusammenarbeit zu bewegen.[11]

Literatur

  • Eberwein, Helgo/Pfleger, Eva: Fremdenrecht für Studium und Praxis, LexisNexis, Wien, 2011, ISBN 978-3-7007-5010-9

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gerald Knaus im Gespräch mit Martin Zagatta: „Ein Signal, sich gar nicht erst auf die Reise zu begeben“. In: Deutschlandfunk. 29. Juli 2017, abgerufen am 30. Juli 2018.
  2. "Drucksache19/6372", Seite 2 Deutscher Bundestag vom 11. Dezember 2018
  3. n-tv.de:Nach Übergriffen in Köln, Kabinett verschärft Ausweisungsrecht
  4. Sueddeutsche.de:Rückführungsabkommen mit dem Kosovo unterzeichnet, 14. April 2010
  5. Migrationsrecht.net: Stand der Rückübernahmenabkommen
  6. Deutsche Welle: Deutschland schließt Rückführungsabkommen mit Spanien
  7. Sueddeutsche.de: Deutschland und Griechenland einigen sich auf Rücknahmeabkommen, abgerufen am 25. August 2018.
  8. Return & readmission. Europäische Kommission, abgerufen am 1. Dezember 2018 (englisch).
  9. EU will mit Entwicklungspolitik Druck auf Entwicklungsländer ausüben. In: MiGAZIN. Abgerufen am 23. September 2018.
  10. Stand der Rücknahmeübereinkommen. In: migrationsrecht.net. Abgerufen am 23. September 2018.
  11. Florian Wolf: Rückübernahmeabkommen der Europäischen Union mit Drittstaaten, Universitätsverlag Halle-Wittenberg, 2008, ISBN 978-3-86977-183-0. Zusammenfassung.