RBS Be 4/10
RBS Be 4/10 (Worbla) | |
---|---|
Be 4/10 32 bei Vechigen
| |
Nummerierung: | 01–14 |
Anzahl: | 14 |
Hersteller: | Stadler Rail |
Baujahr(e): | 2018–2019 |
Achsformel: | Bo’2’2’2’Bo’ |
Spurweite: | 1000 mm (Meterspur) |
Länge über Kupplung: | 60,000 m |
Höhe: | 3980 mm |
Breite: | 2650 mm |
Drehgestellachsstand: | 2000 mm (Triebdrehg.) 2150 mm (Laufdrehg.) |
Dienstmasse: | 93,5 t (tara) |
Höchstgeschwindigkeit: | 100 km/h |
Kurzzeitleistung: | 1400 kW |
Anfahrzugkraft: | 120 kN |
Treibraddurchmesser: | 770 mm (neu) |
Laufraddurchmesser: | 770 mm (neu) |
Stromsystem: | 1250 V = |
Kupplungstyp: | GFV |
Sitzplätze: | 2. Klasse: 102 (+ 28 Klappsitze) |
Stehplätze: | 190 (3 Pers./m²) |
Fussbodenhöhe: | 400 mm (Niederflur) 1000 mm (Hochflur) |
Besonderheiten: | 800 kN Längsdruckkraft |
Die Be 4/10 des Regionalverkehrs Bern–Solothurn (RBS) sind vierteilige elektrische metro-ähnliche[1] Niederflur-Triebzüge mit dem Namen „Worbla“ des Herstellers Stadler für die Strecken Bern–Worblaufen und Bern–Unterzollikofen der S-Bahn Bern in der Schweiz.
Ausgangslage
Um die Be 4/8 „Mandarinli“ zu ersetzen, bestellte der RBS 14 speziell entwickelte Be 4/10. Die geringen Perronhöhen von 32 cm über der Schienenoberkante und die geforderte Zuglänge von 60,0 Metern schränkten die Konstrukteure stark ein. Eine Nachbeschaffung des RABe 4/12 „NExT“ war aus beschaffungsrechtlichen Gründen und wegen strenger gewordenen Zulassungsbedingungen nicht möglich. Die Längsdruckkraft auf den Wagenkasten beispielsweise ist inzwischen von 600 auf 800 kN gestiegen.
Um den Fahrplan einhalten zu können, stehen beim RBS für die Halte auf den Zwischenstationen nur 20 Sekunden zu Verfügung. In dieser Zeit müssen die Türen geöffnet und geschlossen werden und der Fahrgastwechsel stattfinden. Relevant für die Fahrgastwechsel ist der Anteil Reisender mit Rollkoffern, Kinderwagen und eingeschränkter Mobilität. Um bei der Innengestaltung der Züge Fehler zu vermeiden, wurden Videoauswertungen zum Fahrgastfluss durchgeführt. In den Vorgängerzügen werden die Einsteigsplattformen von Stehpassagieren genutzt und dienen als Abstellplatz für Kinderwagen und Gepäck. Die Stufen zwischen den Niederflur- und Hochflurabteilen behindern den Fahrgastwechsel zusätzlich.
Fahrzeugkonzept
Das Fahrzeugkonzept des RBS beruhte bisher auf dreiteiligen Zügen mit 20 Meter langen Wagenkästen, die sich auf zwei Drehgestelle abstützen. Jede Triebzugeinheit von 60 Metern Länge zählt sechs gleichmässig verteilte Doppeltüren pro Seite. Um die Haltezeiten trotz wachsender Nachfrage stabil zu halten, wurde ein neues Fahrzeugkonzept mit zusätzlichen Türen notwendig. Damit die Türen gleichmässig verteilt werden konnten, bestehen die 60 Meter langen „Worbla“ aus vier statt drei Wagenkästen, die auf Jakobs-Drehgestellen ruhen. Eine Studie des Ingenieurbüros Prose in Winterthur kam zum Schluss, dass bei einem Jakobs-Drehgestell mit 650 mm Raddurchmesser eine Durchgangshöhe von 590 mm über der Schienenoberkante möglich ist.
Mit Crowdsourcing klärte der RBS die Bedürfnisse der Fahrgäste ab. Die eingegangenen Ideen wurden vom RBS bewertet und anschliessend den Kunden in einem Online-Fragebogen unterbreitet. 40 Prozent der Befragten akzeptieren einen Stehplatz, wenn das Ein- und Aussteigen schneller geht.
Bei der Gestaltung des Innenraums wurde auf eine gute Zirkulation der Fahrgäste, einfache Orientierung und auf Transparenz geachtet. Der Grundaufbau der vier Wagenteile ist im Grundsatz gleich gestaltet. In jedem Wagen befindet sich im Niederflurbereich zwischen den beiden Türen ein Multifunktionsbereich für stehende und mobilitätsbehinderte Fahrgäste. Zusätzlich sind dort auf einer Seite in Längsrichtung Klappsitze angebracht und auf der anderen Seite sechs feste Sitze in Querbestuhlung. Die Hochflurbereich ist mit einer klassischen Vis-à-vis-Bestuhlung versehen. Die zusätzlichen Türen und die grossen Multifunktionsbereiche führen zu weniger Sitzplätzen. Wegen der kurzen durchschnittlichen Fahrzeit von fünf bis zehn Minuten verzichtet ein Viertel der Reisenden ohnehin auf einen Sitzplatz, wenn kein freies Abteil vorhanden ist.
Das Design der Be 4/6 beruht auf einfachen geometrischen Formen. Es unterscheidet sich bewusst von dem für die RegioExpress-Züge Bern–Solothurn entwickelten RABe 4/12 „NExT“. Die Rundungen im Dachbereich und die brillenartigen Frontscheiben sind den beiden vorangegangenen Triebfahrzeuggenerationen „Mandarinli“ und „Seconda“ angenähert.
Technik
Die von Stadler Bussnang konstruierten Be 4/6 erfüllen die Anforderungen der RBS grundsätzlich, aber bei der Wagenbodenhöhe und bei der Türverteilung mussten Kompromisse eingegangen werden. Im Unterschied zu den „NExT“ dürfen die Magnetschienenbremse an den Triebdrehgestellen bei der Bremskurvenberechnung der Zugsicherung ZSL-90 nicht mehr angerechnet werden. Das führte zu kräftig dimensionierten pneumatischen Scheibenbremsen und voluminösen Laufdrehgestellen. Dies und die Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h verhinderte, die Bereiche über den Jakobs-Drehgestellen mittelflurig auszugestalten. Sie befinden sich 1000 mm über der Schienenoberkante. Der grosse Höhenunterschied zwischen dem Nieder- und Hochflurbereich muss mit drei statt wie beim Be 4/12 „Seconda“ zwei Treppenstufen überwunden werden.
Die beiden Triebdrehgestelle befinden sich an den Enden der Fahrzeuge und sind eine Weiterentwicklung der RABe 4/12 „NExT“. Die Jakobs-Drehgestelle wurden hingegen neu entwickelt. Die Trieb- und Jakobslaufdrehgestelle verfügen über Luftfederung, die Räder sind zusätzlich zur Lärmreduktion gummigefedert. Die Wagenkästen sind wie beim „NExT“ in Aluminium-Hohlprofilbauweise erstellt. Ein Grossteil der technischen Ausrüstung mit Stromrichter, Drucklufterzeugung, Klimaanlagen und Fahrmotorkühlung ist auf dem Dach untergebracht. Die zweiläufigen Schwenkschiebetüren mit variabel ausfahrbaren Schiebetritten können mit einem Druckknopf oder mit einem oberhalb der Türen angebrachten Annäherungssensor geöffnet werden. Die Türzustände werden in den Ampelfarben Grün, Orange und Rot dargestellt. Ungewöhnlich bei einem Nahverkehrszug ist, dass der Boden mit schwarzem Teppich belegt ist.[2] Er verbessert das Raumgefühl und verringert den Geräuschpegel.[2]
Die Be 4/10 stellen in vielen Bereichen gegenüber ihren Vorgängerfahrzeugen keinen technischen Fortschritt dar.[3] Die strikter gewordenen Zulassungsvorschriften und das Beschaffungsrecht sind den Innovationen im Bau von Eisenbahnfahrzeugen nicht förderlich.[3]
Inbetriebnahme
Am 16. August 2018 wurde der Be 4/10 im Depot Worbboden der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Name „Worbla“ wurde in einer Publikumsabstimmung aus vier Vorschlägen ausgewählt. Der zweite Zug wurde auf der Innotrans in Berlin ausgestellt und kam im September 2018 zum RBS. Nachdem das Bundesamt für Verkehr (BAV) die Betriebsbewilligung ausstellte, hat der Be 4/10 02 auf der S7 nach Worb den Fahrgastbetrieb aufgenommen. Ein Problem gab es bei der Bedienung des Zuges. Für die Durchführung der Bremsprobe musste der Wendeschalter in Fahrstellung gebracht werden. Das ist in der Schweiz, wo bei jedem Halt die Nullstellung eingelegt wird, nicht praktikabel. Bis zu Behebung des Problems wurde zweimal täglich eine Hauptbremsprobe durchgeführt.
Nachdem 2019 alle 14 „Worbla“ abgeliefert worden waren, konnte der RBS auf die 40 Jahre alten Be 4/12 „Mandarinli“ verzichten.
Literatur
- Michael Ryf, Ulrich Reinert, Caspar Lösche: Neue metro-ähnliche Triebzüge für den Regionalverkehr Bern – Solothurn. In: Schweizer Eisenbahn-Revue (SER). Nr. 7/2017. Minirex, ISSN 1022-7113, S. 367–371.
- Mathias Rellstab: RBS feiert den Mandarinli-Nachfolger. In: Schweizer Eisenbahn-Revue. Nr. 10/2018, S. 561.
- Mathias Rellstab: Neuer RBS-Zug im Fahrgastbetrieb. In: Schweizer Eisenbahn-Revue. Nr. 2/2019, S. 66.
- Elektrischer Niederflurtriebzug, Datenblatt von Stadler (PDF, 1,7 MB)
Weblinks
- «Unsere Worbla», Auf der Webseite des RBS