Rabat-Prozess

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Der Rabat-Prozess (frz. Processus de Rabat, engl.: Rabat Process) ist ein zwischenstaatlicher Dialog- und Konsultationsrahmen, der 2006 von Frankreich, Marokko, Senegal und Spanien initiiert wurde, um einen Dialog zu Migration und Entwicklung zwischen den Staaten entlang der westafrikanischen Migrationsrouten zu schaffen.[1] Er bringt seitdem rund sechzig europäische Länder sowie Länder aus Nord-, West- und Zentralafrika, aber auch die Europäische Kommission und die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) zusammen, um die Herausforderungen im Zusammenhang mit der wachsenden Migration aus Afrika nach Europa zu bewältigen. Namensgebend ist die Hauptstadt des Königreichs Marokko, Rabat, in der am 10. und 11. Juli 2006 die Gründungskonferenz stattfand[2].

Der Rabat-Prozess folgt einem umfassenden Verständnis von Migration und befasst sich daher mit irregulärer Migration, legaler Migration, Migration und Entwicklung sowie Asyl und internationalem Schutz, so die Europäische Kommission, die den Dialog finanziell unterstützt[3].

Das Sekretariat des Dialogs wird vom International Centre for Migration Policy Development (ICMPD) gestellt[4]. Laut ICMPD ist der Ansatz eines Dialogs im Rahmen von regionalen und internationalen Partnerschaften, wie er diesem Prozess und auch dem Budapest-Prozess, dem Khartoum-Prozess und dem Mediterranean Transit Migration Dialogue zugrunde liege, wesentlich dafür, um in Kernfragen Konsens und Fortschritt zu erzielen.[5]

Konferenzen

Bisher fanden im Rahmen des Rabat-Prozesses fünf Ministerkonferenzen statt: 2006 in Marokko, 2008 in Frankreich, 2011 im Senegal, 2014 in Italien[6] und 2018 in Marrakesch. Bei letzterer wurden die Marrakesh Political Declaration and Action Plan über Maßnahmen zur Zusammenarbeit in fünf Bereichen verabschiedet.[7] (Sie darf nicht verwechselt werden mit der Ende Januar 2016 verabschiedeten „Marrakesch-Deklaration“ zur Zukunft des religiösen Miteinanders und zu den Rechten von religiösen Minderheiten.)

Ziele

Die zehn Aktionsziele, die auf der fünften Konferenz für den Zeitraum 2018 – 2020 von den anwesenden 27 europäischen und 28 afrikanischen Ländern beschlossen wurden, sind gemäß dem Schlussdokument die folgenden:

„1. Maximierung der positiven Wirkung von regulärer Migration für die Entwicklung („Maximising the positive impact of regular migration for development“);

2. Erzielung eines gemeinsamen Verständnisses der Ursachen von irregulärer Migration und Zwangsvertreibung in der Region des Rabat-Prozesses („Achieve a common understanding of the root causes of irregular migration and forced displacement in the Rabat Process region“);

3. Förderung der regulären Migration und Mobilität, insbesondere von jungen Menschen und Frauen, zwischen Europa und Nord-, West- und Zentralafrika und innerhalb dieser Regionen („Promote regular migration and mobility, especially of young people and women, between Europe and North, West and Central Africa, and within these regions“);

4. Förderung der Erleichterung der Verfahren zur Ausstellung von Visa („Encourage facilitation of visa issuing procedures“);

5. Maßnahmenförderung zur Stärkung des Schutzes von Flüchtlingen und anderer Vertriebenen („Promote measures aiming to strengthen the protection of refugees and other forcibly displaced persons“);

6. Förderung der Integration von Flüchtlingen und Vertriebenen in den Aufnahme-Gesellschaften („Promote the integration of refugees and forcibly displaced persons into host communities“);

7. Ausbau der Kapazitäten öffentlicher Einrichtungen mit Kompetenzen in den Bereichen integrierter Grenzverwaltung sowie Prävention und Bekämpfung von Menschenschmuggel und -handel („Build the capacities of public institutions with competency in the areas of integrated border management, and the prevention and fight against migrant smuggling and trafficking in human beings“);

8. Verbesserung des Schutzes von Migranten sowie von Personen, die internationalen Schutz benötigen, die geschmuggelt oder Opfer von Menschenhandel wurden („Improve the protection of migrants and persons in need of international protection who have been smuggled, and victims of trafficking in human beings“);

9. Stärkung der Kapazitäten von zuständigen Behörden, um Identifizierungsprozesse und die Ausstellung von Reisedokumenten zu verbessern und zu gewährleisten („Strengthen the capacities of the competent authorities in order to improve and ensure the identification processes and the issuing of travel documents“);

10. Förderung von Programmen, die eine sichere Rückkehr und nachhaltige Re-Integration von Migranten in voller Achtung ihrer Rechte und ihrer Würde gewährleisten („Encourage programmes that ensure the safe return and sustainable reintegration of migrants, in full respect of their rights and dignity“).“

Unterzeichnung

Ungarn hatte als einziges EU-Land sich geweigert, die Marrakesh Political Declaration zu unterschreiben, durch die die Vorteile von Einwanderung für die globale Entwicklung anerkannt werden. Die Erklärung stelle Migration als ein „notwendiges, positives Phänomen“ dar, begründete Außenminister Péter Szijjártó die ungarische Ablehnung. „Wir denken, dass das eine unausgewogene Herangehensweise ist und missbilligen sie“, erklärte Szijjarto dazu in Marrakesch.[8]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Rabat Process: A Decade of Dialoge on Migration and Development. (pdf) In: Rabat Prozess Website. Rabat-Prozess Sekretariat, 2015, abgerufen am 27. Juli 2022 (englisch).
  2. Multi-annual cooperation programmes. Abgerufen am 27. Juli 2022 (britisches Englisch).
  3. Africa. Abgerufen am 27. Juli 2022 (englisch).
  4. Migration Dialogues - ICMPD. Abgerufen am 27. Juli 2022 (englisch).
  5. Global Compact for Migration; An Agenda for tomorrow and beyond. ICMPD, November 2017, abgerufen am 24. Februar 2019 (englisch). S. 10.
  6. Rabat Process. In: www.icmpd.org. International Centre for Migration Policy Development, abgerufen am 22. Juli 2018 (englisch).
  7. Marrakesh Political Declaration and Action Plan. Abgerufen am 27. Juli 2022 (britisches Englisch).
  8. Zit. nach Ungarn will europäisch-afrikanische Erklärung zu Migration nicht ratifizieren, Die Zeit, 2. Mai 2018