Raffinerie Schwechat

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Raffinerie Schwechat (2014)

Die Raffinerie Schwechat ist eine Erdölraffinerie in Schwechat bei Wien und wird von der OMV betrieben. Sie ist die einzige Raffinerie in Österreich.[1]

Anlage

Die Raffinerie beschäftigt 700 Personen und erzeugt Benzin, Dieselkraftstoffe, Heizöl schwer, leicht und extraleicht und petrochemische Grundstoffe. Das erzeugte Kerosin wird über eine Pipeline direkt zum nahegelegenen Flughafen Wien-Schwechat gepumpt.[2] Sie zählt mit einem jährlichen Ausstoß von 2 824 369 t CO2-Äquivalenten (2018) zu den größten Verursachern von Treibhausgasen in Österreich.[3]

Sie hat einen jährlichen Durchsatz von 9,6 Millionen t Rohöl (Stand 2022). Sie kann den dreifachen Bedarf Österreichs an Ottokraftstoffen (1,5 Millionen t/a) decken, der mehr als vierfach höhere Dieselverbrauch (6,5 Millionen t/a) muss jedoch zu etwa 60 % (2021: 57,5 %[4]) durch Importe, hauptsächlich aus der Bundesrepublik Deutschland, ergänzt werden.[5]Leiter der Raffinerie ist Otmar Schneider.

Geschichte

Nach zweijähriger Bauzeit wurde 1938 wurde auf den Grundstücken einer ehemaligen Ziegelfabrik in Schwechat bei Wien durch die NOVA Öl- und Brennstoffgesellschaft AG eine für damalige Verhältnisse große Ölraffinerie in Betrieb genommen. Die Kosten der im Februar 1938 in Betrieb genommenen Raffinerie betrugen rund 3,5 Millionen Schilling. Zur Verarbeitung gelangte vor allem rumänisches Erdöl, welches auf der nahegelegenen Donau transportiert wurde und über einen eigenen Verladeterminal durch eine 1,5 Kilometer lange Pipeline in die Tanks der Raffinerie geleitet wurde. Nach dem Anschluss Österreichs wurde die Raffinerie kurzzeitig Teil der I.G. Farben und ging am 1. August 1939 an die Deutsche Erdöl AG.[6][7][8]

Die Anlagen wurden von der DEA großzügig erweitert, so wurden u. a. eine Top- und Crackanlage, eine Kraftstoffraffination, eine Redestillationsanlage, eine Verkokungsanlage sowie 12 Lagertanks und diverse Nebenanlagen errichtet. Ab Juni 1944 kam es zu schweren Luftangriffen auf die Industrie in und um Wien. Rund 4.000 Bomben wurden alleine im Bereich von Schwechat abgeworfen, davon trafen ca. 400 direkt die Raffinerie. Unter schwersten Bedingungen und durch Einsatz spezieller Reparaturtrupps konnte die Produktion zumindest in kleinerem Umfang stets wieder aufgenommen werden. Es wurden Treibstoffe sowie Schmiermittel für die Wehrmachtstruppen an der Ostfront erzeugt. Am 5. April 1945 wurde die Raffinerie vor den anrückenden Sowjettruppen geräumt.[8]

Nach Kriegsende wurde die Raffinerie von den sowjetischen Besatzungstruppen als Teil des USIA-Betriebes Sowjetische Mineralölverwaltung SMV wieder aktiviert und ausgebaut, zur Verarbeitung gelangte nun österreichisches Erdöl aus dem Weinviertel. Nach Abschluss des Staatsvertrages 1955 ging die Raffinerie in das Eigentum der Republik Österreich über, kurze Zeit später wurde die Österreichische Mineralölverwaltung (ÖMV), die Vorgängerin der OMV, gegründet. Am 22. April 1958 wurde der Grundstein für den Ausbau der neuen Raffinerie gelegt, diese konnte am 27. Juni 1961 eröffnet werden. In den folgenden Jahren wurde die Raffinerie mehrmals ausgebaut und modernisiert.[8][9]

Havarie 2022

Am 3. Juni 2022 kam es am Ende einer am 19. April begonnenen Wartung bei einer vor der Wiederinbetriebnahme erforderlichen Druckprüfung mit Wasser zu einer Havarie mit zwei leichtverletzten Arbeitern, als die Außenhaut einer Destillationskolonne im unteren Teil (im "Sumpf") riss.[10] Normalerweise werden täglich 24500 t Rohöl in dieser Kolonne verarbeitet. Da die beschädigte Hauptdestillationsanlage für längere Zeit auszufallen drohte, ordnete die Bundesregierung wenige Tage später die Freigabe einer ersten Tranche von insgesamt 168 000 t Diesel und Benzin aus der nationalen Treibstoffreserve an.[11] Im Juli gab sie weitere 145 000 t Diesel und Halbfabrikate,[12] im September nochmal 60 000 t Diesel frei.[13] Mit einer kleineren, eiligst optimierten Anlage können gut 20 % des normalen Ausstoßes an Treibstoffen hergestellt werden. Zudem organisierte die OMV Treibstoffe über alternative Versorgungswege, z. B. über die Donau und auch aus dem Ausland, so dass es in Österreich nur vereinzelt zu Treibstoffknappheit an Tankstellen kam. Anfang August wurden die finanziellen Folgen der größten Krise in der Geschichte der Raffinerie[12] auf 240 bis 250 Mio. Euro geschätzt und eine Wiederinbetriebnahme günstigstenfalls für Ende September oder Anfang Oktober erwartet.[14] Im Vergleich zum Gewinn der OMV im ersten Halbjahr 2022 in Höhe von 5,6 Mrd. Euro ist der Schaden jedoch gering.[10]

Weblinks

Commons: Raffinerie Schwechat – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Wiedner Hauptstraße 631045 WienTelefon+43 5 90 900 4892E-MailWebhttps://www oil-gas atDetaillierte Kontaktseite: Die österreichische Mineralölindustrie 2020. Abgerufen am 22. August 2022.
  2. Raffinerie Schwechat ist Kraftstoff-Quelle für Millionen Diesel-Pkw, IV Niederösterreich am 18. August 2017
  3. Verified emissions 2018. European Union emissions trading system (EU ETS). Abgerufen am 5. September 2021.
  4. wes: Jetzt kann es zu Diesel-Engpässen in Österreich kommen. Abgerufen am 7. September 2022.
  5. Guido Tiefenthaler, ORF.at: Mehr als Super: Warum Diesel so teuer ist – und bleibt. 29. März 2022, abgerufen am 15. August 2022.
  6. ANNO, Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 1936-04-28, Seite 13. Abgerufen am 22. August 2022.
  7. ANNO, Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 1938-02-19, Seite 12. Abgerufen am 22. August 2022.
  8. a b c Erdölraffinerie - Schwechat. Abgerufen am 22. August 2022.
  9. OMV: Raffinerie Schwechat, Geschichte, ohne Datum.
  10. a b OMV will im Herbst in Vollbetrieb sein. 3. August 2022, abgerufen am 16. September 2022.
  11. ORF at/Agenturen red: Unfall bei OMV: Staat gibt Treibstoffreserven frei. 4. Juni 2022, abgerufen am 4. Juni 2022.
  12. a b Salzburger Nachrichten: Regierung gibt weitere Ölreserven frei. 11. Juli 2022, abgerufen am 18. August 2022.
  13. Ist die Krise so groß? Gewessler gibt weitere 60.000 Tonnen Diesel aus Ölreserve frei | Exxpress. Abgerufen am 1. Oktober 2022 (österreichisches Deutsch).
  14. noe ORF at/Agenturen red: OMV: 240 Mio. Euro Schaden durch Raffinerieunfall. 28. Juli 2022, abgerufen am 15. August 2022.

Koordinaten: 48° 8′ 43,4″ N, 16° 29′ 53,9″ O