Reichweitenverlängerer

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Der Genset trailer von AC Propulsion, gebaut für den Sportwagenprototyp AC Tzero, ein Anhänger mit Tank, Honda-Motorradmotor, Generator

Als Reichweitenverlängerer (engl. Range Extender) werden zusätzliche Aggregate in einem Elektrofahrzeug bezeichnet, die die Reichweite des Fahrzeugs erhöhen. Die am häufigsten eingesetzten Range Extender sind Verbrennungsmotoren, die einen Generator antreiben, der wiederum Akkumulator (Akku) und Elektromotor mit Strom versorgt. Seltener sind zusätzliche Akkumulatoren, die etwa als Akku-Anhänger mitgeführt werden. Ebenso unüblich, aber im Angebot z. B. auf dem Dachgepäckträger[1], sind mit Wasserstoff oder Methanol betriebene Brennstoffzellen wie in Brennstoffzellenfahrzeugen, wobei der Nutzen durch den Mangel an Tankstellen eingeschränkt ist.

Problemstellung

Aufgrund begrenzter Akkukapazität erreichen Elektrofahrzeuge in der Regel keine so hohen Reichweiten wie Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor (ein Tesla Model S bewältigt bspw. maximal 500 km; Stand im Jahr 2016). Beim Elektroauto kommt erschwerend hinzu, dass das Fahrzeug erst nach längerer Aufladezeit wieder einsatzbereit ist (an Schnellladesäulen sind meist 80 % Aufladung in ca. 30 min möglich, an schwächer angebundenen Säulen sind mitunter mehrere Stunden notwendig; im Vergleich zum schnelleren Tankvorgang von etwa 3–5 min bei konventionellen Fahrzeugen). Mit einem Range Extender wird die Zeit verlängert, in der das Fahrzeug kontinuierlich genutzt werden kann (also die Zeit zwischen Auflade- oder Tankzyklen), und damit die Reichweite erhöht. Zusätzlich kann ein Verbrenner-Reichweitenverlängerer an der Tankstelle konventionell schnell nachgetankt werden.

Range Extender sind somit ein Gegenmittel zur sogenannten Reichweitenangst, der Angst des Fahrers davor, dass die Reichweite seines Fahrzeugs nicht ausreichen könnte.

Einordnung

Der Einsatz eines Verbrennungsmotor-Generator-Systems als Range Extender führt zu einem seriellen Hybridantrieb. In dieser Konstellation wird die mechanische Energie des Verbrennungsmotors nicht direkt genutzt, sondern erst in elektrische und dann wieder in mechanische Energie gewandelt. Hierbei treten Wirkungsgradverluste auf, jedoch kann der Verbrennungsmotor in seinem optimalen Arbeitspunkt betrieben werden, und ein Getriebe entfällt. Ähnliches gilt auch beim Einsatz einer Brennstoffzelle.

Bei einem Fahrzeug mit parallelem Hybridantrieb liefert der Verbrennungsmotor auch Vorschub; dieser Aufbau wird meist nicht als „Elektroantrieb mit Range Extender“ bezeichnet, sondern als Hybridantrieb. Eine Mischform ist das leistungsverzweigende Hybridsystem, das sowohl als serieller Hybrid arbeiten kann, als auch den Verbrennungsmotor mechanisch zum Vortrieb anbinden kann. Ist das Fahrzeug ein Plug-in-Hybrid, so kann der Akku zusätzlich über das Stromnetz aufgeladen werden. Andernfalls wird sämtliche zum Antrieb verwendete Energie vom Verbrennungsmotor aufgebracht – der Elektromotor und der Akku dienen nur als Puffersystem (z. B. zur Bremskraftrückgewinnung). Emissionsfreier Betrieb ist dann nicht möglich und die Systeme werden als Hybridantrieb, jedoch nicht als Range Extender bezeichnet.

Fahrzeuge mit Range Extender

Aktuelle Serienfahrzeuge

Derzeit (Stand 2021) hat in Europa kein PKW-Hersteller Fahrzeuge mit Range Extender im Programm, nur von Ford gibt es aus der Nutzfahrzeug Sparte den Ford Transit bzw. Tourneo Custom als PHEV mit einem Range Extender[2]. In China sind Li Xiang One und Voyah Free erhältlich.

Kleinserie

Das Unternehmen Gumpert Aiways Automobile bietet ab 2021 den RG Nathalie an, welcher mit einer Methanol Brennstoffzelle ausgerüstet ist.

Ehemalige Serienfahrzeuge

Der BMW i3 war eines der ersten Elektrofahrzeuge, die optional mit einem Range Extender lieferbar waren. Als solcher dient ein Zweizylinder-Reihenmotor. Der gleiche Motor wird in einer leistungsstärkeren Version bereits seit 2012 in den Motorrollern BMW C 650 GT und BMW C 600 Sport verwendet. Bei Bedarf lädt der Range Extender über einen Generator den Akkumulator und verlängert mit seinem 9-Liter-Tank die Reichweite um etwa 120–150 km. Der Range Extender kann manuell gestartet werden oder er springt automatisch an, wenn der Ladezustand des Akkumulators eine bestimmte Schwelle unterschritten hat. Das System dient der Reichweitenverlängerung und dem Erhalt der Mobilität. Das System ist dabei explizit nicht als Ersatz für das Laden des Akkumulators an einer Stromtankstelle vorgesehen und dient nur der Ladungserhaltung. Der Range Extender ist eine Sonderausstattung und mit 28 kW deutlich weniger leistungsstark als die 125 kW des Elektromotors (Modellreihe von 2013).

Der Opel Ampera, baugleich mit dem Chevrolet Volt, wird teils als Elektrofahrzeug mit Range Extender[3], teils als Plug-in-Hybrid bezeichnet. Er kann im reinen Elektrobetrieb bis zur Höchstgeschwindigkeit gefahren werden, hat dabei aber eine sehr eingeschränkte Reichweite von bis ca. 60 km. Der Vierzylinder-Ottomotor mit 1,4 l Hubraum stellt optional elektrische Leistung für Fahrt und Batterie-Laden zur Verfügung (serieller Betrieb), bei höheren Geschwindigkeiten wird er bei aktiviertem Range-Extender-Betrieb mechanisch mit an den Antriebsstrang gekoppelt (paralleler Betrieb). Details hierzu sind unter Voltec-Antrieb beschrieben.

Ankündigungen

Mazda plant in der ersten Jahreshälfte 2022 den MX-30 mit einem Wankelmotor-Range-Extender anzubieten.[4]

Prototypen

  • Die österreichische Firma Obrist[1] hat ein Tesla Model 3 mit einem Range-Extender ausgestattet. Dabei wurde die original 50 kWh Batterie durch eine kleinere mit 17,3 kWh ersetzt welche über einen Zweizylinder-Benzinmotor mit 40 kW und einem Liter Hubraum geladen wird.[5]
Einzylinder-Verbrennungsmotor mit Generator von swissauto als Range Extender für ein Hybridfahrzeug; auf der IAA 2011 präsentiert
  • Der Automobilzulieferer KSPG betreibt einen gemeinsam mit der FEV GmbH entwickelten Range Extender für Elektrofahrzeuge im Versuchsbetrieb. Der Versuchsträger hat als Basis einen FIAT 500. Um eine möglichst geringe Geräusch- und Vibrationsentwicklung zu erreichen, wird eine Schwingungskompensation verwendet. Das Aggregat besteht aus einem Zweizylinder-Ottomotor in V-Anordnung, alle Komponenten sind bis auf den Kraftstofftank und den Kühler als einbaufertiges Modul vormontiert.[6]
  • Die FEV (eine Entwicklungsgesellschaft in Aachen) baut in ihren FIAT-500-basierten Elektrofahrzeugprototyp seit 2008 ein Range-Extender-Modul ein, das 20 kW elektrische Leistung erzeugen kann und somit während der Fahrt die Reichweite erweitert, allerdings bei reduzierter Höchstgeschwindigkeit. Aus akustischen und bauraumspezifischen Gründen kommt hierfür ein Wankelmotor zum Einsatz.[7]
  • Bei der Studie Jaguar C-X75 aus dem Jahr 2010 dienen Mikrogasturbinen im hinteren Teil des Fahrzeugs zur Stromproduktion.
  • Auch Audi setzte im 2012 angekündigten A1 E-Tron auf einen Wankelmotor als Reichweitenverlängerer.[8] Seine Markteinführung wurde jedoch auf unbestimmte Zeit verschoben.
  • MAHLE Powertrain hat einen kompakten, flexiblen und zugleich kostenoptimierten Range Extender entwickelt, welcher eine Maximalleistung von bis zu 30 kW bringt. Dieser wurde bereits erfolgreich in ein Audi A1 Demonstrations-Fahrzeug verbaut.[9][10][11]

Antriebstausch-Konzepte statt Reichweitenverlängerung

  • Beim Prototyp Opel Twin (1992) ließ sich das ganze Elektroantriebsmodul gegen ein herkömmliches Antriebsmodul mit Verbrennungsmotor austauschen.
  • Ein anderes Konzept, den Verbrennungsmotor zur Reichweitenverlängerung nicht immer mittransportieren zu müssen, verfolgte die Mindset AG, die den Verbrennungsmotor leicht ausbaubar machen wollte. Die Entwicklung wurde jedoch 2009 weitgehend eingestellt.[12][13][14]

Konzepte für elektrische Antriebe mit großen Reichweiten, die ohne Verbrennungsmotor auskommen

  • Die Firma Better Place strebte beginnend in Israel und Dänemark den Ausbau einer Austauschinfrastruktur für Akkumulatoren an. Dafür hat Renault einige Fahrzeuge bis zur Serienreife entwickelt und vertrieben. Im Mai 2013 hat das Unternehmen in Israel jedoch einen Insolvenzantrag gestellt, um eine geordnete Abwicklung einzuleiten, nachdem vorher letzte Finanzierungsgespräche gescheitert waren.
  • Eine relativ hohe elektrische Reichweite durch eine große Traktionsbatterie an Bord des Autos und Schnelladesäulen an Stromtankstellen speziell auch an den Hauptverkehrsrouten sollen die Einsatzszenarien und Notwendigkeit eines Range Extenders verringern.

Literatur

  • Kapitel 1.2. Range Extender. In: Helmut Tschöke (Hrsg.): Die Elektrifizierung des Antriebsstrangs. Springer Vieweg, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-658-04643-9, S. 9–17

Einzelnachweise

  1. Cora Werwitzke: Brennstoffzellen-Range-Extender für Nissan e-NV200. In: electrive.net. 24. August 2017, abgerufen am 2. März 2019.
  2. Christian Becker: Ford Tourneo PHEV: Wie fährt der E-Bus mit Range-Extender? 28. September 2019, abgerufen am 19. Juli 2021.
  3. Roland Matthé, Ulrich Eberle: The Voltec system-Energy storage and electric propulsion: Abstract. In: Lithium-Ion Batteries: Advances and Applications. 9. Januar 2014, S. 151–176, abgerufen am 2. März 2019 (englisch).
  4. Mazda MX-30 ab 2022 auch mit Wankel-REX. Abgerufen am 24. April 2021.
  5. Dieses Tesla Model 3 fährt mit Benzin. Abgerufen am 1. Mai 2021.
  6. Zeitschrift Metall, Ausgabe September 2013.
  7. Elektrofahrzeugentwicklung: Plug-In mit und ohne Range-Extender. (pdf, 943 kB) In: FEV-Spectrum 39. Dezember 2008, S. 3, abgerufen am 2. März 2019.
  8. Tom Grünweg: Audi A1 E-Tron: Wankelmut im Elektroauto. In: Spiegel Online. 11. November 2010, abgerufen am 2. März 2019.
  9. Richard Backhaus: Mahle bringt Range-Extender-Prototyp auf die Straße. In: ATZ online. 21. Juni 2012, archiviert vom Original am 24. Juni 2012; abgerufen am 2. März 2019.
  10. Mahle Range Extender. In: MAHLE.com. Archiviert vom Original am 28. Januar 2013; abgerufen am 2. März 2019.
  11. Mahle Range Extender Vehicle. In: MAHLE-Powertrain.com. Archiviert vom Original am 13. Oktober 2013; abgerufen am 2. März 2019 (englisch, zu ihren Hybrid-Auto-Ambitionen).
  12. Halbjahresbericht 2009. (pdf) (Nicht mehr online verfügbar.) Spirt Avert AG, 22. September 2009, ehemals im Original; abgerufen am 2. März 2019 (insb. S. 8, Kapitel „Fortführung“).@1@2Vorlage:Toter Link/www.spirtavert.com (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
  13. Ueli Kneubühler: Geldnöte: Machtkämpfe erschüttern Mindset. In: Zisch Neue Luzerner Zeitung online. 16. Februar 2010, archiviert vom Original am 21. Februar 2010; abgerufen am 10. Mai 2015.
  14. Elektroautos: Mindset schreibt tiefrote Zahlen. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Luzerner Zeitung. 1. April 2010, ehemals im Original; abgerufen am 2. März 2019.@1@2Vorlage:Toter Link/www.zisch.ch (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)