Rauischholzhausen
Rauischholzhausen Gemeinde Ebsdorfergrund Koordinaten: 50° 45′ 35″ N, 8° 53′ 4″ O
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Höhe: | 235 m ü. NHN |
Fläche: | 8,79 km²[1] |
Einwohner: | 1026 (Mai 2011)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 117 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 1. Juli 1974 |
Postleitzahl: | 35085 |
Vorwahl: | 06424 |
Dorfansicht
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Rauischholzhausen ist ein Ortsteil der Gemeinde Ebsdorfergrund im mittelhessischen Landkreis Marburg-Biedenkopf.
Geographie
Rauischholzhausen liegt an der südlichen Nahtstelle des Amöneburger Beckens zum Vorderen Vogelsberg auf einer Talsohlenhöhe von etwa 220 m ü. NHN. Das Nachbardorf Roßdorf (Stadt Amöneburg) ist nur gut einen Kilometer nordöstlich entfernt, zum Ebsdorfergrund-Ortsteil Wittelsberg sind es etwa zwei Kilometer in westliche Richtung.
Der Ort wird vom aus Süden kommenden und in Richtung Roßdorf abfließenden Rülfbach durchflossen und wird somit als einziger Ortsteil der Großgemeinde zur Ohm und nicht zur Zwester Ohm entwässert.
Ein eigenes Segment im Südwesten des alten Dorfes nimmt der Rauische Hof der alten Dorfherrenfamilie Rau von Holzhausen ein, der heute von der Justus-Liebig-Universität Gießen bewirtschaftet wird. Das spätgotische (erste Hälfte des 16. Jahrhunderts) Herrenhaus mit den markanten, für seine Zeit typischen Türmchen gilt als Wahrzeichen des Ortes.
Am Ortsrand befinden sich Schlosspark und Schloss Rauischholzhausen, errichtet nach 1873 von Ferdinand Eduard von Stumm und heute ebenfalls durch die Uni Gießen bewirtschaftet, sowie wenige Überreste der mittelalterlichen Siedlung Breydenborn.
Am westlichen Ortsrand steht die 1880/81 erbaute evangelische Kirche, umgeben von einem Friedhof. Die zuvor im Ort befindliche Kirche wurde abgerissen.
In unmittelbarer Nähe des Dorfes liegt ein jüdischer Friedhof mit Grabmalen aus dem 19./20. Jahrhundert. Er diente als gemeinsamer Begräbnisplatz der jüdischen Gemeinden von Ebsdorf, Leidenhofen, Mardorf, Rauischholzhausen, Roßdorf, Schweinsberg und Wittelsberg.[3] Bekanntere Persönlichkeiten der nicht mehr existenten jüdischen Gemeinde von Rauischholzhausen waren Isaak Rülf, Gutmann Rülf und Schlomo Friedrich Rülf.
Geschichte
Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Rauischholzhausen erfolgte unter dem Namen Holzhusen in einer Urkunde der Reichsabtei Fulda wird in die Zeit 750–779 datiert.[1]
Zur Unterscheidung von den zahlreichen anderen Holzhausen-Orten wurde im Jahre 1934[1] der Name der ortsadeligen Familie Rau von Holzhausen vorangestellt.
Zum 1. Juli 1974 wurden im Zuge der Gebietsreform in Hessen die vorher selbständigen Gemeinden Ebsdorfergrund, Beltershausen, Ebsdorf, Hachborn, Ilschhausen, Leidenhofen und Rauischholzhausen kraft Landesgesetz zur neuen Großgemeinde Ebsdorfergrund zusammengeschlossen.[4][5] Für alle ehemals eigenständigen Gemeinden von Ebsdorfergrund wurden Ortsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[6]
Territorialgeschichte und Verwaltung im Überblick
Die folgende Liste zeigt im Überblick die Territorien, in denen Rauischholzhausen lag, bzw. die Verwaltungseinheiten, denen es unterstand:[1][7]
- vor 1803: Heiliges Römisches Reich, Kurmainz[8] (Strittig zwischen Kurmainz und Hessen)
- ab 1803: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Kassel, Fürstentum Fritzlar, Amt Amöneburg
- ab 1806: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Fürstentum Fritzlar, Amt Amöneburg
- 1807–1813: Königreich Westphalen, Departement der Werra, Distrikt Marburg, Kanton Amöneburg
- ab 1815: Kurfürstentum Hessen, Fürstentum Fritzlar, Amt Amöneburg[9]
- ab 1821: Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Kirchhain[10]
- ab 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Marburg
- ab 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Oberhessen, Kreis Kirchhain
- ab 1866: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Kirchhain
- ab 1871: Deutsches Reich, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Kirchhain
- ab 1918: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Kirchhain
- ab 1932: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1944: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Kurhessen, Landkreis Marburg
- ab 1945: Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg
- ab 1974: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Marburg-Biedenkopf
- ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Landkreis Marburg-Biedenkopf
Gerichte seit 1821
Mit Edikt vom 29. Juni 1821 wurden in Kurhessen Verwaltung und Justiz getrennt. Für Rauischholzhausen wurde der Kreis Kirchhain für die Verwaltung und das Justizamt Kirchhain als Gericht in erster Instanz zuständig.[11] Nach der Annexion Kurhessens durch Preußen erfolgte am 1. September 1867 die Umbenennung des bisherigen Justizamtes in Amtsgericht Kirchhain.[12][13] Auch mit dem in Kraft treten des Gerichtsverfassungsgesetzes von 1879 blieb das Amtsgericht unter seinem Namen bestehen.
Bevölkerung
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Rauischholzhausen 1026 Einwohner. Darunter waren 15 (1,5 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 195 Einwohner unter 18 Jahren, 402 zwischen 18 und 49, 225 zwischen 50 und 64 und 204 Einwohner waren älter.[2] Die Einwohner lebten in 432 Haushalten. Davon waren 102 Singlehaushalte, 126 Paare ohne Kinder und 147 Paare mit Kindern, sowie 42 Alleinerziehende und 12 Wohngemeinschaften. In 84 Haushalten lebten ausschließlich Senioren/-innen und in 258 Haushaltungen leben keine Senioren/-innen.[2]
Einwohnerzahlen
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1577: | 39 Hausgesesse |
• 1747: | 59 Haushalte |
• 1749: | 2 adlige Burgsitze, 56 kontribuable Häuer, 5 Mühlen; zusammen 419 Einwohner. |
• 1838: | 634 Einwohner (Familien: 46 nutzungsberechtigte, 39 nicht nutzungsberechtigte Ortsbürger, 36 Beisassen). |
Rauischholzhausen: Einwohnerzahlen von 1749 bis 2011 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1749 | 419 | |||
1800 | ? | |||
1834 | 580 | |||
1840 | 592 | |||
1846 | 631 | |||
1852 | 653 | |||
1858 | 651 | |||
1864 | 691 | |||
1871 | 626 | |||
1875 | 681 | |||
1885 | 615 | |||
1895 | 683 | |||
1905 | 702 | |||
1910 | 710 | |||
1925 | 682 | |||
1939 | 722 | |||
1946 | 1.052 | |||
1950 | 1.095 | |||
1956 | 964 | |||
1961 | 946 | |||
1967 | 1.054 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 1.026 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: LAGIS[1]; Zensus 2011[2] |
Historische Religionszugehörigkeit
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1830: | 466 evangelische 24 jüdische Einwohner |
• 1861: | 573 evangelisch-lutherische, 2 evangelisch-reformierte, 78 jüdische Einwohner, ein Mitglied abweichender Sekten. |
• 1961: | 852 evangelische (= 90,06 %), 83 katholische (= 8,77 %) Einwohner |
Erwerbstätigkeit
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1725: | zwei Ziegler genannt |
• 1749. | Erwerbspersonen: 22 Leineweber, ein Wollweber mit zwei Gesellen, 6 Schneider, drei Schuhmacher, drei Stellmacher, zwei Schmiede, ein Küfer, ein Drechsler, zwei Maurer, 5 Müller, ein Barbier, ein Schlachter, ein Schreiner, ein Branntweinbrenner, ein Mühlenarzt, 8 Tagelöhner und -innen, 6 Juden. |
• 1838: | Familie: 26 Ackerbau, 39 Gewerbe, 54 Tagelöhner. |
• 1961: | Erwerbspersonen: 158 Land- und Forstwirtschaft, 199 Produzierendes Gewerbe, 31 Handel und Verkehr, 83 Dienstleistungen und Sonstiges. |
Söhne und Töchter des Ortes
- Franz Carl Ernst Wilhelm Rau von Holzhausen (1775–1830), deutscher Oberforstmeister und Abgeordneter
Literatur
- Annamaria Junge: „Niemand mehr da“. Antisemitische Ausgrenzung und Verfolgung in Rauischholzhausen 1933–1942. Jonas Verlag, Marburg 2012, ISBN 978-3-89445-462-3.
- Franz Kaiser: Rauisch-Holzhausen, das ehemals freie Reichsdorf. E. Mauersberger, Marburg 1975, DNB 750881887
- Literatur über Rauischholzhausen nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie
- Suche nach Rauischholzhausen In: Archivportal-D der Deutschen Digitalen Bibliothek
Weblinks
- Ortsteil Rauischholzhausen. In: Internetauftritt. Gemeinde Ebsdorfergrund
- Rauischholzhausen, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Historische Fotos aus Rauischholzhausen. In: Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg.
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g h Rauischholzhausen, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 2. Mai 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- ↑ a b c d Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,0 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 26 und 66 .
- ↑ Gemeinde Ebsdorfergrund Kreis Marburg-Biedenkopf, Jüdischer Friedhof bei www.alemannia-judaica.de
- ↑ Gesetz zur Neugliederung der Landkreise Biedenkopf und Marburg und der Stadt Marburg (Lahn) (GVBl. II 330-27) vom 12. März 1974. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 9, S. 154, § 13 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,0 MB]).
- ↑ Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 403.
- ↑ Ortsbeiräte. In: Webauftritt. Gemeinde Ebsdorfergrund, abgerufen im Juli 2021.
- ↑ Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: treemagic.org.
- ↑ Georg Landau: Beschreibung des kurfürstenthums Hessen. T. Fischer, Kassel 1842, S. 424 (online bei HathiTrust’s digital library).
- ↑ Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 128 f. (online bei Google Books).
- ↑ Trennung von Justiz (Justizamt Kirchhain) und Verwaltung: Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 74.
- ↑ Neueste Kunde von Meklenburg/ Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und den freien Städten, aus den besten Quellen bearbeitet. im Verlage des G. H. G. privil. Landes-Industrie-Comptouts, Weimar 1823, S. 158 ff. (online bei HathiTrust’s digital library).
- ↑ Verordnung über die Gerichtsverfassung in vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf vom 19. Juni 1867. (PrGS 1867, S. 1085–1094)
- ↑ Verfügung vom 7. August 1867, betreffend die Einrichtung der nach der Allerhöchsten Verordnung vom 19. Juni d. J. in dem vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf, zu bildenden Gerichte (Pr. JMBl. S. 221–224 )