Vermisstenfall Rebecca Reusch

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Der Vermisstenfall Rebecca Reusch behandelt das Verschwinden der damals 15-jährigen Schülerin Rebecca „Becci“ Reusch (* 21. September 2003)[1] aus Berlin-Rudow[2] im Berliner Bezirk Neukölln am 18. Februar 2019.

Die Ermittler gehen inzwischen von einem Tötungsdelikt aus.[3] Eine Leiche wurde bislang jedoch nicht gefunden.

Chronologie

Den Abend des 17. Februar 2019 verbrachte Rebecca Reusch bei ihrer älteren Schwester Jessica in Berlin-Britz. Von dort wollte sie am Montagmorgen direkt zur Schule aufbrechen. Mit im Haus wohnte neben Jessicas kleiner Tochter auch ihr Mann Florian, der an diesem Abend geschäftlich auf einer Feier war und erst in den frühen Morgenstunden nach Hause kam. Rebecca verbrachte die Nacht auf dem Sofa im Wohnzimmer, Jessica schlief im Schlafzimmer im ersten Stock. Am Morgen des 18. Februar verließ Jessica mit ihrer Tochter gegen 7:00 Uhr das Haus, um zur Arbeit zu fahren.[3] Sie gibt an, am Morgen nicht noch einmal nach Rebecca gesehen zu haben.[4]

Eine Freundin von Rebecca sagte aus, am Morgen des 18. Februar ein Snapchat-Foto von Rebecca erhalten zu haben. Auf diesem soll sie einen Kapuzenpullover der Band BTS, eine rosa Plüschjacke, zerrissene Jeans und schwarze Sneaker getragen und in einem Flur gestanden haben.[4] Ermittlungen ergaben, dass Rebeccas Handy sich zuletzt um 7:46 in das WLAN ihrer Schwester eingeloggt hatte. Das Foto müsste demnach zwischen 7:00 und 7:46 Uhr entstanden sein. Da Snapchat-Fotos nach dem Öffnen jedoch automatisch gelöscht werden, ist der genaue Aufnahmezeitpunkt unbekannt.[3]

Um 7:15 Uhr versuchte Rebeccas Mutter Brigitte Reusch ihre Tochter anzurufen, erreichte aber nur die Mailbox. Um 8:25 Uhr rief Brigitte Reusch erneut bei ihrer Tochter an, erreichte aber auch hier nur die Mailbox. Als sie daraufhin Florian anrief, drückte dieser sie weg. Einen Rückruf von Florian kurze Zeit später verpasste Rebeccas Mutter, rief dann aber nochmal an. Am Telefon teilte ihr Schwiegersohn ihr mit, dass Rebecca nicht mehr im Haus sei.[4] Um 8:42 Uhr schrieb Brigitte Reusch Rebecca dann eine WhatsApp-Nachricht. Diese wurde zugestellt, jedoch nicht mehr gelesen.[5]

Zu Schulbeginn erschien Rebecca nicht zum Unterricht. Als sie auch am Nachmittag nicht auftauchte, meldeten Rebeccas Eltern ihre Tochter als vermisst.[3]

Auch einige persönliche Gegenstände von Rebecca schienen verschwunden zu sein, darunter die Kleidungsstücke, die sie auf dem Snapchat-Foto am Morgen trug, ihr Schulrucksack, eine Tasche, ihr Geldbeutel, ihr Handy und eine rosafarbene Polaroid-Kamera. Außerdem fehlte eine lilafarbene Decke aus dem Haushalt von Jessica und Florian.[4]

Ermittlungen

Der Schwager

Rebeccas Schwager Florian rückte früh in den Fokus der Ermittlungen, da er der Einzige war, der nachweislich am Morgen noch mit Rebecca im Haus war. Auch widersprechen seine Aussagen teilweise den Ermittlungsergebnissen der Polizei. So gab er an, am Morgen geschlafen zu haben, obwohl nachgewiesen werden konnte, dass er im Internet unterwegs war.[4]

Im Rahmen der Ermittlungen wurden auch die Kennzeichen-Erkennungs-Systeme an Autobahnen in der Umgebung ausgewertet. Hierauf ist zu sehen, wie Florian sowohl am Vormittag des 18. Februar als auch am späten Abend des 19. Februar auf der A12 Richtung Frankfurt (Oder) fuhr.[3] Die Autobahn führt weiter nach Polen. Zum Grund seiner Fahrten machte er keine Angaben. Für Spekulationen sorgte Rebeccas Vater Bernd Reusch, als er in einem Interview zu diesen Aufsehen erregenden Fahrten seines Schwiegersohns Stellung nahm. „Die ganze Nummer hängt mit einer anderen Sache zusammen, die ich aber nicht sagen darf“, gab er gegenüber RTL an.[6] In den Medien wurde daraufhin vielfach spekuliert, ob die Fahrten nach Polen mit Drogengeschäften in Verbindung zu bringen seien. Auch Aussagen von Florians Schwester in einem Interview deuteten darauf hin,[4] Belege dafür gibt es jedoch keine.[7]

Florian wurde im Februar und März 2019 zweimal festgenommen, jedoch beide Male nach kurzer Zeit aus Mangel an Beweisen wieder freigelassen.[3]

Ein Zeuge gab an, am 18. Februar einen himbeerroten Renault Twingo, wie ihn Florian und Jessica besaßen, in einem Waldstück nahe Kummersdorf an der A12 gesehen zu haben. Die Aussage von Reiterinnen, die dort gegen Mittag einen auffälligen Mann gesehen hatten, stützte diese Angabe.[8] Das Waldstück wurde daraufhin durchsucht, es konnten jedoch keine relevanten Spuren gefunden werden. Weitere Wälder und Seen im Umkreis der A12 wurden im März und April 2019 intensiv durchsucht, doch auch hier konnten keine weiteren Hinweise auf Rebeccas Verbleib gefunden werden.[3]

Die Ermittler gehen fest davon aus, dass Rebecca das Haus ihrer Schwester nicht mehr lebend verlassen hat.[8][9] Ihr Schwager Florian gilt als Hauptverdächtiger, genügend Beweise für seine Schuld gibt es jedoch nicht.

Internetbekanntschaft

Ein weiterer Verdacht fiel auf eine Internetbekanntschaft mit dem Namen Max, einem Jungen in Rebeccas Alter.[10] Es wurde vermutet, dass Rebecca sich am 18. Februar heimlich mit ihm getroffen haben könnte. Der Verdacht gegen ihn erhärtete sich kurzzeitig, da er kurz nach Bekanntwerden des Falles seine Social-Media-Profile löschte. Die Polizei ging der Spur nach, konnte Max jedoch schlussendlich als Verdächtigen ausschließen.[11]

Weitere Hinweise

Eine Nachbarin von Jessica sagte aus, Rebecca sei ihr am späten Vormittag des 18. Februar auf der Straße entgegengekommen. Sie habe sich gewundert, da das Mädchen eine Decke dabei gehabt habe, obwohl es am Tag zuvor geregnet habe und der Boden noch feucht und daher nicht für ein Picknick oder ähnliches geeignet gewesen wäre. Bei ihrer Begegnung hätte Rebecca ein grimmiges Gesicht gemacht. Die Wetteraufzeichnungen vom 17. Februar widersprechen dieser Aussage, da es an diesem Tag völlig trocken gewesen sei, so ein Meteorologe der Berliner Wetterkarte e.V.[4]

Zeuginnen gaben an, Rebecca noch im Laufe des 18. Februar an einer Bushaltestelle in der Nähe sowie in einem Bus der Linie 171 gesehen zu haben. Nach Auswertung der Überwachungskameras konnten diese Aussagen jedoch nicht bestätigt werden.[12]

Ein Zeuge berichtete außerdem, Rebecca Reusch am 4. April 2019 in Krakau gesehen zu haben.[13]

Mediale Aufmerksamkeit

Der Fall stieß in Deutschland auf ein großes Medienecho und löste eine Vielzahl an Spekulationen aus.

Am 6. März 2019 wurde der Fall in der Sendung Aktenzeichen XY … ungelöst vorgestellt. Dort wurden auch Fotos von Rebeccas Schwager Florian gezeigt.[3]

Die Journalistinnen Miriam Arndts und Lena Niethammer veröffentlichten von Ende 2020 bis Anfang 2021 einen mehrteiligen Podcast mit dem Namen Im Dunkeln – Der Fall Rebecca Reusch, in dem sie weitere Zeugen zu Wort kommen ließen und verschiedenen Spuren noch einmal investigativ nachgingen.

Am 2. Dezember 2021 lief auf dem Sender RTL eine zweistündige Dokumentation RTL Extra Spezial über den Fall Rebecca Reusch.

Kritik an den Ermittlungen

  • Das in den ersten Tagen nach dem Verschwinden von den Behörden veröffentlichte Fahndungsfoto von Rebecca wurde vielfach kritisiert, da das Mädchen aufgrund verwendeter Filter auf dem Bild nur schlecht zu erkennen sei. Auch Rebeccas Mutter erklärte in einem Interview, dass dieses Foto ihrer Tochter wenig ähnlich sähe, sie zu Beginn der Fahndung jedoch kein aktuelles Foto von Rebecca zur Hand gehabt hätte, woraufhin die Polizei ein Foto von Rebeccas Instagram-Account verwendete.[14]
  • Im Gegensatz zur Polizei stand Rebeccas Familie von Anfang an hinter Rebeccas Schwager. Sie äußerten mehrfach, dass sie von seiner Unschuld überzeugt seien und kritisierten, dass die Ermittler die Möglichkeit, dass Rebecca noch leben könnte, völlig außer Acht ließen.[4][15] Auch einige Zeugen werfen der Polizei vor, ihren Hinweisen nicht genug nachzugehen und sich zu sehr auf die Theorie zu stützen, dass Rebecca das Haus niemals verlassen habe.[4]
  • Florians Anwältin kritisierte die Veröffentlichung von Fotos ihres Mandanten und seine „Vorverurteilung“, die „im drastischen Widerspruch zur Unschuldsvermutung und dem damit verbundenen Grundsatz eines fairen Verfahrens“ stünden, während er bereits in Untersuchungshaft saß.[16]

Einzelnachweise

  1. 18. Geburtstag von Rebecca Reusch: Emotionaler Geburtstagsgruß der Eltern an die Vermisste. Abgerufen am 30. Oktober 2021.
  2. Vermisstenmeldung auf Rebeccas Instagram-Profil. Abgerufen am 30. Oktober 2021.
  3. a b c d e f g h Vermisst, aber nicht vergessen: Die Chronologie im Fall Rebecca Reusch aus Berlin. Abgerufen am 30. Oktober 2021.
  4. a b c d e f g h i Im Dunkeln – Der Fall Rebecca Reusch | Ein Podcast auf Podimo. Abgerufen am 30. Oktober 2021 (deutsch).
  5. Der Fall Rebecca und die Puzzle-Teile eines spurlosen Verschwindens. Abgerufen am 30. Oktober 2021.
  6. Rebeccas Vater fordert ihren Schwager auf: „Florian, rede einfach!“ Abgerufen am 30. Oktober 2021.
  7. Hat Rebeccas Schwager in Polen Drogen gekauft? Abgerufen am 30. Oktober 2021.
  8. a b Rebecca aus Berlin verschwand vor zwei Jahren – ihr Schwager steht weiter unter Verdacht. Abgerufen am 30. Oktober 2021.
  9. Statement Staatsanwalt Martin Glage: https://twitter.com/gstaberlin/status/1229415418626035712. 17. Februar 2020, abgerufen am 30. Oktober 2021.
  10. Rebecca Reusch: Freunde enthüllen neue Details über Chat-Freund – bedrückender WhatsApp-Verlauf aufgetaucht. 10. Dezember 2020, abgerufen am 30. Oktober 2021.
  11. Rebecca Reusch aus Berlin seit 2 Jahren vermisst: Staatsanwalt erklärt den Stand der Ermittlungen. Abgerufen am 30. Oktober 2021.
  12. Lebt Rebecca noch? Jetzt spricht die Berliner Staatsanwaltschaft. 1. Oktober 2021, abgerufen am 30. Oktober 2021.
  13. Rebecca Reusch vermisst: Ihre Schwester postet erneut emotionales Bild. 21. Mai 2019, abgerufen am 30. Oktober 2021.
  14. Interview mit der Mutter von Rebecca Reusch. Abgerufen am 30. Oktober 2021 (deutsch).
  15. Vermisste Rebecca Reusch: Staatsanwaltschaft erklärt den Stand der Dinge. 6. Dezember 2019, abgerufen am 30. Oktober 2021.
  16. Anwältin des Schwagers kritisiert Strafverfolgungsbehörden. In: Der Tagesspiegel Online. 27. März 2019, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 30. Oktober 2021]).