Reda Seyam

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Reda Seyam (* 1959 oder 1960 in Ägypten) ist ein deutscher Islamist ägyptischer Abstammung. Er wird verdächtigt, in das Sprengstoffattentat in Bali 2002 verwickelt gewesen zu sein und ist seit 2013 auf Seiten des Islamischen Staates im syrischen Bürgerkrieg beteiligt.

Leben

1988 hatte er eine Frau geheiratet, die später unter dem Pseudonym Doris Glück die Geschichte ihrer Ehe veröffentlichte. Sie schrieb, Seyam sei nach einigen Jahren Ehe immer religiöser geworden und habe sie zum Islam geführt. 1994 seien beide nach Bosnien-Herzegowina gegangen, wo Seyam mit anderen Muslimen einen Dschihad betrieben habe und seine Frau dazu überredet habe, einen Tschador anzulegen. Dann habe er eine weitere Frau geheiratet. Einmal habe ihr Mann sie in ein Trainingslager der Mudschaheddin gebracht, wo sie bei Hinrichtungen zugesehen habe.[1] Seine erste Frau wurde vom BKA in ein Zeugenschutzprogramm aufgenommen, erhielt einen neuen Namen, verließ ihre Wohnung und wechselte ihre Arbeitsstelle.[2] Seyam hielt sich während des Bosnienkrieges länger auf dem Balkan auf und produzierte Propagandavideos, die Mudschaheddin glorifizierten.[3]

Seyam, der aus seinen islamistischen Ansichten auch öffentlich keinen Hehl machte („Laut Koran ist es in Ordnung, Terrorist zu sein. Laut Koran ist es eine Pflicht, Kaffer (Ungläubige) umzubringen.“),[4] wurde nach 2002 verdächtigt, einer der Hintermänner des Sprengstoffattentats von Bali gewesen zu sein, bei dem auf einer Vergnügungsmeile 202 Menschen starben.[5] In diesem Zusammenhang wurde er in Indonesien von der CIA befragt. Das BKA überführte ihn daraufhin 2003 nach Deutschland, wohl um eine Verbringung in ein Geheimgefängnis zu verhindern.[6][7] Für seine Aktivitäten im Ausland wurde Seyam in Deutschland nie zur Rechenschaft gezogen. Er gehörte zu den Besuchern des Neu-Ulmer Multikulturhauses, das am 28. Dezember 2005 von der bayerischen Staatsregierung (Kabinett Stoiber IV) geschlossen wurde.[8]

Seyam lebte ab 2004[9] jahrelang in Berlin-Charlottenburg von Sozialhilfe und produzierte dort Propagandavideos für Anhänger des Salafismus. Er gehörte zum Führungszirkel des Vereins As-Sahaba/Die Gefährten e. V., der 2010 die salafistische As-Sahaba-Moschee im Wedding eröffnete.[10][11] Während dieser Zeit pflegte er auch den Kontakt zu Denis Cuspert (Deso Dogg).[12] Seyam setzte gerichtlich durch, seinem Sohn den Vornamen Dschihad zu geben. Zuerst wurde dem stattgegeben; dann legte der Berliner Innensenator Ehrhart Körting Beschwerde dagegen ein.[13] Laut einem Urteil vom 2. September 2009 darf der Sohn Djehad heißen. Das Kammergericht befand, dies sei ein in der arabischen Welt üblicher Name.[14]

Am 19. August 2013 berichtete das ARD-Magazin Report Mainz auf seiner Website, der „Top-Islamist“ Reda Seyam sei im syrischen Bürgerkrieg aktiv.[15] Videoaufzeichnungen wurden von Fachleuten für echt gehalten. Laut Informationen des Rechercheverbundes von NDR, WDR und der Süddeutschen Zeitung war er zuletzt unter dem Kampfnamen Dhul Qaranain zum Bildungsminister des Islamischen Staates ernannt worden.[16]

Die Regierung des Irak bestätigte am 16. Dezember 2014 seinen Tod; zuvor hatte eine Nachrichtenagentur gemeldet, er sei Anfang Dezember 2014 bei Gefechten nahe Mossul getötet worden.[17] Im Januar 2015 wurde bekannt, dass er wahrscheinlich noch am Leben sei.[18]

Ende Juli 2018 erschienen erneut Zeitungsberichte, die den Tod Reda Seyams meldeten. Er sei demnach bei der Vertreibung der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) aus der irakischen Stadt Mossul getötet worden.[19]

Seyam war schon 2008 begeistert von der Darstellung von Gewalttaten im Internet durch Dschihadisten zu Werbezwecken unter jungen Leuten, also mittels Kampfvideos und „Märtyrervideos“:

„Wir haben die Amerikaner und ihre Hollywood-Visionen mit ihren eigenen Waffen geschlagen – der Kamera.“

Reda Seyam: Gespräch mit Asiem El Difraoui, November 2008, Berlin[20]

Literatur

  • Doris Glück: Mundtot. Ich war die Frau eines Gotteskriegers. List-Verlag, September 2004, ISBN 3-471-78678-3.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Kohrt: Das verlorene Leben der Doris Glück. In: Berliner Zeitung, 21. November 2005.
  2. Der Gotteskrieger und seine Frau (Memento vom 3. März 2007 im Internet Archive) daserste.de, 26. Februar 2007.
  3. Von Berlin in den IS-Führungszirkel. (Memento vom 17. Dezember 2014 im Internet Archive) Tagesschau.de, 16. Dezember 2014.
  4. zit. nach Von Kaffern und dem Koran (Memento vom 10. Mai 2013 im Internet Archive) In: Bronski – das FR-Blog, 23. Dezember 2005; ebenso Reif für die Insel. In: Der Spiegel. Nr. 48, 2003 (online).
  5. Terrorfinanzierung: Deutscher mitverantwortlich für Bali-Attentat. Spiegel Online, 20. März 2004.
  6. Jochen Bittner: Hatz unter Freunden. In: Die Zeit, Nr. 52/2005.
  7. BKA-Eskorte für Terrorverdächtigen. In: Spiegel Online, 20. Dezember 2005.
  8. Deutscher Islamist als Mitglied der IS-Führung offenbar im Irak gefallen. In: Neues Deutschland, 16. Dezember 2014; abgerufen am 16. Dezember 2014.
  9. Jan Rübel: Islamisten-Alarm in der Hauptstadt. In: Die Welt, 14. September 2004.
  10. Andreas Kopietz: Verfassungsschutzbericht: Geheimdienst warnt vor militanten Islamisten in Berlin. In: Berliner Zeitung, 14. April 2016
  11. Salafismus in Berlin. In: Deutschlandradio Kultur. 10. September 2011.
  12. Von Berlin in den IS-Führungszirkel (Memento vom 17. Dezember 2014 im Internet Archive) Tagesschau.de, 16. Dezember 2014.
  13. Körting duldet Dschihad als Vorname nicht Berliner Zeitung, 28. Februar 2007.
  14. Dein Name sei Djehad, Az.: KG, 1 W 93/07.
  15. Top-Islamist Reda Seyam im syrischen Bürgerkrieg aktiv. SWR.de, 19. August 2013, abgerufen am 20. August 2013.
  16. Von Berlin in den IS-Führungszirkel (Memento vom 17. Dezember 2014 im Internet Archive) Tagesschau.de, 16. Dezember 2014.
  17. Deutscher Islamist in IS-Führung. Süddeutsche.de, 16. Dezember 2014.
  18. Der Berliner Dschihadist Reda Seyam lebt offenbar noch. In: Der Tagesspiegel, 28. Januar 2015.
  19. Bekannter Salafist Berliner IS-Kämpfer Reda Seyam getötet. In: Berliner Zeitung, 27. Juli 2018.
  20. zit. nach IP Die Zeitschrift, Januar/Februar 2011, S. 22