Sicherheitsfaktor

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Veranschaulichung des Sicherheits­faktors 3 im Spannungs-Dehnungs-Diagramm

Der Sicherheitsfaktor, auch Sicherheitszahl bzw. Sicherheitskoeffizient genannt, gibt an, um welchen Faktor die Versagensgrenze eines Bauwerks, Bauteils oder Materials höher ausgelegt wird, als sie aufgrund theoretischer Ermittlung, z. B. aufgrund einer statischen Berechnung, sein müsste.

Anwendung

Durch einen Sicherheitsfaktor wird vermieden, dass durch Toleranzen bei Material, Herstellung, Lastannahmen und nicht nachgewiesene, geringere Einflüsse das Bauteil versagt. Ein Sicherheitsfaktor von 1 bedeutet, dass das Bauteil keine Sicherheitsreserven gegen Versagen besitzt. Zugrunde gelegte Mechanismen für Versagen sind häufig: Biegung, Bruch, Knicken oder Ermüdungsbruch (Ausfall der Dauerfestigkeit).

Bei der Festlegung der Belastung werden jedoch häufig konservative Annahmen getroffen, wodurch sich die tatsächlich vorhandene Sicherheit noch erhöht.

Metalle

Die herrschende Spannung wird bei weitgehend isotropen Metallen häufig aus dem Spannungszustand mit einem Festigkeitskriterium wie z. B. dem Vergleichsspannungskriterium von Richard von Mises gewonnen. Die ertragbare Spannung ist dann diejenige, die aus einachsigen Zugversuchen gewonnen wurde. Diese Vereinfachungen sind jedoch nicht mehr zutreffend, wenn man – z. B. nach Umformen oder wegen einer vorherrschenden Textur – von einem anisotropen Werkstoff sprechen muss. Üblicherweise wird bei Metallen unter Betriebslasten auf Nichterreichen von bleibender Verformung ausgelegt und dementsprechend ist die Fließgrenze die ertragbare Spannung.

Faser-Kunststoff-Verbunde

Auf diese Werkstoffe lässt sich der Begriff Sicherheitsfaktor nur bedingt übertragen, da fortschrittliche Versagenskriterien für Faser-Kunststoff-Verbunde immer eine Spannungskombination bewerten. Wird beispielsweise bei dem Puck’schen Zwischenfaserbruchkriterium ein Wert über 1 erreicht (eine Art ), so lässt sich zwar diejenige Spannungskombination (Spannungsvektor) vergrößern, bis ein Wert von 1 erreicht wird. Es muss jedoch dann darauf geachtet werden, dass Kriterien gegenüber Faserbruch, Delamination usw. nicht verletzt werden.

Im angloamerikanischen Raum ist zu beachten, dass dort häufig der Begriff Margin of Safety (MS) verwendet wird:[1]

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Technische Keramik

Hier muss auch zwischen isotropen Keramiken und strukturell anisotropen Faserkeramiken unterschieden werden. Jedoch gibt es auch Größeneffekte bei den monolithischen Keramiken (unverstärkte), weshalb auch mit Bruchwahrscheinlichkeiten gearbeitet wird, z. B. nach Weibull.

Berechnung

Den Sicherheitsfaktor kann man so definieren:

  • : Bauteil ist sicher gegenüber definierter Belastungsgrenze,
  • : Bauteil kann gewählte Belastung nicht ertragen.

Mit der Einführung des Eurocodes gibt es in Zentraleuropa praktisch keinen globalen Sicherheitsfaktor mehr, da das Teilsicherheitskonzept dem Stand der Technik entspricht, jedoch kann man den globalen Sicherheitsfaktor von Teilbelastungen berechnen. Dieser Sicherheitsfaktor ist im Allgemeinen die Multiplikation des Teilsicherheitsbeiwerts auf Materialseite mal dem Teilsicherheitsbeiwert auf Einwirkungsseite der jeweiligen Teilbelastung:

Reservefaktor

Als Reservefaktor bezeichnet man in der Regel den Quotienten zwischen dem gesetzlich bestimmten und dem errechneten Sicherheitsfaktor. Er darf demnach nicht unter 1 liegen, um die gesetzlichen Bestimmungen zu erfüllen.
Als Beispiel: vorgeschriebener Sicherheitsfaktor = 1,5; errechneter SF = 1,7; → Reservefaktor = 1,13.

Allerdings wird der Reservefaktor auch umgangssprachlich dem Sicherheitsfaktor gleichgestellt, mit dem Unterschied, dass als ertragbare Spannung die tatsächliche Spannung gemessen wird[1][2], anstelle der 5 %-Fraktile, die beim Sicherheitsbeiwert durch den Eurocode vorgeschrieben sind.

Bestimmung der Größe

Bei der Festlegung des Sicherheitsfaktors werden unter anderem folgende Faktoren berücksichtigt:

Der Sicherheitsfaktor auf Materialseite liegt je nach verwendetem Material und Sicherheitsrelevanz üblicherweise zwischen 1,1 und 2,1, bei Materialien mit großen Schwankungen ihrer Eigenschaften bei 3,0 (z. B. für feuchtes Holz) und bei extrem sicherheitsrelevanten Bauteilen über 10 (z. B. Aufzugseile[4]).

Bei ständig wirkenden Lasten (z. B. Eigengewicht) wird in den einschlägigen Normen meist eine Sicherheit von etwa 2 verlangt. Da es bei Auftrieb keine Unsicherheit in der Dichte von Wasser gibt, also keine Unsicherheit in der Belastung vorliegt, wird in der DIN 1054 je nach Bemessungssituation ein Teilsicherheitsbeiwert von 1 bis 1,05 auf der Einwirkungsseite gewählt.

Auch bei der Bemessung gegen Erdbeben wird mit Sicherheitsfaktoren gerechnet. In diesem Lastfall genügt (wie allgemein bei außergewöhnlichen und seltenen Lastfällen) meist ein relativ kleiner Faktor (z. B. 1,2).

Unvorhersehbare Belastung

Bei außergewöhnlichen Lastfällen, die mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit eintreten, wie nicht zu erwartende Unfällen oder Brände in untergeordneten Gebäuden, wird der Teilsicherheitsbeiwert auf Einwirkungsseite auf 1 gesetzt. Oftmals werden keine Sicherheiten auf Materialseite gegenüber Versagen benötigt. Diese können sowohl durch Verringerung des Teilsicherheitsbeiwertes, aber auch durch Zulassen von Spannungen, die der Festigkeit entsprechen und beispielsweise über einer Fließgrenze liegen können, berücksichtigt werden. Dabei können große bleibende Verformungen entstehen.

Einzelnachweise

  1. a b Helmut Schürmann: Konstruieren mit Faser-Kunststoff-Verbunden. 2. Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2007, ISBN 978-3-540-72189-5, S. 408, doi:10.1007/978-3-540-72190-1 (springer.com [PDF; abgerufen am 17. Dezember 2018]).
  2. Alfred Puck: Festigkeitsanalyse von Faser-Matrix-Laminaten: Modelle für die Praxis. Carl Hanser Verlag, München Wien 1996, ISBN 3-446-18194-6, S. 51 (212 S., d-nb.info).
  3. a b SAFETYTEAMS CE-Kennzeichnung Risikoanalyse Risikobeurteilung Gefahrenanalyse. Abgerufen am 11. März 2020.
  4. Sicherheitsfaktor des Aufzug-Stahldrahtseils. Abgerufen am 11. März 2020.