Richard Stein (Verleger)

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Richard Stein (* 20. August 1871 in Prostějov/Mähren; † 6. Oktober 1932 in Wien) war ein österreichischer Verleger. Der promovierte Jurist und ausgebildete Buchdrucker leitete gemeinsam mit seinem Vater Markus Stein von 1898 bis zu seinem Tod die Geschäfte der Manz’schen Verlags- und Universitätsbuchhandlung in Wien.

Schule, Militär und Studium

Richard Stein war das erste Kind Markus und Nanette Steins. Er wurde noch vor der Übersiedlung der Familie nach Wien in Mähren geboren, wo sein Vater als Lehrer tätig war. Richard Stein hatte vier Geschwister: Paula verehel. Kemperling (1878–1952), Emma verehel. von Sax (1882–1969), Helene verehel. Winger (1884–1945) sowie Erwin (1885–1958). Zwei weitere Schwestern starben bereits im Säuglingsalter.

Er besuchte das renommierte Akademische Gymnasium in Wien, auf das aufgrund seiner liberalen Prägung viele Wiener Juden ihren Nachwuchs schickten,[1] und trat nach der Matura als "Einjährig-Freiwilliger" in das Böhmische Dragoner-Regiment Nr. 13 "Eugen Prinz von Savoyen" ein. Bereits am 7. September 1885 war Richard Stein zum Evangelischen Bekenntnis H. B. übergetreten.[2] Nach absolviertem Militärdienst nahm er 1890 das Studium der Rechte an der Universität Wien auf, das er sechs Jahre später mit ausgezeichnetem Erfolg abschloss.[3] Um sich auf die Tätigkeit im Familienbetrieb vorzubereiten, schloss Richard Stein noch eine Ausbildung zum Buchdrucker beim heute noch bestehenden Verlag Klinkhardt in Leipzig an.[4]

Heirat und Eintritt in den Verlag

1898 trat Richard Stein als Gesellschafter in die Manz’schen Verlags- und Universitätsbuchhandlung ein und heiratete noch im selben Jahr mit Frieda Luise Klinkhardt ein Mitglied jener protestantischen reichsdeutschen Verlegerfamilie, die zu jenem Zeitpunkt noch Anteile des Hauses Manz hielt und seinerzeit Markus Stein als Prokuristen bei Manz angestellt hatte. Richard forcierte in der Folge den Ausbau des juristischen Verlagsprogramms. Im Verlag publizierten nun die Exponenten der Rechtswelt der k.u.k. Monarchie.[5] "Die Manz'sche Sammlung der österreichischen Gesetze steht vielleicht einzig in der Welt da. Die handlichen schwarzen Bände sind die steten Begleiter aller Juristen und Verwaltungsbeamten und haben fast überall die officiellen Gesetzesausgaben verdrängt."[6] Über die Wirtschaftskrise retteten Richard Stein und sein Vater den Verlag durch Gründung der "Collection Manz", in der Werke der französischen Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts in Neuausgaben aufgelegt und in den frankophonen Raum verkauft wurden, was für Deviseneinkünfte sorgte.[7]

Kinder und zweite Ehe

Aus der Ehe Richard Steins mit Frieda Klinkhardt gingen vier Kinder hervor: Robert (1899–1970), Walter (1901–1979), Maria Charlotte (1904–1956) und Edith (1910–1985). Mit Maria Luise von Newlinsky (1888–1945) hatte Richard Stein einen weiteren Sohn, Otto (1919–?). Er heiratete Frau von Newlinsky am 28. Mai 1922, nachdem er sich am 3. November 1921 von seiner ersten Frau hatte scheiden lassen.

Auftraggeber von Loos und Kokoschka

Um 1909 beauftragten Richard und Markus Stein Adolf Loos mit dem Bau eines neuen Portals und der Ausstattung der Kontorsräumlichkeiten für die Buchhandlung am Kohlmarkt 16. 1912 führte Loos den Auftrag aus; das heute noch erhaltene Portal zählt zu den bedeutendsten Werken des Architekten in Wien.[8] 1913 ließ Richard Stein Loos eine Wohnung für sich und seine Familie adaptieren (nicht erhalten).[9] Loos war es wohl auch, der Richard Stein seinen Protegé Oskar Kokoschka vermittelte. 1909 ließ Richard Stein sich selbst und seine beiden Kinder Walter und Maria Charlotte von dem damals 24-jährigen Künstler malen.[10]

Letzte Jahre und Tod

Um 1930 machten sich bei Richard Stein gesundheitliche Probleme bemerkbar; er begann, Verantwortung an seinen Sohn Robert abzugeben. Nach "langem, schweren Leiden"[11] verstarb Richard Stein am 6. Oktober 1932 im Alter von 61 Jahren in einem Wiener Sanatorium.

Einzelnachweise

  1. "Das bevorzugte Gymnasium der aufgeklärten Liberalen – und der Juden – war das Akademische Gymnasium" (Carl E. Schorske: Wien. Geist und Gesellschaft im Fin de siècle. München–Zürich: Piper 1994, S. 128).
  2. TM HB Stadt 1885/09/07 und TM HB Stadt 1886/01/19, zit. nach Staudacher, Anna: Jüdisch-protestantische Konvertiten in Wien 1782–1914. Teil 1. Frankfurt am Main u. a.: Peter Lang 2004, S. 96 FN 172.
  3. Rigorosen-Zeugnis der Juristischen Fakultät vom 11. November 1896 über die Prüfung am 6. November 1896 (Stein Familienarchiv, Wien).
  4. Selbstporträt des Verlages Klinkhardt, abgerufen am 20. April 2012
  5. "Auf juristischem Gebiete war Manz zweifellos in Österreich führend. Naturgemäß hat der Umsturz und die Auflösung des Reiches daher diesen Verlag auch am unmittelbarsten berührt" (Carl Junker: Der Verlagsbuchhandel in der Republik Österreich. Betrachtungen anläßlich der ersten Wiener Buchmesse. In: Murray G. Hall (Hrsg.): Zum Buchwesen in Österreich. Gesammelte Schriften 1896–1927. Edition Praesens, Wien 2001, S. 180–192, hier S. 184, PDF auf fwf.ac.at).
  6. Carl Junker: Weltausstellung Paris 1900. Katalog der österreichischen Abtheilung. Hrsg. von dem k.k. Österr. General-Commissariate. Heft 1, Gruppe I+III. Unterricht – Hilfsmittel der Kunst und Wissenschafts. Wien 1900, S. 37–59 (wieder veröffentlicht in: Carl Junker. Zum Buchwesen in Österreich. Gesammelte Schriften 1896–1927. Hrsg. von Murray G. Hall. Edition Praesens, Wien 2001, S. 142–150).
  7. Vgl. hierzu v. a. Murray G. Hall: Österreichische Verlagsgeschichte 1918–1938. Band I: Geschichte des österreichischen Verlagswesens. Hermann Böhlaus Nachf., Wien/Köln/Graz 1985, S. 64.
  8. Werkinv. L. 84.12 nach Burkhard Rukschcio/Roland Schachel: Adolf Loos. Leben und Werk. Salzburg: Residenz 1982, S. 496.
  9. "Wohnung Dr. Robert [recte: Richard] Stein", W. 218.13 (ebd. S. 508 mit Abb.)
  10. Das Porträt Richard Steins gilt seit dem Zweiten Weltkrieg als verschollen, Spielende Kinder ist im Besitz des Wilhelm Lehmbruck Museum der Stadt Duisburg (Öl auf Leinwand, 72 × 108 cm, Inv.Nr.WLM 573/655). Vgl. Johann Winkler/Katharina Erling: Oskar Kokoschka. Die Gemälde 1906–1929. Salzburg: Verlag Galerie Welz 1995, S. 12.
  11. Nachruf in der Neuen Freien Presse vom 7. Oktober 1932.

Literatur

  • Christopher Dietz: Alexander Lernet-Holenia und Maria Charlotte Sweceny. Briefe 1938-1945. Wien: Böhlau 2013, S. 335–399.
  • Christopher Dietz: Absolut nichts Verrücktes .... Das von Adolf Loos geschaffene Manz-Portal am Wiener Kohlmarkt wird heuer hundert Jahre alt. Über das Projekt und seine Auftraggeber. Der Standard (Album), 18. August 2012 (http://derstandard.at/1345164450862/Absolut-nichts-Verruecktes)
  • Ch. Gruber/J. Mentschl: Eintrag "Stein Richard, Verleger". In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950. Bd. 13 (60. Lieferung: Staudigl–Stich [2008]). Wien: Österreichische Akademie der Wissenschaften 2003–2009, S. 153–154.
  • Catherine Mumelter: Die Geschichte des Verlagshauses Manz. Diss. Innsbruck 2001.