Rinder-Somatotropin

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Somatotropin (Bos taurus)
Somatotropin (Bos taurus)
nach PDB 1bst

Vorhandene Strukturdaten: 1bst

Masse/Länge Primärstruktur 191 Aminosäuren
Bezeichner
Gen-Name(n) GH1 (Ensembl Cow)
Externe IDs

Rinder-Somatotropin (abgekürzt bST oder BST für englisch bovine somatotropin) ist ein Peptidhormon, das in der Hirnanhangsdrüse von Rindern gebildet wird und als Wachstumshormon wirkt. Es wird daher auch als Rinder-Wachstumshormon (engl.

bovine growth hormone

, BGH) bezeichnet. Die Aminosäuresequenz des Proteins ist zu über 70 Prozent mit dem humanen Somatotropin identisch.[1] In der EU ist Rinder-Somatotropin zur Vermarktung und zur Behandlung von Milchkühen verboten.[2]

Geschichte

Im Jahr 1937 hatte die Verabreichung von BST zu einer erhöhten Milchproduktion bei Milchkühen geführt, da es ein Absterben der Milchdrüsenzellen während der Laktation verhindert. Der Einsatz von BST in der Landwirtschaft war bis in die 1980er Jahre begrenzt, da Rinderkadaver die einzige Bezugsquelle darstellten.

Monsanto brachte 1994 rekombinant hergestelltes Rinder-Somatotropin (rBST) unter dem Produktnamen Posilac auf den Markt. Dieses wird von gentechnisch veränderten Bakterien (Escherichia coli) produziert, die das BST-Gen auf einem Vektor tragen.

Monsanto verkaufte im August 2008 Posilac und alle damit verbundenen Rechte an Elanco Animal Health, einer Tochtergesellschaft der Eli Lilly.[3] Posilac ist bisher weder in Kanada noch Europa zugelassen. Der Aufruf von US-Konsumenten gegen den Einsatz künstlicher Wachstumshormone führte 2009 zu einem Domino-Effekt in der Milchproduktion, diese rBST-frei herzustellen.[4]

Anwendung von Posilac

Wachstumshormone, die Milchkühen zur Erhöhung der Milchproduktion injiziert werden, sind unter einer Vielzahl von Bezeichnungen bekannt. Im Allgemeinen beziehen sich diese Bezeichnungen jedoch auf das Produkt des Monsanto-Konzerns. Entsprechend dem Monsanto-Beipackzettel kann Injektion der Milchkühe die durchschnittliche 300-Tage Leistung der Milchproduktion um 10 % erhöhen.

Posilac verhindert das etwa 70 Tage nach Beginn der Laktation einsetzende Absterben von Milchdrüsenzellen in Milchkühen.[5] Daraus resultiert im Ganzen eine höhere Produktion während der Laktationsphase. Da die Milchproduktion der Kuh während der Laktationsphase gemäß einer bekannten Kurve zu- und abnimmt, kann der Einsatz von Posilac das Resultat gezielt verbessern.

Die normale Kuh produziert mit ihrer Laktation eine begrenzte Menge Milch. Die Produktion erhöht sich täglich, bis um den Tag 70 die Höchstproduktion erreicht ist. Von diesem Zeitpunkt an, bis die Kuh trocken ist, vermindert sich die Produktion langsam. Zum Teil bewirkt die Anzahl der milchproduzierenden Zellen im Euter diese Erhöhung und Verminderung der Milchproduktion. Die Anzahl der Zellen ist am Anfang gering, erhöht sich während der ersten Zeit der Laktationphase, vermindert sich dann, während die Laktation weitergeht. Einmal abgestorben wachsen diese Zellen normalerweise nicht neu bis zur nächsten Laktationsphase.[5]

Um mit Posilac eine Höchstwirkung zu erzielen, werden Landwirte angehalten, die erste Dosis Posilac um den 50. Tag der Laktationsphase der Kuh einzusetzen, also kurz vor der Höchstproduktion. Posilac erhält dann die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Milchproduktionszellen am Leben. Damit wird die Verminderung der Produktion nach der Höchstleistung begrenzt. Nach der Höchstleistung vermindert sich die Produktion mit oder ohne Posilac, jedoch langsamer mit als ohne Posilac. Diese Verminderung der Produktionsrate erzielt einen höheren Milchertrag über die Zeitspanne der Laktationsphase. Im besten Falle erhöht sich dieser Ertrag durch den Einsatz von Posilac auf sieben bis acht Liter Milch mehr am Tag.

In den USA wurden laut Monsanto im Jahr 1999 etwa 30 % der Milchkühe (circa 3 Millionen) mit rBST behandelt.[6] rBST wurde 1999 in Wisconsin in 17 % der Milchwirtschaftsbetriebe eingesetzt, darunter in 75 % der Betriebe mit mehr als 200 Milchkühen.[7] Im Jahr 2010 verwendeten in Wisconsin etwa 18 % der Milchwirtschaftsbetriebe rBST.[8]

Auswirkungen

Kuhgesundheit

Als Nebenwirkungen wurden 2003 in einer Meta-Analyse eine um 25 % erhöhte Wahrscheinlichkeit der Mastitis mit teilweise auftretender Eiterbildung beschrieben.[9] Die Empfängnisbereitschaft von Kühen sinkt während der Behandlung mit rBST um 40 %.[9] Die Wahrscheinlichkeit für Lahmheit in Kühen ist um 55 % erhöht.[9] Eine Meta-Analyse von 2014 konnte diese Ergebnisse nicht für die Zink-Formulierung von rbST bestätigen.[10]

Milch für den menschlichen Konsum

Der Einsatz von rbST wirkt sich gemäß zweier Studien (eine davon unter Beteiligung von Monsanto) nicht auf die Zusammensetzung der Kuhmilch aus. Zellkultur- und Tierversuche haben danach keine Hinweise darauf gegeben, dass Milch, die von rbST-behandelten Kühen stammt, unsicher ist.[11][12]

Einzelnachweise

  1. UniProt P01246
  2. EUR-Lex: Rindersomatotropin — EU-Vorschriften zur Vermarktung und Verwendung, vom 11. August 2016 (letzte Aktualisierung), aufgerufen am 7. Januar 2019
  3. Eli Lilly and Company to Acquire Monsanto's POSILAC Brand Dairy Product and Related Business. (Nicht mehr online verfügbar.) In: monsanto.com. 20. August 2008, archiviert vom Original am 1. Juli 2017; abgerufen am 27. April 2017 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/news.monsanto.com
  4. Consumers drive hormone-free milk, 15. Februar 2008.
  5. a b D. E. Bauman: Bovine somatotropin and lactation: from basic science to commercial application. In: Domestic animal endocrinology. Band 17, Nummer 2–3, Oktober 1999, ISSN 0739-7240, S. 101–116, PMID 10527114 (Review).
  6. V. Santaniello: Market Development for Genetically Modified Foods. CABI, 2002, ISBN 978-0-85199-701-8, S. 106.
  7. Gerardo Otero: Food for the Few. University of Texas Press, 2013, ISBN 978-0-292-75283-2, S. 1999-IA4.
  8. Staff, USDA National Agricultural Statistics Service 2010. 2010 Dairy Producer Survey
  9. a b c I. R. Dohoo, L. DesCôteaux, K. Leslie, A. Fredeen, W. Shewfelt, A. Preston, P. Dowling: A meta-analysis review of the effects of recombinant bovine somatotropin. 2. Effects on animal health, reproductive performance, and culling. In: Canadian journal of veterinary research = Revue canadienne de recherche vétérinaire. Band 67, Nummer 4, Oktober 2003, ISSN 0830-9000, S. 252–264, PMID 14620861, PMC 280709 (freier Volltext).
  10. N. R. St-Pierre, G. A. Milliken, D. E. Bauman, R. J. Collier, J. S. Hogan, J. K. Shearer, K. L. Smith, W. W. Thatcher: Meta-analysis of the effects of sometribove zinc suspension on the production and health of lactating dairy cows. In: Journal of the American Veterinary Medical Association. Band 245, Nummer 5, September 2014, ISSN 1943-569X, S. 550–564, doi:10.2460/javma.245.5.550, PMID 25148097.
  11. John Vicini, Terry Etherton, Penny Kris-Etherton, Joan Ballam, Steven Denham, Robin Staub, Daniel Goldstein, Roger Cady, Michael McGrath, Matthew Lucy: Survey of Retail Milk Composition as Affected by Label Claims Regarding Farm-Management Practices. In: Journal of the American Dietetic Association. Band 107, Nr. 7, 2008, S. 1198–1203, doi:10.1016/j.jada.2008.04.021.
  12. R.J. Collier, D.E. Bauman: Update on human health concerns of recombinant bovine somatotropin use in dairy cows. In: Journal of Animal Science. Band 92, Nr. 4, 2014, S. 1800–1807, doi:10.2527/jas.2013-7383.