HMS Agincourt (1913)
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Die HMS Agincourt war ein britisches Schlachtschiff das Anfang der 1910er Jahre für die brasilianische Marine unter dem Namen Rio de Janeiro gebaut wurde. Aus Kostengründen wurde sie im Januar an die türkische Marine weiterverkauft, die das Schiff in Sultan Osman-ı Evvel umbenannten. Kurz nach Beginn des Ersten Weltkrieges wurde sie als Prisenschiff von der Royal Navy gekapert. Sie wurde anschließend in Agincourt umbenannt und der Grand-Fleet zugeteilt.
Geschichte
Das Schiff war 1910 von der brasilianischen Regierung bei der britischen Werft Armstrong Whitworth in Newcastle upon Tyne in Auftrag gegeben worden. Dort wurde es im November 1911 auf Kiel gelegt und am 22. Januar 1913 als Rio de Janeiro vom Stapel gelassen. Bereits die ersten beiden brasilianischen Schlachtschiffe der Minas-Geraes-Klasse waren auf britischen Werften gebaut worden. Mit dem Schiff sollte die brasilianische Überlegenheit gegenüber Argentinien gewahrt bleiben, für das im selben Jahr zwei Dreadnoughts der Rivadavia-Klasse auf US-amerikanischen Werften begonnen wurden. Sie sollte auch der chilenischen Almirante-Latorre-Klasse ebenbürtig sein[1].
Ende 1913 bot Brasilien das unfertige Schiff zum Verkauf an, da inzwischen der Markt für Naturkautschuk zusammengebrochen war und man davon ausging, das Schiff nicht bezahlen zu können. Das Schiff wurde am 9. Januar 1914 für einen Preis von 2,75 Mio. Pfund von der türkischen Marine übernommen und unter dem Namen Sultan Osman I. fertiggestellt.
Bereits bei seiner Indienststellung galt das Schiff aus Sicht der Royal Navy als überholt. Das Kaliber der Hauptbewaffnung war zu klein, die Panzerung zu schwach und die Zahl der wasserdicht abschließbaren Abteilungen zu gering. Wegen der vielen Decksdurchbrüche für die Türme, der vielen Magazine und der ungewöhnlichen, auf die Hierarchie in der brasilianischen Marine zugeschnittenen Innenausstattung galt das Design der Agincourt als ziemlich unglücklich. Für die von den Brasilianern gewünschten luxuriösen Offiziersmessen erhielt sie den Spitznamen „Gin Palace“.
Die Beschlagnahme der beiden türkischen Schlachtschiffe durch die Briten trug maßgeblich zu der Entscheidung der deutschen Regierung bei, die SMS Goeben und SMS Breslau dem Osmanischen Reich zur Verfügung zu stellen. Dies wiederum beschleunigte den Eintritt des Osmanischen Reichs in den Ersten Weltkrieg auf Seiten der Mittelmächte.
Erster Weltkrieg
Die Agincourt wurde zunächst in das vierte Geschwader der Grand Fleet eingereiht, später bildete sie gemeinsam mit HMS Marlborough, HMS Revenge und HMS Hercules die 6th Division der 1st Battle Squadron, mit der sie an der Skagerrakschlacht teilnahm. In der Schlacht eröffnete sie als eines der ersten Schiffe der Hauptstreitmacht Jellicoes das Feuer auf die deutsche Hochseeflotte. Die Agincourt erhielt keine Treffer und erlitt keine Verluste. Im Laufe der Schlacht feuerte sie mehrere komplette Breitseiten einschließlich der Mittelartillerie – es hatte zuvor Gerüchte gegeben, dass das Schiff bei einem solchen Versuch kentern oder auseinanderreißen würde. Ein britischer Zerstörerkommandant kommentierte diesen Anblick mit den Worten: “
” (deutsch: „Es war beeindruckend, es sah aus wie die Explosion eines Schlachtkreuzers!“).
Für den Rest des Krieges nahm die Agincourt noch an vereinzelten Vorstößen teil, hatte aber keine Gefechtsberührung mehr.
Verbleib
Nach Kriegsende wurde das Schiff aus Kostengründen schnell von der Liste der aktiven Schiffe gestrichen. Die Royal Navy bot den Brasilianern an, das Schiff zurückzukaufen, nachdem die Navy auf eigene Kosten diverse Modernisierungen durchgeführt hatte. Dabei wurden die Kessel auf reine Ölfeuerung umgestellt und der Horizontalpanzer leicht verstärkt. Die brasilianische Regierung lehnte 1921 ab.
Daraufhin entstand der Plan, die Agincourt zu einem Depotschiff umzubauen. Fünf der sieben Türme sollten dafür entfernt und ihre Magazine zur Lagerung von Munition verwendet werden. 1921 sollte der Umbau in der Rosyth-Werft begonnen werden. Mit dem Abschluss des Washingtoner Flottenabkommens im Februar 1922 wurde die weitere Nutzung des Schiffes untersagt, woraufhin die Agincourt ab 1924 in Rosyth abgewrackt wurde.
Technik
Das Schiff hatte eine Gesamtlänge von 204,70 m, eine Breite von 27,10 m und einen Tiefgang von 9,10 m. Die Verdrängung lag zwischen 27.941 t und 30.735 t[2]
Antrieb
Die Agincourt war mit vier Parsonsturbinen mit Direktantrieb ausgestattet, die jeweils eine Welle antrieben und insgesamt 34.000 PS (25.007 kW) entwickelten, mit der sie eine Höchstgeschwindigkeit von 22 Knoten (41 km/h) erreichte. Der Dampf wurde von 22 Babcock-Wilcox-Wasserrohrkesseln geliefert. Das Schiff konnte maximal 3.251 t Kohle bzw. 630 t Heizöl mitführen, was ihm bei 10 Knoten (19 km/h) eine Reichweite von 4.500 Seemeilen (8.334 km) ermöglichte. Die Besatzung des Schiffes bestand aus 1115 Offizieren und Mannschaften.[2]
Bewaffnung
Die Hauptbewaffnung bestand aus vierzehn 305 mm Geschützen in Zwillingstürmen von denen sich zwei vor, zwei zwischen und drei hinter den Aufbauten befanden. Die Sekundärbewaffnung bestand aus zwanzig 152 mm Kanonen in Kasematten auf dem Oberdeck und in den Aufbauten. Zur Verteidigung gegen Torpedoboote waren zehn 76 mm Schnellfeuergeschütze installiert. Außerdem hatte das Schiff drei Torpedorohre, eines auf jeder Breitseite und das dritte im Heck.[2]
Panzerung
Die Agincourt hatte einen 229 mm dicken Panzergürtel. Er verlief etwa 111 m von der vorderen "Monday" Barbette bis zur Mitte der "Friday" Barbette. Davor verringerte sich der Gürtel auf einer Länge von 15,20 m auf 152 mm bevor er sich bis zum Bug auf 102 mm verjüngte. Nach achtern verringerte sich der Gürtel auf einer Länge von 9,10 m ebenfalls auf 152 mm und dann auf 102 mm, wo er in einem Querschott endete. Darüber war ein 152 mm dicker Plankengang, der sich vom Hauptdeck bis zum Oberdeck erstreckte. Er verlief von der Barbette „Monday“ bis zur Barbette „Thursday“. Die Agincourt hatte vier gepanzerte Decks, mit einer Dicke von 25 – 64 mm.
Die Barbetten waren oberhalb des Oberdecks 229 mm dick, verringerten sich zwischen Ober- und Hauptdeck aber auf 76 mm. Unterhalb des Hauptdecks hatten sie bis auf die „Sunday“, „Thursday“ und „Saturday“ Barbette überhaupt keine Panzerung. Die Panzerung der Geschütztürme war an der Front 304 mm, an den Seiten 203 mm und hinten 254 mm dick. Das Dach war 76 mm dick. Die Kasematten für die Sekundärbewaffnung waren durch eine 152 mm dicke Panzerung geschützt. Der Kommandoturm war rundherum mit 304 mm Panzerung geschützt und hatte ein 101 mm dickes Dach. Der hintere Kommandoturm war rundherum mit 229 mm gepanzert und hatte ein 76 mm dickes Panzerdach.[3]
Literatur
- Siegfried Breyer: Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer 1905–1970. J. F. Lehmanns Verlag, München 1970, ISBN 3-88199-474-2.
- R. A. Burt: British Battleships of World War One. ISBN 0-85368-771-4 (englisch).
- Robert Gardiner (Hrsg.): Conway’s All the World’s Fighting Ships 1906-1921. Conway Maritime Press, London 1985, ISBN 0-85177-245-5, S. 30.
Weblinks
- Ein etwas lockerer Blick auf die Hintergrundstory
- HMS Agincourt auf worldwar1.co.uk