Robert Gordon-Canning

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Robert Cecil Gordon-Canning (* 23. Juni 1888 in Hartpury, Gloucestershire; † 4. Januar 1967) war ein britischer politischer Aktivist.

Leben und Tätigkeit

Gordon-Canning war ein Sohn des William James Gordon-Canning und seiner Frau Clara, geb. Bailey. Einigen Quellen zufolge war der Dichter George Gordon Byron Gordon-Cannings Urgroßvater.

Nach dem Besuch der Eton School schlug Gordon-Canning die militärische Laufbahn ein: 1906 trat er in die britische Armee ein, in der er am 15. November 1906 den Royal Gloucestershire Hussars zugeteilt wurde. Am 14. März 1912 erreichte er den Rang eines Leutnants im 10. britischen Husaren-Regiment (Prince of Wales's Own Royal Hussars).

Von 1914 bis 1918 nahm Gordon-Canning am Ersten Weltkrieg teil. Während des Krieges wurde er mit dem Military Cross ausgezeichnet (Juni 1917) und zum Captain befördert (vorläufig zum 14. November 1914, endgültig am 5. Mai 1915). Im März 1919 wurde er der Offiziersreserve (General Reserve of Officers) zugeteilt. Zum 19. August 1925 schied er endgültig aus der Armee aus.

In den 1920er Jahren entwickelte Gordon-Canning sich zu einem entschiedenen Unterstützer des arabischen Nationalismus. So sprach er sich für die Entlassung Marokkos in die Unabhängigkeit aus und bereiste das Land mehrfach, wobei seine Reisen ihn zur Niederschrift mehrerer belletristischer Bücher inspirierten. Später besucht er auch das damals von Großbritannien im Auftrag des Völkerbundes verwaltete Palästina.

In den 1930er Jahren wurde Gordon-Canning einer der führenden öffentlichen Vertreter der faschistischen Ideologie in Großbritannien. 1934 trat er offiziell in die von Oswald Mosley geführte British Union of Fascists (BUF) ein, in der er bald eine exponierte Rolle einnahm. Diese schlug sich u. a. darin nieder, dass er mehrfach das von den Nationalsozialisten regierte Deutsche Reich besuchte und während seiner Besuche von ranghohen Vertretern des Regimes empfangen wurde. In Großbritannien spielte er regelmäßig Golf mit dem deutschen Botschafter Joachim von Ribbentrop. Im Oktober 1936 nahm er zudem an der Hochzeit Oswald Mosleys mit Diana Mitford im Haus des deutschen Propagandaministers Joseph Goebbels teil, wobei er als Trauzeuge fungierte. Ideologisch traf Gordon-Canning sich mit den deutschen Nationalsozialisten insbesondere in seinem entschiedenen Antisemitismus, der ein Folgeprodukt seiner pro-arabischen Sympathien hinsichtlich des Konfliktes der Besitzansprüche für das Gebiet Palästinas war.

Als Experte der BUF für Außenpolitik – und offizieller "Direktor" seiner Partei für dieses Sachgebiet – verfasste Gordon-Canning von 1935 bis 1939 zahlreiche Beiträge für faschistische Publikationen wie Fascist Weekly und Blackshirt, in denen er das außenpolitische Programm seiner Partei propagierte. Außerdem prägte er den außenpolitischen Slogan der BUF: "Mind Britain's Business" (sinngemäß: "Lasst uns uns um unsere eigenen Angelegenheiten kümmern."). Mit diesem versuchte die Partei ihre Position, dass Großbritannien sich dem aggressiven Expansionskurs der faschistischen Regime auf dem europäischen Kontinent nicht entgegenstellen – und die von diesen Regimen bedrohten Klein- und Mittelmächte nicht unterstützen sollte –, sondern diese vielmehr als (wohlwollend) neutrale Beobachter ungehindert gewähren lassen sollte, um sich um den Fortbestand des britischen Überseeimperiums zu kümmern, bei der Bevölkerung populär zu machen.

Gordon-Canning war an der Finanzierung der BUF-Zeitung Action maßgeblich beteiligt und war Vorsitzender ihres Aufsichtsrates (board).

1939 zog Gordon-Canning sich nach einer Meinungsverschiedenheit mit Mosley aus der BUF zurück und schloss sich stattdessen anderen ähnlich ausgerichteten Gruppen wie der British People's Party an.

Rund ein Jahr nach dem Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde Gordon-Canning im Juli 1940 – als die Kriegslage für Großbritannien besonders bedrohlich und krisenhaft war – gemäß den Bestimmungen der Defence Regulation 18B von den britischen Behörden als potentielle Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit in Internierungshaft genommen, aus der er 1943 entlassen wurde. Grund für seine Internierung waren seine bekannten Sympathien für das nationalsozialistische Deutschland als den wichtigsten Kriegsgegner Großbritanniens.

Von den nationalsozialistischen Polizeiorganen wurde Gordon-Canning nach Kriegsbeginn als wichtige Zielperson eingestuft: Im Frühjahr 1940 setzte das Reichssicherheitshauptamt in Berlin ihn auf die Sonderfahndungsliste G.B., ein Verzeichnis von Personen, die der NS-Überwachungsapparat als besonders gefährlich oder wichtig ansah, weshalb sie im Falle einer erfolgreichen Invasion und Besetzung der britischen Inseln durch die Wehrmacht von den Besatzungstruppen nachfolgenden Sonderkommandos der SS mit besonderer Priorität ausfindig gemacht und verhaftet werden sollten.[1]

Nach dem Krieg lebte Gordon-Canning abwechselnd auf seinem Landsitz Sandilands in Sandwich und einem Apartment in London. Da er weiterhin ein entschiedener Antisemit und Sympathisant des arabischen Nationalismus war, stellte er sein Apartment für Besprechungen von Vertretern dieser Strömung, die sich in London aufhielten, zur Verfügung.

Öffentliches Aufsehen erregte Gordon-Canning als er 1945 eine 500-Pfund-teure repräsentative Hitler-Büste aus den Beständen er aufgelösten deutschen Botschaft in London erwarb (inflationsbereinigt entspricht dies einem Wert in heutiger Kaufkraft von etwa 20.000 Pfund oder 30.000 Euro), wobei er Andeutungen bezüglich seiner anhaltenden Verehrung für den toten Diktator machte.

Familie

Von 1939 bis 1944 war Gordon-Canning mit der australischen Schauspielerin Mary Maguire verheiratet. Aus der Ehe ging ein Sohn, Michael (* 1941), hervor, der bereits als Säugling starb. 1952 heiratete Gordon-Canning zum zweiten Mal.

Schriften

  • Flashlights from Afar, 1920.
  • A Pagan Shrine, 1922.
  • The Death of Akbar and other Poems, 1923.
  • Some Aims and Principles of British Fascism in the Conduct of Imperial and Foreign Affairs, London 1936.
  • Arab or Jew? 1938.

Literatur

  • Dirk Sasse: "Franzosen, Briten und Deutsche im Rifkrieg 1921–1926: Spekulanten und Sympathisanten, Deserteure und Hasardeure im Dienst Abdelkarims, München 2006 (darin vor allem das Kapitel "Robert Gordon-Canning und das Riff-Committee", S. 316–345).

Einzelnachweise