Roma in der Türkei

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Die Roma in der Türkei besitzen die Türkische Staatsbürgerschaft, sprechen Türkisch als Muttersprache.[1] Nur noch wenige können das Rumelische Romani[2] oder den Sepetcides (Korbflechter) Dialekt reden[3]. Die Roma lebten schon während des Osmanischen Reiches in dem Gebiet der Türkei[4]. Die Muslimischen Roma nennen sich selbst Xoraxane (Horahane)[5], offiziell seit 1996 als Romanlar in der Türkei, von Nicht-Roma werden sie auch abfällig als Çingene (Zigeuner) bezeichnet, sie sind überwiegend sunnitische Muslime nach hanafitischer Rechtschule, jedoch gehören einige dem Sufismus an, wie z. B. dem Qādirīya-Orden in Üsküdar[6]. Muslimische Roma wurden während des Bevölkerungsaustausches zwischen Griechenland und der Türkei aus Griechenland ausgewiesen. Ostthrakien, die Ägäisregion (Türkei), Mittelmeerregion (Türkei) und die Marmararegion sind die Hauptsiedlungsgebiete der Türkischen Roma.[7] Den Rom ähnlich sind die Domari sprechenden Dom in Ostanatolien sowie den Lomavren sprechenden Lom (Poşa) in der Schwarzmeerregion (Türkei)[8].

Der Istanbuler Stadtteil Sulukule gilt als das älteste Romaviertel im Osmanischen Reich,[9] datiert auf 1054.[10] In Edirne wird jedes Jahr am 5./6. Mai das Kakava-Fest der Roma abgehalten.[11]

Romamusikanten sind für ihre Musik in der Türkei bekannt. Ihre Roman Havası genannte Tanzmusik in einem asymmetrischen 9/8-Takt wird bei Hochzeiten, Beschneidungsfeiern, Verlobungen etc. gespielt.[12][13]

Die Romanlar unterteilen sich in verschiedene Gruppen und Subgruppen, benannt nach Sesshafte (Yerli) und Halbnomadische (Çerge) oder ihren alten Berufsausübungen, z. B. Sepetçi/Sepečides (Korbflechter),[14], Ayjides (Bärenführer)[15]. In Kırklareli, distanzieren sich die alteingesessenen Yerli-Roma von den Halbnomadischen Çerge. Die Yerli sprechen nur Türkisch, während die Çerge, Türkisch und Romanes sprechen. Obwohl beide Gruppen in derselben Mahalla (Stadtviertel) leben, betrachten sich die Yerli höhergestellt als die Çerge[16].

Romastämmige Türken kamen auch als Gastarbeiter nach Westeuropa, sie werden als Türkeistämmige in Deutschland wahrgenommen, mit anderen Roma Gruppen haben sie keine Gemeinsamkeiten[17].

Osmanisches Reich

Der Osmanische Gelehrte Evliya Çelebi berichtet in seinem Seyahatnâme-Reisebuch, über die Rumelische Romanes Sprache der Roma aus Gümülcine. Des Weiteren berichtet er, das Mehmed II. nach der Eroberung von Konstantinopel (1453), Muslimische Roma aus Balat (Aydin) und Gümülcine in Istanbul ansiedelte, sie wurden die Ahnen der Roma Musikanten in Istanbul[18]. Muslimische Roma wurden bevorzugt im Balkan im Osmanischen Reich angesiedelt, sie spielten in Mehterhâne-Musikkappellen und dienten in der Osmanische Armee. Evliya berichtet auch über Reiche Roma, die in Istanbul Pferdehandel betrieben[19]. Aus Osmanischen Archiven geht hervor, das Türkischsprechende Nomaden aus Anatolien in den Balkan angesiedelt wurden, einige wanderten auch auf die Krim. Diese aus 4 Clans bestehende Gruppe wurde von der Landesbevölkerung als Roma betrachtet, die Osmanen nannten sie Türkmen Kıpti und unterschieden sie von anderen Roma Gruppen auf dem Balkan[20].

Literatur

  • Harun Ayar, Suat Karaçük: The Behaviour of Spare Time in Different Cultures – Romanies Sample. In: International Journal of Sport Culture and Science, Band 7, Nr. 1, März 2019, S. 14–24
  • Suat Kolukirik, Şule Toktaş: Turkey's Roma: Political Participation and Organization. In: Middle Eastern Studies, Band 43, Nr. 5, September 2007, S. 761–777
  • Selin Önen: Citizenship Rights of Gypsies in Turkey: Roma and Dom Communities. In: Middle Eastern Studies, Band 49, Nr. 4, Juli 2013, S. 608–622
  • Gül Özateşler: Gypsy Stigma and Exclusion in Turkey, 1970. The Social Dynamics of Exclusionary Violence. Palgrave Macmillan, New York 2014

Weblinks

Commons: Romani people in Turkey – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. https://dergipark.org.tr/tr/download/article-file/259805
  2. https://romani.humanities.manchester.ac.uk/interactive/sampler/tr902.html
  3. https://www.romarchive.eu/rom/collection/t/sepecides/
  4. https://www.burgenland-roma.at/index.php/roma-in-europa/tuerkei
  5. https://www.romarchive.eu/de/terms/xoraxane-roma/
  6. https://openaccess.ihu.edu.tr/xmlui/bitstream/handle/20.500.12154/1199/10317583.pdf?sequence=1&isAllowed=y
  7. https://renk-magazin.de/roma-in-der-tuerkei/
  8. https://dergipark.org.tr/tr/download/article-file/345860
  9. Maximilian Popp: Die Geschichte der Roma wird einfach weggebaggert. Spiegel Online, 21. Januar 2008
  10. https://oui.hypotheses.org/238
  11. https://www.dailysabah.com/turkey/2018/05/07/a-night-and-day-of-feasts-as-roma-festival-kakava-takes-over-edirne
  12. https://de.qantara.de/inhalt/interview-mit-dem-tuerkischen-roma-musiker-ayhan-kuecuekboyaci-wir-roma-sind-mehr-als-nur
  13. https://www.romarchive.eu/de/dance/turkey-dr-adrian-marsh-collection/
  14. http://rombase.uni-graz.at/cd/data/ethn/groupsat/data/sepecides.de.pdf
  15. https://www.romarchive.eu/de/terms/ayjides
  16. https://dergipark.org.tr/tr/download/article-file/751137
  17. https://gypsy-research.org/wp-content/uploads/2019/12/resources-benninghaus-cologne.pdf
  18. https://static.hum.uchicago.edu//slavic/archived/papers/Friedman-OldestBalkRmiw-BDankoff.pdf
  19. . Um 1530 wurde extra ein Sandschak für Muslimische Roma in der Kırklareli (Provinz) durch Sultan Süleyman I. eingerichtethttps://www.academia.edu/1132441/Roma_Gypsies_in_Ottoman_Empire
  20. https://www.researchgate.net/publication/355873685_Turcoman_Gypsies_in_the_Balkans_Just_a_Preferred_Identity_or_More