Russischer Waschsalon

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Als Russischer Waschsalon (engl/international: Russian Laundromat, russ. Российский ландромат) und russische Waschmaschine[1] werden aufgedeckte Geldwäscheprozeduren bezeichnet, bei der in den Jahren von 2010 bis 2014 umgerechnet zwischen 22 und 80 Milliarden US-Dollar Schwarzgeld aus Russland geschleust und, über Moldau, Lettland und Estland transferiert, in Großbritannien und 95 weiteren Staaten gewaschen wurde.[2][3]

Ermittler schätzen, dass eine Gruppe von etwa 500 Personen beteiligt war. Dazu gehören Oligarchen, Moskauer Bankiers und Persönlichkeiten, die für den FSB arbeiten oder mit ihm in Verbindung stehen.[4]

Im Jahr 2014 wurde das internationale Journalistennetzwerk Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) erstmals auf den systematischen Betrug aufmerksam. Sie nannten es (übersetzt) "Russischer Waschsalon".[5][6][7] Durch zugespielte Bankunterlagen, die sie zusammen mit der Nowaja Gaseta und mehr als 20 weiteren Medienhäusern auswerteten, wurde das gesamte Ausmaß des Betrugs bekannt. Insgesamt wurden in dem Zusammenhang über 1,3 Millionen Transaktionen getätigt.[8][9][1]

So wurden Briefkastenfirmen gegründet und Scheinkredite zwischen diesen ausgestellt. Diese wurden nicht bedient, so dass Gerichte die Zwangsvollstreckung der Zahlungsrückstände anordneten. Die Bürgen, zumeist Vorsitzende russischer Unternehmen, zahlten daraufhin mit besagtem Schwarzgeld. Auf diese Weise wurden in der Republik Moldau ca. 22 Milliarden US-Dollar über Korrespondenzbanken an die intendierten Empfänger, darunter auf lettische Bankkonten, überwiesen.

Die Gruppe von Mitgliedern der mittlerweile geschlossenen lettischen Bank Trasta Komercbanka richteten mit hunderten von Schattenkonten wiederum ein System ein, über das Geld anschließend weltweit in über 1000 Firmen, Immobilien, Yachten, Jets, Industriegüter und andere Vermögensgegenstände umgewandelt bzw. angelegt wurde. Laut The Guardian landeten 55 % des gesamten Schwarzgeldes letztendlich im Wirtschaftskreislauf des Vereinigten Königreichs und 44 % in 74 anderen Staaten.[10][1]

Der Recherche zufolge wurden in den Jahren zwischen 2010 und 2014 russische Rubel im Werte eines zweistelligen Milliarden-Dollar-Betrages über die Deutsche Bank von Moskau hauptsächlich nach London und New York transferiert. Ein US-Amerikaner, der in der Russland-Abteilung der Deutschen Bank arbeitete, erhielt demnach Millionen Bestechungsgelder für die Ermöglichung dieser Transaktionen.[11] Die Deutsche Bank wurde daraufhin von der New Yorker Finanzmarktaufsicht mit einem Bußgeld von 425 Millionen US-Dollar und von der britischen Finanzmarktaufsicht mit einer Strafzahlung von 163 Millionen Pfund (204 Millionen US-Dollar) belegt.[12]

Mit Schwarzgeld wurden in Europa die Internatsgebühren für Kinder vermögender Russen und Auftritte britischer Rock-Bands in Russland bezahlt sowie Luxusgüter, bspw. Kunst und Technik, gekauft.[13]

In Deutschland wurde laut BKA geschleustes Geld hauptsächlich in Immobilien investiert. Außerdem floss Geld in Millionenhöhe in Rechnungen von deutschen Unternehmen, wie Bogner, Rohde & Schwarz und BASF.

Die Polizei konnte Vermögenswerte in Höhe von ca. 50 Millionen Euro der Geldwäsche zuordnen und beschlagnahmen.[14] Insgesamt landete Schwarzgeld in Höhe von 190 Millionen Euro auf Bankkonten in Deutschland.[1]

Über Konten der Royal Bank of Scotland flossen mit 113,1 Millionen und über Konten der HSBC mit 545 Millionen insgesamt ca. 740 Millionen US-Dollar in den britischen Wirtschaftsverkehr.[9] Insgesamt flossen laut der schottischen Tageszeitung The Herald etwa 5 Milliarden US-Dollar in Schottland angelegte Briefkastenfirmen.[15]

In die Vereinigten Arabischen Emirate wurden etwa 434 Millionen US-Dollar auf Konten von 11 Briefkastenfirmen transferiert.[16]

In Moldau, wo das Kreditinstitut Moldindconbank zur Geldwäsche genutzt wurde, wurden 25 Personen wegen Betruges angeklagt. In Russland waren 19 Banken, darunter die russische Zentralbank, in der umgerechnet 9,7 Milliarden US-Dollar gewaschen wurden, involviert.

Zwischen 2010 und 2014 wurden auf Konten bei Citibank (35 Millionen) und Bank of America (14 Millionen) etwa 63,7 Millionen US-Dollar Schwarzgeld überwiesen.[8]

In den USA wurden unter anderem Schönheitsoperationen, Consulting-Dienstleistungen und Luxus- und Verbrauchsgüter mit dem Geld bezahlt.[9]

Mehr als 6 Milliarden US-Dollar wurden von der kasachischen BTA Bank zu dessen ehemaligen Vorsitzenden überwiesen und gewaschen.[17]

In der Schweiz landete ein zweistelliger Millionenbetrag auf einem Firmenkonto des Cellisten Sergej Roldugin.[1]

Troika-Laundromat

Im Herbst 2017 flog ein weiteres System auf, bei dem aus Aserbaidschan stammendes Geld über die estnische Filiale der dänischen Danske Bank in der EU gewaschen wurde. Das Projekt ist benannt nach der russischen Investmentbank Troika Dialog, die nach Recherchen der OCCRP maßgeblich in das Geldwäschesystem involviert war.[18]

Howard Wilkinson, der bis 2014 Leiter des Handelsgeschäfts der Danske Bank im Baltikum war und diese dann im Streit verließ, bezifferte den Umfang der inkriminierten Geschäfte vor dem Sonderausschuss für Finanzkriminalität des Europaparlaments auf 230 Milliarden Dollar. Die Danske Bank, die mit derart hohen Beträgen überfordert war, schaltete mit der JPMorgan Chase, der Bank of America und der Deutschen Bank Korrespondenzbanken ein, die ab dem Jahr 2007 dabei halfen die Transaktionen zu bewältigen.

2013 brach JPMorgan Chase und 2015 die Deutsche Bank die Geschäftsbeziehung zu der Danske Bank ab.[19]

Einzelnachweise

  1. a b c d e Hannes Munzinger, Frederik Obermaier, Bastian Obermayer, Paul Radu: Datenleak enthüllt Geld-Pipeline in den Westen. In: sueddeutsche.de. 2019, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 13. April 2019]).
  2. Laundered Russian Cash Went Through Big Banks, Guardian Says in Bloomberg
  3. "Deutsche Bank, Mirror Trades, and More Russian Threads" in The New Yorker by Ed Caesar
  4. Luke Harding, Nick Hopkins, Caelainn Barr: British banks handled vast sums of laundered Russian money. In: The Guardian. 20. März 2017, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 11. Januar 2021]).
  5. Martin Hesse, Andreas Ulrich: Dubiose Quellen: Wie die russische Geldwaschmaschine funktioniert. In: Spiegel Online. 22. Februar 2019 (spiegel.de [abgerufen am 22. Februar 2019]).
  6. Luke Harding: The Global Laundromat: how did it work and who benefited?. In: The Guardian, 20. März 2017. 
  7. OCCRP - The Russian Laundromat. In: Reportingproject.net . 22. August 2014. Abgerufen am 20. März 2017.
  8. a b Luke Harding, Nick Hopkins, Caelainn Barr: British banks handled vast sums of laundered Russian money. In: The Guardian, 20. März 2017. 
  9. a b c Global banks handled laundered Russian cash worth hundreds of millions in CNN by Ivana Kottasova on March 24, 2017
  10. Caelainn Barr, Cath Levett: More than half the funds laundered in a major Russian scheme went via the UK. In: The Guardian, 25. März 2017. 
  11. Ed Caesar: Deutsche Bank, Mirror Trades, and More Russian Threads. 29. März 2017, ISSN 0028-792X (newyorker.com [abgerufen am 14. April 2019]).
  12. Jethro Mullen: Deutsche Bank fined for $10 billion Russian money-laundering scheme. 31. Januar 2017, abgerufen am 14. April 2019.
  13. Martin Hesse, Andreas Ulrich: Dubiose Quellen: Wie die russische Geldwaschmaschine funktioniert. In: Spiegel Online. 22. Februar 2019 (spiegel.de [abgerufen am 14. April 2019]).
  14. Hannes Munzinger, Frederik Obermaier: Harter Schlag gegen Geldwäscher. In: sueddeutsche.de. 20. Februar 2019, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 13. April 2019]).
  15. Scots shell companies used to launder £4 billion out of Russia. 27. März 2017. 
  16. "UAE named in $20bn Russian money laundering scheme " in Arabian Business by Sarah Townsend on March 21, 2017
  17. The Ablyazov Affair: ‘Fraud on an Epic Scale’, The Diplomat. 
  18. Hannes Munzinger, Frederik Obermaier, Bastian Obermayer, Paul Radu: Datenleak enthüllt Geld-Pipeline in den Westen. In: sueddeutsche.de. 2019, ISSN 0174-4917 (sueddeutsche.de [abgerufen am 15. April 2019]).
  19. SPIEGEL ONLINE: Deutsche Bank in Geldwäscheskandal der Danske Bank verstrickt. Abgerufen am 15. April 2019.