Römische Erziehung

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Der Begriff römische Erziehung umfasst die Gesamtheit der römischen Bildungs- und Erziehungsweisen sowie seiner Einrichtungen.

Altrömische Erziehung

Die Römer verdienten anfangs ihren Lebensunterhalt hauptsächlich durch Ackerbau und Tierzucht, infolgedessen kamen sie ohne Schule aus, und die Erziehung fand in der Familie statt. In den jungen Jahren der Kinder lernten sie Bräuche, Sitten und Normen der Gesellschaft unter der Obhut der Mutter. Mädchen blieben, auch wenn sie älter wurden, bei der Mutter und verrichteten häusliche Arbeiten wie Wollespinnen. Die Erziehung der Söhne ging mit etwa 7 Jahren auf den Vater über, der sie praktische Dinge lehrte, die wichtig für Bauern waren.

Die Schulerziehung war Kindern vorbehalten, deren reiche Eltern, Patrone oder Herren bereit waren, das Schulgeld zu zahlen und auf die Arbeitskraft des Kindes zu verzichten.

Neben Sport- und Kampfarten wurden auch Lesen und Schreiben gelehrt. Ab etwa 510 v. Chr. wurde für Söhne reicherer Familien ein politisches Lehrjahr üblich, das tirocinium fori, in dem sie von einem Freund der Familie oder vom Vater selbst in das römische Recht, das Regieren und in die Rhetorik eingeführt wurden. Zusätzlich dazu leisteten sie früh einen Militärdienst ab, damit sie gehorchten und lernten, selber zu befehlen und durch Unterordnung zu führen. Erziehung diente nicht nur der Vermittlung von Wissen, sondern auch von ethischen Werten wie Gehorsam, Bescheidenheit, Beständigkeit, Disziplin, Tapferkeit und der Tugend (Virtus), dabei spielte das Beispiel der Vorfahren und Älteren eine größere Rolle. Die naturwissenschaftliche Bildung stand dagegen im Hintergrund. Mit etwa 16 Jahren legte der Jugendliche die toga virilis (Toga des Mannes) an, das mit einer feierlichen Zeremonie gefeiert wurde, und trug sich in die Bürgerliste ein, womit die Erziehung in der Familie endete.

Griechisch beeinflusste Erziehung

Im Laufe des zweiten Jahrhunderts v. Chr., nach den Punischen Kriegen, stieg Rom zur Welt- und Handelsmacht auf. Die Römer kamen so in Kontakt mit der griechischen Kultur und übernahmen große Teile ihrer Kultur. Als Folge davon richtete sich das römische Schulsystem nach dem griechischen aus, was zu Widerstand in den konservativen Kreisen führte. Deshalb sollten ihre Kinder auch eine Ausbildung bekommen, die ihnen griechische Hauslehrer gaben, die als Sklaven oder Zugezogene nach Rom gekommen waren. Manche gründeten auch öffentliche Schulen, wobei öffentlich nicht staatlich heißt, sondern dass jeder zum Lehren fähige Mann eine Schule gründen und jedes Kind mit reichen Eltern sie besuchen konnte. Als Unterrichtsgebäude diente ein Gebäude am Forum. Weil die Kinder dank griechischer Sklaven zweisprachig aufwuchsen, lernten sie Griechisch nicht erst in der Schule. Wie die griechische Schule war auch die römische dreigeteilt in:

  • Ludus litterarius (Grund-/ Elementarschule)
  • Grammaticus (Grammatik-/ Literaturschule)
  • (Rhetorikschule)

Ludus litterarius

Die Schule besuchten hauptsächlich Jungen und einige Mädchen im Alter von 7 bis 11 Jahren. Der magister ludi lehrte sie Lesen und Schreiben, der calculator die Grundkenntnisse des Rechnens. Da die Lehrer häufig Sklaven oder Freigelassene waren, genossen sie kaum Ansehen und verdienten nur wenig, weshalb sie sich häufig noch einen Nebenberuf zulegen mussten. Die Unterrichtsart war wenig kinderfreundlich und sehr theoretisch. Insgesamt mussten sich die Kinder passiv verhalten, Lernen durch Nachahmung wurde großgeschrieben. Körperliche Züchtigung war üblich, man verwendete hierfür eine Knute oder einen Stock. So war „Die Hand für die Peitsche hinhalten“ eine Redewendung für „in die Schule gehen“. Zuerst wurden Buchstaben gelehrt, dann Silben, später ganze Wörter. Je nachdem, was sie gerade lernten, nannte man sie abecedarii, syllabirii oder nominarii. Auch lernten Schüler, um das Gedächtnis zu fördern, Texte auswendig, die oft einen moralischen Inhalt hatten. Der Unterricht begann im Sommer bei Sonnenaufgang, im Winter noch in der Nacht, und dauerte bis zum späten Nachmittag, unterbrochen von einer kurzen Mittagspause. Schulfrei war von Ende Juli bis Mitte Oktober. Ein Sklave, der paedagogus, begleitete den Schüler nach dem Unterricht heim, um ihn vor den Gefahren der Straße zu schützen. Auch musste er helfen, ihn zu erziehen und mit ihm lernen. Mit der Grundschule endete dann meist auch die Ausbildung der Kinder aus ärmeren Schichten.

Grammaticus

Im Alter von 12 bis 16 Jahren besuchten Jungen aus der Oberschicht die Grammatikschule. Der Lehrer, grammaticus, erhielt ein etwas höheres Einkommen als der magister ludi, genoss aber wie dieser kein großes Ansehen. Meistens waren es Griechen, da diese sich gut in der griechischen Sprache und Schrift auskannten. Die Unterrichtssprache war anfangs Griechisch, weil es kaum höhere lateinische Literatur gab. Zur Zeit Augustus’ setzte sich jedoch Latein durch. Die Jugendlichen beschäftigten sich mit griechischen Werken wie der Ilias und der Odyssee von Homer, später mit Werken lateinischer Autoren wie Ennius, Cicero, Vergil und Horaz. Damit verbunden waren Erklärungen des Stils und der Grammatik.

Die Arbeit am Text erfolgte in vier Stufen:

  • emendatio = Textkritik: Da man in scriptio continua, also ohne Lücken zwischen den Wörtern schrieb, musste man den Text vor dem Lesen bearbeiten.
  • praelectio = Vorlesen
  • enarratio = Erklären, nach Form und Inhalt gegliedert
  • crisis = Beurteilung

Die moralische Auswertung steht im Vordergrund. Daneben wurden auch Poetik, Literaturgeschichte, Mythologie, Philosophie, Geschichte, Geographie und andere Fächer gelehrt. Diese wurden aber nur als Teil der Lektüre behandelt. Auch die Grundbausteine der Rhetorik wurden teilweise gelehrt obwohl die Rhetorik erst in der Rhetorikschule ausführlich gelehrt und besprochen wurde. Das Ziel war eine umfassende Allgemeinbildung, wobei dazu nicht die naturwissenschaftlichen Fächer zählten. In Aufsätzen arbeiteten die Schüler zum ersten Mal selbstständig. Sie verfassten beispielsweise kurze Texte, mussten möglichst wortgetreu nacherzählen oder erörterten Aussprüche berühmter Persönlichkeiten.

Rhetorikschule

In die Rhetorikschule gingen junge Männer im Alter von 16 bis 20 Jahren. Sie gehörten der römischen Oberschicht an, da diese Einrichtung viel Schulgeld kostete. Für den Beruf spielte sowohl in der politischen, als auch in der juristischen und militärischen Laufbahn Rhetorik, auch hier war das meiste von den Griechen übernommen, eine ungemein große Rolle. Ein Rhetor lehrte die Schüler Redekunst, Philosophie und Rechtslehre. Der Lehrer genoss höheres Ansehen als die anderer Schulen und bezog ein mäßiges Gehalt; wenn es sich um einen berühmten Politiker oder Persönlichkeit handelte, steigerte sich dieses erheblich.

Teilgebiete des Unterrichts waren:

  • Einführung in die Theorie
  • Studium der Vorbilder
  • Vorbereitende Übungen
  • Deklamationen

Die Stufen bei der Vorbereitung einer Rede waren:

  • inventio = Stofffindung
  • dispositio = Gliederung
  • elocutio = Ausformulierung
  • memoria = Auswendiglernen
  • actio = Halten der Rede

Die an die Schüler gestellten Aufgaben waren beispielsweise eine Rede für oder gegen einen Angeklagten zu halten. Dies waren oft konstruierte Fälle, wie folgender: Laut einem Gesetz hat eine vergewaltigte Frau zwischen der Todesstrafe für ihren Vergewaltiger und der Heirat mit ihm ohne Mitgift zu wählen. Ein Mann tut in derselben Nacht zwei Frauen Gewalt an. Die eine fordert den Tod, die andere will ihn heiraten.

Sonstiges

Es gab in Rom nie eine Schulpflicht, stattdessen war der Schulbesuch immer freiwillig. Die Bildung war stark vom elterlichen Einkommen abhängig, da erst in der Kaiserzeit staatliche Schulen gegründet wurden, die dann auch für Propagandazwecke eingesetzt wurden. Nach der Rhetorikschule schloss sich oft ein Aufenthalt in Griechenland an, meistens in Athen. Im Gegensatz zum griechischen Schulsystem hatten Kunst, Musik und Schulsport keine große Bedeutung, stattdessen mussten Kinder vor allem Lesen und Schreiben können.

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