SS-Anwärter

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SS-Anwärter (SS-A; SS-Anw.) oder auch SS-Staffel-Anwärter war die Sammelbezeichnung aller SS-Bewerber, die ihre dreimonatige Probezeit in den Bewerberzügen erfolgreich durchlaufen hatten und die für weitere drei Monate in sogenannte Lehrstürme überführt worden waren, wo ihnen ein (vorläufiger) SS-Ausweis übergeben wurde und in denen sie am regulären SS-Dienst teilnahmen sowie weltanschaulich geschult wurden. Gemäß dem Befehl des Reichsführers SS mit der Tagebuch-Nr. A/9434 vom 9. November 1935 galten als SS-Anwärter all jene, die noch nicht als vollwertiges Mitglied in die SS aufgenommen worden waren.[1] Im Gegensatz zu den SS-Bewerbern hatten sie ersten Etappen der Aufnahme- und Bewährungsrituale in den Ausbildungseinheiten durchlaufen und genügten den Anforderungen des Rasse- und Siedlungshauptamtes.[2]

In der SS-Verfügungstruppe und in den SS-Totenkopfverbänden war es zudem der Sammelname aller SS-Soldaten während ihrer ersten drei Dienstjahre, wo sie in sogenannte Staffeldienstgrade[3] befördert werden konnten.

Mit Wirkung vom 1. Juni 1936 lauteten die Dienstgradbezeichnungen für SS-Anwärter:[1]

  1. Staffelanwärter,
  2. Staffelmann,
  3. Staffelsturmmann usw.

Aufgrund der unterschiedlichen Definitionsmöglichkeiten des Status SS-Anwärter innerhalb der SS sah sich der Chef des SS-Hauptamtes im Januar 1939 gezwungen, eine für alle SS-Dienststellen einheitliche Begriffsbestimmung festzulegen, damit eine einheitliche Einordnung der SS-Anwärter in den Stärke- und Veränderungsmeldungen erfolgen konnte:

SS-Anwärter sind die jenigen SS-Angehörigen, die unter Zuteilung einer SS-Nummer vorläufig in die SS aufgenommen sind, das heißt sämtiche Staffel-Männer und Staffel-Dienstgrade.“

Berlin am 14. Januar 1939, der Chef des SS-Haumtamtes, VI/Az. B10/1.12.28

Diese Definition galt rückwirkend zum 1. Januar 1939. Damit umfasst der Begriff SS-Anwärter alle SS-Angehörigen, die vorläufig in die Schutzstaffel übernommen wurden, d. h., alle Staffelmänner und Staffeldienstgrade.[4]

SS-Anwärter durften ab 1938 zur Uniform Kragenspiegel ohne Paspelierung tragen und erhielten ab 1939 endgültige SS-Ausweise.

1941 wurde der Parteidienstgrad SS-Anwärter in den Heeresdienstgrad Schütze umbenannt.[1]

Rangfolge und Insignien

Kragenspiegel
SS-Rangbezeichnungen Allgemeine SS
niedriger:
SS-Bewerber
Dienstrang:
SS-Anwärter / Staffel-Anwärter
höher:
SS-Mann

Uniformierung

SS-Anwärter trugen im Allgemeinen die Uniformen ihrer SS-Gliederung, das heißt, sie trugen die Uniformen der Allgemeinen SS, der SS-Verfügungstruppe oder der SS-Totenkopfverbände. Abweichend davon war es ihnen nicht erlaubt, irgendwelche Abzeichen an den Uniformen zu tragen. Ausnahme waren nur die Hakenkreuzarmbinde am linken Oberarm sowie der SS-Totenkopf und das Hoheitszeichen der NSDAP an den Dienstmützen.

1938 war es den Anwärtern der Allgemeinen SS erlaubt, zur schwarzen Dienstuniform weiße Hemden und Kragenspiegel ohne Paspelierung zu tragen.

Der Werdegang vom Bewerber zum SS-Mann

Der deutsche Historiker Heinz Höhne beschrieb in seinem Standardwerk „Der Orden unter dem Totenkopf“ mit dem Untertitel „Die Geschichte der SS“ grob den Werdegang eines SS-Bewerbers bzw. -Anwärter zum SS-Mann:

„Am 9. November, dem Jahrestag des Münchner Bierkeller-Putsches, trat der 18jährige Kanididat in die SS ein, wurde zum Staffel-Bewerber ernannt und zog eine SS-Uniform ohne Kragenspiegel an. Der 30. Januar (NS-Machtübernahme) sah den Staffel-Bewerber bereits als Staffel-Jungmann und im Besitz eines vorläufigen SS-Ausweises. Erster Höhepunkt war dann Hitlers Geburtstag. Am 20. April, mit Kragenspiegeln und endgültigem SS-Ausweis vsehen, den Eid auf seinen Führer. […] Doch für den Staffel-Anwärter der Allgemeinen SS war die Zeit der Prüfungen noch nicht vorbei. Zwischen Schwur (20. April) und Einrücken zum Arbeitsdienst (1. Oktober) musste der Anwärter das Reichssportabzeichen erwerben und den SS-Katechismus erlernen, dessen Frage- und Antwort-Spiel den Staffel-Anwärter noch tiefer in den Hitler-Kult des Schwarzen Ordens einführte. […] Derartig weltanschaulich gedrillt, absolvierte nun der Staffel-Anwärter seine Pflichtzeit in Arbeitsdienst und Wehrmacht, um schließlich in neuer Gestalt bei der SS aufzutauchen, als Staffel-Vollanwärter. Lauteten die Auskünfte der Wehrmacht günstig, so konnte er innerhalb eines Monats endgültig in den Orden aufgenommen werden. Erneut schrieb man den 9. November: Der Kreis hatte sich geschlossen. Der neue SS-Mann legte abermals einen Eid ab. Diesmal schwor er für sich und seine zukünftige Familie, den Heiratsbefehl des Reichsführer-SS vom 31. Dezember 1931 zu befolgen, der allen SS-Mitgliedern die Pflicht auferlegte, ‚einzig und allein nach rassischen und erbgesundheitlichen Gesichtspunkten‘ und nur mit Genehmigung des RuSHA oder Himmlers zu heiraten.“

Heinz Höhne: Der Orden unter dem Totenkopf. Die Geschichte der SS. Kapitel „Der Orden“, Weltbild Verlag, 1992, ISBN 3-89350-549-0, S. 138–139

Höhne beschreibt in seinem oben zitierten Buch den Weg „vom Staffel-Bewerber zum SS-Mann“ wie folgt, wobei er sich auf die von Himmler verfasste Verkündung beruft.[5] Dabei verwendet er auch die vom Reichsführer etablierten, aber nie offiziell eingeführten Begriffe „Staffel-Jungmann“ und „Staffel-Vollanwärter“.

Am 9. November 1935 griff das von Himmler eingeführte „Ehrengesetz des SS-Mannes“, das auch neben dem „Führereid“ auch das Bekenntnis zu Adolf Hitler und seiner nationalsozialistischen Idee beinhaltete.[6]

Himmler selbst bezog sich bei diesem „Frage-Antwort-Spiel“ auf das Buch „50 Fragen und Antworten für den SS-Mann“, dessen erste Frage „Wie lautet dein Eid?“ wie folgt beantwortet werden musste:

„Wir schwöre Dir, Adolf Hitler,
als Führer und Kanzler des Deutschen Reiches
Treue und Tapferkeit.
Wir gelobe Dir und den von Dir bestimmten Vorgesetzten
Gehorsam bis in den Tod,
So wahr uns Gott helfe.“[6]

Die nächsten Fragen lauteten: „Glaubst Du an einen Gott?“, „Was hältst Du von einem Menschen, der an keinen Gott glaubt?“ und die erwarteten Antworten „Ja, ich glaube an einen Herrgott.“ und „Ich halte ihn für überheblich, größenwahnsinnig und dumm; er ist für uns nicht geeignet.“[6]

„SS-Bewerber“ war gemäß Himmler und Höhne, wer am 9. November 18-jährig in die SS eintrat und dort bereits in Uniform Dienst tat.

Als „Staffel-Jungmann“ definierten Himmler wie auch Höhne einen SS-Bewerber, der bereits am 30. Januar im Besitz eines vorläufigen SS-Ausweises war.

Wie sich „der Weg des SS-Mannes“ innerhalb der verschiedenen Gliederungen der Schutzstaffel gestaltete, wird in den nachfolgenden Abschnitten dargestellt.

Allgemeine SS

SS-Staffel-Anwärter der Allgemeinen SS war der Sammelname jener, die sich um Aufnahme in der Allgemeinen SS beworben hatten und über deren endgültige Aufnahme noch nicht entschieden war.

Der Begriff „SS-Anwärter“ stammt aus Zeiten des massiven Ausbaus der nationalsozialistischen Schutzstaffel, der zwischen 1930 und 1933 vorgenommen wurde. Er wurde gemäß der „Vorläufigen Dienstordnung für die Arbeit der SS“ (DU-DO-31) im Juni 1931 eingeführt und löste den bis dahin gebräuchlichen Begriff des SS-Bewerbers ab. Punkt XI.2, der über die Aufnahmekriterien in der SS handelte, besagte, dass an SS-Anwärter gestellt werde, dass sie mindestens 23 Jahre alt, eine Mindestgröße von 170 cm, dass sie, hier führte die DU-DO-31 die Aufnahmekriterien der Richtlinien von „Schutzstaffeln“ der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiter-Partei vom 28. August 1926 fort, Parteimitglieder sein und zudem zwei Bürgen aus Reihen der Partei stellen müssten. Zudem hätten sie ein polizeiliches Führungszeugnis vorzulegen und Wohndauer von fünf Jahren am Ort nachzuweisen. Ihre Aufnahme- und Verpflichtungsscheine hätten sie zudem mit zwei Lichtbildern der Oberleitung München zuzuleiten.

Eine Mitgliedschaft in der NSDAP wurde stets vonseiten der Reichsführung als Grundvoraussetzung für die Aufnahme in die Allgemeine SS angesehen. Doch die jährlich herausgegebenen Dienstalterslisten der SS wiesen in der Statistik aus, dass vor allem innerhalb des obersten und mittleren Führerkorps der Allgemeinen SS ein großer Teil der SS-Führer keine Parteigenossen waren: So wies auch die 1938 herausgegebene DAL 1144 SS-Führer auf, die keine Parteimitglieder der NSDAP waren und damit einen Gesamtanteil von 8,3 % des Führerkorps darstellten.[7]

Bis zur förmlichen Trennung der Begriffe „SS-Bewerber“ und „SS-Anwärter“ im Januar 1939 wurden beide innerhalb der SS synonym verwendet, obgleich sie offiziell bereits seit dem 15. Oktober 1934 in zwei unterschiedliche Staffel-Dienstgrade unterschieden wurden.[8]

SS-Staffel-Anwärter waren verpflichtet, sich auf eigene Kosten eine schwarze SS-Uniform zu kaufen, deren einzige SS-Insignien das Hoheitszeichen der NSDAP und der Totenkopf an der Mütze sowie die schwarz geränderte Hakenkreuzarmbinde war. Bis Ende 1938 war es zudem üblich, dass ihnen vonseiten der Oberleitung München, die seit 1933/34 unter der Bezeichnung „Reichsführung SS“ agierten, ein vorläufiger SS-Ausweis ausgestellt wurde. Zudem waren Anwärter zum SS-Dienst verpflichtet, die sie anfänglich in Ausbildungseinheiten, den sogenannten Lehrstürmen, taten.

Vom Reichsführer Himmler war es zudem vorgesehen, dass alle Anwärter der SS eine Dienstzeit von 1 ½ Jahren zu durchlaufen hätten, bevor sie als 21-jährige nach Ableistung des Eides auf Hitler und der Reichsarbeitsdienst- und Wehrpflicht durch Aushändigung des SS-Dolches zum vollwertigen SS-Mann aufstiegen.[6]

SS-intern wurde der Werdegang des SS-Bewerbers über den SS-Anwärter zum SS-Mann auch mit den Begriffen „Staffel-Jungmann“ und „SS-Vollanwärter“ beschrieben, wie das obige Zitat von Höhne belegt. Auch besaßen nach diesem SS-Anwärter bereits eine schwarze Uniform mit Kragenspiegeln und einen vorläufigen SS-Ausweis.[9]

Am 6. Februar 1936 revidierte der Reichsführer SS Himmler die Dauer der Anwartschaft für Angehörige der HJ wie folgt:

„1.) Die Anwärterzeit in der SS für HJ-Angehörige, die bereits vor dem 30.1.33 der Hitlerjugend angehörten und aus ihr nach ununterbrochener Dienstzeit zur SS übergetreten bzw. in Zukunft übertreten werden, wird entgegen den im Befehl vom 9. November 1935 A/9434, festgelegten Bestimmungen auf ein halbes Jahr festgesetzt.
2.) Diese Vergünstigung ist auch den HJ-Angehörigen zu gewähren, die noch während ihrer Zugehörigkeit zur Hitlerjugend ihre Arbeitsdienst- und Wehrpflicht erfüllt haben und anschließend hieran der SS beitreten.
3.) Die Voraussetzung für die Anwendung dieser Sonderregelung ist jedoch, daß in beiden Fällen durch entsprechende Dienstbescheinigungen in lückenloser Nachweis über die abgeleisteten Dienstzeiten geführt wird.
Der Reichsführer-SS
gez. Himmler“

Der Reichsführer-SS: Betr.: SS-Anwärterzeit für SS-Angehörige, Tgb.Nr. VI/13054, Berlin, den 6. Februar 1936.

Obgleich der Nachweis der arischen Abstammung für SS-Bewerber und -Anwärter obligatorisch war, kamen viele Bewerber und Anwärter diesem Nachweises nicht nach. Offiziell wurde die Überlastung der zuständigen Pfarrämter angeführt, sodass sich Himmler genötigt sah, am 5. September 1936 folgende Anweisung herauszugeben:

„Die Beschaffung der Unterlagen für den Nachweis der arischen Abstammung der SS-Anwärter ist auf erhebliche Schwierigkeiten gestoßen, da die Pfarrämter zurzeit sehr stark überlastet sind und die jüngeren SS-Anwärter oft auch nicht über die erforderlichen Geldmittel, die zur sofortigen Beschaffung der Urkunden erforderlich sind, verfügen.
In Ergänzung des Befehls RFSS Chef des SS-Amtes P II Tgb.Nr. 9757 vom 1.10.1934 wird daher als Übergangsbestimmung befohlen:
1.) Aufnahme von Staffelanwärter in die SS, deren Aufnahmegesuch bereits läuft:
SS-Anwärter, deren Aufnahmegesuch in den Jahren 1934 bis 1936 eingereicht wurde, dürfen bereits vor Abschluß der Nachprüfung der arischen Abstammung in die SS aufgenommen werden. In Abänderung des Abs.-12 des oben erwähnten Befehls sind von diesen SS-Bewerbern sofort einzureichen:

1.) Ein SS-Aufnahme- und Verpflichtungsschein mit Lichtbild (Kopfgröße 2 cm).
2.) Ein polizeiliches Führungszeugnis.
3.) Ein politisches Führungszeugnis der zuständigen Ortsgruppe der NSDAP, der HJ, des FAD. oder gegebenenfalls der SA.
4.) Ein Lichtbild für den SS-Ausweis (Kopfgröße 2 cm). Die unter 2 und 3 genannten Papiere können von den ausstellenden Behörden oder Parteidienststellen direkt an den aufnehmenden SS-Sturm gesand werden.
5.) Ein R.u.S.-Fragebogen, genau ausgefüllt.
6.) Ein Erbgesundheitsbogen, genau ausgefüllt, unterschrieben und vom zuständigen SS-Arzt geprüft und unterschrieben.

Nach Abgabe dieser Papier kann die Aufnahme des SS-Bewerbers als Staffel-Anwärter gemäß Abs. 14 des genannten Befehls erfolgen. Er hat regelmäßig am SS-Dienst teilzunhemen und ist zum Tragen des SS-Dienstanzugs berechtigt, jedoch ohne Seitenwaffe.

Soweit einzelne der obengenannten Aufnahmepapiere bereits eingesandt sind, ist eine nochmalige Ausfertigung nicht erforderlich. Es sind lediglich die fehlenden Papiere nunmehr umgehend einzureichen.

Das R.u.S.-Hauptamt-SS überprüft die Aufnahmegesuche daraufhin, ob aus erbgesundheitlichen Gründen Einwände gegen die endgültige Aufnahme des SS-Bewerbers erhoben werden müssen und gibt die Aufnahmepapiere unter Mitteilung des Prüfungsergebnisses an das SS-Hauptamt weiter.
Falls der Antragssteller für die SS geeignet ist, verfügt das SS-Hauptamt nunmehr seine endgültige Aufnahme in die SS gemäß Befehl RFSS Tgb.Nr. A/9434 v. 9.1.1935 unter Berücksichtigung des Befehls RFSS, Chef des SS-Hauptamtes, Z.K. Tgb.Nr. Ch. 1003/36 vom 25.5.1935.

2.) Nachträgliche Erbringung des Nachweises über die arische Abstammung.
Sämtliche SS-Anwärter, deren Aufnahme gemäß Abs. 1 erfolgt ist, sind verpflichtet, den Nachweis der arischen Abstammung gemäß den auf der SS-Ahnentafel enthaltenen Richtlinien bis spätestens 1.1.1938 zu erbingen. Die Schulungsleiter des R.u.S.-Hauptamtes-SS haben die SS-Anwärter hierbei weitestgehend zu beraten und zu unterstützen.

Der Führer der Einheit hat sich laufend davon zu unterrichten, daß der Antragssteller an der Aufstellung seiner Ahnentafel arbeitet. Er hat sich zu diesem Zweck monatlich einmal von den SS-Anwärtern die Ahnentafel mit den in der Zwischenzeit neu beschaffenen Urkunden und dem geführten Schriftwechsel vorlegen zu lassen. Über die regelmäßige Überwachung der Ahnenforschung ist vom Führer der Einheit entsprechende Eintragung in das Dienstbuch zu machen.

3.) Aufnahme neuer SS-Bewerber.
SS-Bewerber, deren Aufnahme 1937 und später erfolgen soll, sind nach Möglichkeit bereits ein Jahr vor der beabsichtigten Übernahme aus der HJ. durch die SS-Musterungskommission auf SS-Tauglichkeit zu untersuchen. Diese SS-Bewerber sind bereits bei der Musterung von dem zuständigen Rassereferenten ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß die Aufnahme in die SS u.a. vom Nachweis der arischen Abstammung bis 1.1.1800 abhängig ist und daß sich die SS-Bewerber daher sofort um die Beschaffung der entsprechenden Unterlagen bemühen müssen, also noch bei der Dienstleistung bei der HJ.

Der Reichsführer SS
H. Himmler“

Der Reichsführer-SS: Betr.: Aufnahme von SS-Bewerbern in die SS., RuS/Sip. IIIy 22701, Verteiler V a, 5. September 1936.

Allgemein erfolgte der Eintritt in die Allgemeine SS im Alter von 17 ½ Jahren als Bewerber, wobei der Aufnahme- und Verpflichtungsschein (AV-Schein) im Januar/Februar beim örtlichen SS-Sturm abgegeben wurde und man in diesem um eine Aufnahme zum April bat. Nach Ableistung einer sechsmonatigen Probe- und Bewährungszeit in den Bewerberzügen und den Lehrstürmen der Allgemeinen SS wurde der Kandidat am 9. November offiziell als Staffel-Anwärter in die SS aufgenommen. In der sechsmonatigen Probe- und Bewährungszeit konnte der Kandidat jederzeit schriftlich seinen Austritt erklären oder der lokale SS-Sturmführer konnte diesen ohne Angabe von Gründen entlassen, wenn dieser der Ansicht war, der Kandidat sei für die weitere Verwendung in der SS nicht geeignet. Außerdem konnte Himmler in seiner Funktion als Reichsführer jederzeit Anwärter entlassen, ausschließen oder ausstoßen, wenn diese nicht SS-geeignet waren oder massiv gegen den SS-Ehrenkodex verstoßen hatten.

In den sechs Monaten zwischen der Vereidigung auf Adolf Hitler (20. April) und der Einberufung zum Reichsarbeitsdienst (1. Oktober) musste der SS-Staffel-Bewerber nicht nur das SA-Sportabzeichen, sondern auch das Deutsche Reichssportabzeichen in Bronze erwerben sowie den sogenannten SS-Katechismus erlernen, der ihm als „Frage- und Antwort-Spiel“ im „Weltanschaulichen Unterricht“ übermittelt wurde. Durch diese Indoktrinierung sollte der Staffel-Bewerber so den Nationalsozialismus mit seinem Führer- und Gefolgschaftssystem verinnerlichen.

Am 20. April wurde der Bewerber durch seinen Eid auf Hitler offiziell als SS-Staffel-Anwärter übernommen und es wurden ihm (ab 1938) ein endgültiger SS-Ausweis und die Kragenspiegel ohne Paspelierung übergeben.

Am 1. Oktober verließ der Staffel-Anwärter seine SS-Einheit und absolvierte als überzeugter Nationalsozialist seinen halbjährigen Reichsarbeitsdienst, dem die zweijährige Wehrdienstpflicht folgte. In dieser Zeit ruhte die Anwartschaft und der SS-Anwärter wurde offiziell als SS-Zugehöriger in den Mitgliederlisten geführt.

Seinen Wehrdienst leistete der SS-Staffel-Anwärter gleich dem vollwertigen SS-Angehörigen überwiegend in der Wehrmacht ab. Lediglich ein kleiner Teil von SS-Staffel-Anwärtern und SS-Angehörigen trat in die SS-Verfügungstruppe ein. Da jedoch in der SS-Verfügungstruppe grundsätzlich die erreichten Dienstgrade der Allgemeinen SS nicht anerkannt wurden[10], besaßen deren Staffel-Anwärter und Angehörigen keinen Anspruch, in der Verfügungstruppe in ihren bereits erreichten Staffel- und SS-Dienstgraden eingesetzt zu werden.

Nach Beendigung seiner Wehrdienstzeit kehrte der SS-Staffel-Anwärter wieder in seine reguläre Einheit zurück und nahm dort wieder seinen Dienst aus. Dieser „SS-Dienst“ war vielschichtig. So konnte er aus mehrtägigen „Alarmierungen“ zweimal in der Woche abends und an zwei Sonntagen im Monat für einige Stunden bestehen.[11] Viel Wert wurde auch auf den Dienstsport gelegt. Daher musste – wenn möglich – das Reichssportabzeichen in allen Stufen erworben werden. War ein SS-Staffel-Anwärter besonders sportlich begabt, dann wurde er in SS-Sportgemeinschaften überführt und vom SS-Dienst befreit, damit er sich auf seine sportlichen Aufgaben konzentrieren konnte.[12]

SS-Dienst war aber auch, neue Mitglieder für die SS und die NSDAP sowie neue Abonnementen des Völkischen Beobachters und für das Zentralorgan der Reichsführung SS (Das Schwarze Korps) zu werben.

Als Einsatzdienst galt auch die Teilnahme eines SS-Staffel-Anwärters am „SS-Streifendienst“. SS-Staffel-Anwärter, die aktiver Teil der „Aufmarsch-SS“ waren und die zu Propagandamärschen oder Aufmärsche bei NSDAP-Reichsparteitagen waren, leisten ebenfalls dort einen Einsatzdienst ab. Desgleichen, wenn sie als sogenannte „Absperr-SS“ auf Reichsparteitagen oder bei lokalen Parteiveranstaltungen in Form des Saalschutzes Sicherungsaufgaben und Personenschutz leisteten.

Im Rahmen des Einsatzdienstes konnten von SS-Staffel-Anwärter, vor allem während des Zweiten Weltkrieges, auch Bewachungs- und Sicherungsaufgaben polizeiähnlichen Charakters durchgeführt werden. Aber auch die vor- und nachmilitärische Schulungen durch Angehörige der Ergänzungsverbände der Verfügungstruppe und/oder in einem der drei SS-Übungslager (Dachau, Sachsenhausen und Buchenwald) der SS-Totenkopfverbände erfolgten.

Im Katastrophenfall konnten SS-Staffel-Anwärter zudem im Rahmen ihres Einsatzdienstes zu Stürmen oder Sturmbanne z. b. V. (zur besonderen Verwendung) zusammengeführt werden.

Zudem durchlief er erneut eine starke ideologische Indoktrinierung in Form der „Weltanschaulichen Schulung“, die nach Weisungen des SS-Rasseamtes und des Rassenpolitischen Amtes der NSDAP erfolgten und die unter der Zuständigkeit des Schulungsamtes der NSDAP stattfand. So unterhielt dieses eine Abteilung innerhalb der SS, welche dort als SS-Schulungsamt bezeichnet wurde.

Die Wehrmacht beurteilte alle ihre Wehrpflichtigen, so auch die in ihr dienenden SS-Angehörigen. Wurde dort einem Staffel-Anwärter durch ein Führungszeugnis der Wehrmachtsstellen bescheinigt, dass dieser seine Militärdienste dort ohne Auffälligkeiten durchlaufen hatte. Hatte sich der SS-Angehörige jedoch für eine Weiterverwendung in der Wehrmacht als Berufssoldat entschieden, so konnte er aus der SS „in Ehren aus- und in das Reichsheer eintreten“. Entschied er sich gegen eine militärische Weiterverwendung, so hatte der intern nun „Staffel-Vollanwärter“ genannte SS-Angehörige die Möglichkeit, innerhalb von vier Wochen endgültig in die Allgemeine SS aufgenommen zu werden.

Erneut am 9. November erfolgte wieder eine Vereidigung, bei der sich der SS-Staffel-Anwärter verpflichtete, die „Ordensgesetze der SS“ einzuhalten und seine zukünftige Familie getreu gemäß den Rassengesetzen der SS zu begründen sowie alle Vorgaben der Reichsführung SS und des RuSHA einzuhalten.

Mit Verleihung der 1933 durch Himmler eingeführten Seitenwaffe („SS-Dolch“) wurde der bisherige SS-Staffel-Anwärter zum vollwertigen SS-Mann.

Alle Angehörige der Schutzstaffel unterstanden zudem einer Sondergerichtsbarkeit, die den SS-Mann der Allgemeinen SS, aber auch den Angehörigen des Sicherheitsdienst des Reichsführer SS (SD), die SS-Männer der SS-Totenkopfverbände und die Angehörigen der SS-Verfügungstruppe sowie die Angehörigen SS-Junkerschulen, welcher später zur Waffen-SS verschmolzen, von der regulären Judikativen unabhängig machte und diese der SS-Gerichtsbarkeit unterstellten.

SS-Verfügungstruppe

SS-Staffel-Anwärter der SS-VT, wie die Freiwilligenbewerber der SS-Verfügungstruppe ursprünglich genannt wurden, mussten – gleich den Anwärtern der Allgemeinen SS – „SS-Tauglichkeit“ besitzen, wie diese durch das RuSHA definiert wurde. Zudem mussten sie ebenfalls deutsche Staatsangehörige sein.

Jeder Interessierte konnte sich, wenn er allen Vorgaben der Inspektion der SS-Verfügungstruppe entsprach, bei den für diesen zuständigen Erfassungsstellen der Wehrmacht oder bei für ihn zuständigen regionalen SS-Standarte um Aufnahme bitten. Bei Annahme wurden die Staffel-Bewerber der SS-VT nach ihrer zwölfwöchigen Grundausbildung, die gleichzeitig auch ihre Probezeit[13] in der Truppe darstellte, aktiv in den militärischen Dienst eingebunden.

Was die SS-Verfügungstruppe von der Allgemeinen SS unterschied, war die Tatsache, dass in ihr der Probezeit keine zwölfwöchige „Bewährungszeit“ in den Lehrstürmen folgte. Nach Ablauf der Probezeit erfolgte am 9. November eines jeden Jahres um 22:00 Uhr die feierliche Vereidigung der Staffel-Bewerber auf Adolf Hitler. Die Vereidigung fand stets an der MünchnerFeldherrnhalle am Odeonsplatz unter großer Teilnahme der Bevölkerung und in der Anwesenheit Hitlers statt. Aus den Bewerbern waren nun offiziell SS-Staffel-Anwärter der SS-VT geworden. Auch diese mussten eine 1½-jährige Anwartschaft durchlaufen und konnten 36 Monate in sogenannte Staffel-Dienstgrade befördert werden. Ihre Bezahlung jedoch entsprach der eines SS-Mannes.

Die Staffel-Anwärter der SS-VT wurden aktiv in den Einheiten und Verbänden der Verfügungstruppe eingebunden und leisten dort ihren aktiven „SS-Dienst“ ab.

Nach einer Gesamtdienstzeit von zwei Jahren galt die allgemeine Wehrpflicht als abgeleistet und bei Eignung beziehungsweise Erfüllung der dafür erforderlichen Voraussetzungen erfolgte in der Regel die anstehende Beförderung zum SS-Rottenführer.

Waffen-SS

Ab März 1940 wurde die SS-Verfügungstruppe offiziell in Waffen-SS umbenannt. Ab diesem Zeitpunkt war für SS-Freiwillige mit dem Einrücken in die entsprechende Waffen-SS-Einheit oder den entsprechenden Verband die einheitliche Rangbezeichnung SS-Schütze bzw. SS-Oberschütze verbindlich. Dies traf gleichermaßen zu auf ausländische Freiwilligenbewerber.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c Andrew Mollo: Uniformen der Waffen-SS. S. 152.
  2. Heinz Höhne: Der Orden unter dem Totenkopf. Die Geschichte der SS. Weltbild Verlag, 1992, ISBN 3-89350-549-0, S. 138–139.
  3. Alle Staffeldienstgrade gem. Tgb.-Nr. A/9434 v. 9. November 1935 mit Wirkung vom 1. Juni 1936: Staffel-Anwärter, Staffel-Mann, Staffel-Sturmmann, Staffel-Rottenführer, Staffel-Unterscharführer, Staffel-Scharführer, Staffel-Oberscharführer, Staffel-Hauptscharführer.
  4. John F. Steiner: Power Politics and Social Change in National Socialist Germany: A Process of Escalation into Mass Destruction. S. 252.
  5. Bundesarchiv: Persönlicher Stab Reichsführer SS, NS 19/1457.
  6. a b c d Heinrich Himmler: Die Schutzstaffel als antibolschewistische Kampforganisation, Zentralverlag der NSDAP München 1937, Abschnitt „Ehrengesetz des SS-Mannes“, S. 26–28.
  7. Quelle: SS-Dienstaltersliste 1938, Anhang „Statistik“, Führerkorps nach Dienstgraden und Parteizugehörigkeit. S. 527.
  8. Robin Lumsden: The Allgemeine-SS. Kapitel „Rang and titles“, S. 61.
  9. Heinz Höhne: Der Orden unter dem Totenkopf, Die Geschichte der SS. S. 139.
  10. Rolf Michaelis: Die Waffen-SS. Mythos und Wirklichkeit, S. 48.
  11. Bastian Hein: Elite für Volk und Führer?, S. 309.
  12. Bastian Hein: Elite für Volk und Führer?, S. 222.
  13. Gordon Williamson: Die Waffen-SS 1933–1945. Kapitel Zwei „Rekrutierung“, S. 10.