Sacks-Evertson-Bohrloch-Dehnungsmesser

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Sacks-Evertson-Bohrloch-Dehnungsmesser (englisch Sacks-Evertson borehole strain meter) sind kontinuierlich messende, hochauflösende geodätische Instrumente zur Messung von volumetrischen Verformungen (Extension, Kompression) der Erdkruste. Die Instrumente messen relative Volumenänderungen im Nanobereich (0,01 mm/km oder 10−8) in einer Frequenz von 60 Hz. Sie werden vorrangig in der Überwachung und Früherkennung von seismischer und magmatischer Aktivität im Untergrund eingesetzt und tragen wesentlich zum besseren Verständnis derer ursächlichen Prozesse und Steuerungsmechanismen bei.[1]

Aufbau und Installation

Ein Dehnungsmesser besteht aus einem Stahlzylinder, der ca. 4 m lang ist und einen Durchmesser von 11 cm hat. Das Innere des Zylinders wird zu ca. 90 % von einem Reservoir eingenommen, welches vollständig mit Silikonöl, einer inkompressiblen Flüssigkeit, gefüllt ist. Das oberen Ende dieses Öl-Reservoirs ist an einen schmalen Expansionsbalg gekoppelt. Wird der Zylinder durch Druck komprimiert, wird Öl aus dem Reservoir in den Balg gedrückt. Bei Druckentlastung fließt das Öl aus dem Balg zurück in das Reservoir. Die Längenänderung des Balgs wird gemessen und in ein elektrisches Signal umgewandelt, wodurch die relative Volumenänderung des Reservoirs bestimmt werden kann.

Dehnungsmesser werden am Grund eines ca. 200 m tiefen Bohrlochs installiert. Die Basis des Bohrlochs wird dabei zu ca. 5 m mit expandierendem Zement aufgefüllt und der Dehnungsmesser wird darin versenkt. Mit dem Aushärten des Zements ist der Dehnungsmesser direkt mit dem Umgebungsgestein verbunden und kann somit minimale Druckänderungen, die auf das Gestein wirken, aufnehmen. Das elektrische Signal wird über Kabel an die Erdoberfläche übertragen.[2]

Nach der Installation wird die Sensitivität eines jeden Instruments anhand von Gezeitenwellen und seismischen Wellen größerer globaler Erdbeben kalibriert. Der dabei gewonnene spezifische Kalibrierungsfaktor der einzelnen Geräte gewährleistet anschließend die Vergleichbarkeit gemessener Signale in einem Netzwerk.[1]

Geschichte und Verbreitung

Die Dehnungsmesser wurden von Dale W. Evertson und I. Selwyn Sacks Ende der 1960er Jahre am

Department of Terrestrial Magnetism

, Carnegie Institution for Science (Washington DC, USA) und den Applied Research Laboratories, University of Texas (Austin, USA) entwickelt und erstmals 1971 in Japan getestet.[2] Anfangs in Explosionsexperimenten und später durch die Überwachung der Erdbebenaktivität konnte dort gezeigt werden, dass Sacks-Evertson-Bohrloch-Dehnungsmesser plötzliche, schnelle Kompressions-/Dehnungswellen in der Erdkruste bedeutend präziser aufnehmen können, als die bis dahin herkömmlichen Stangen- oder Drahtextensometer.[2]

Seitdem wurden die Instrumente kontinuierlich weiterentwickelt und dabei auch auf kleinere Bohrlochdurchmesser angepasst sowie als 3-Komponenten Instrumente entwickelt. Heute sind Sacks-Evertson-Bohrloch-Dehnungsmesser weltweit in vielen magmatisch und seismisch aktiven Regionen installiert. Dazu gehören die Vulkane Soufrière Hills (Montserrat), Ätna, Stromboli, Vesuv und die Phlegräischen Felder (Italien), Miharayama (Japan), Katla und Hekla (Island) sowie seismogene Gebiete in Kalifornien (USA), der Ägäis (Türkei), China und Taiwan. In einem großangelegten Tiefseebohrungs-Projekt werden seit einigen Jahren Sacks-Evertson-Bohrloch-Dehnungsmesser vor Japan installiert, um die Früherkennung von potentiell zerstörerischen Erdbeben zu ermöglichen.[3]

Erkenntnisse

Die um ein Vielfaches höhere zeitliche und volumetrische Auflösung von Verformungen in der Erdkruste durch Bohrloch-Dehnungsmesser ermöglicht es, Signale sichtbar zu machen, die mit anderen Beobachtungstechniken nicht auflösbar sind. Dadurch konnten signifikant neue Einsichten in Prozesse gewonnen werden, die seismischer und vulkanischer Aktivität zugrunde liegen und diese steuern. Dazu gehören:

Besonderheiten

Durch die direkte Koppelung mit der Erdkruste in zweihundert Metern Tiefe sind die Instrumente keinen oberflächennahen Störungen ausgesetzt. Im Unterschied zu anderen Messinstrumenten werden Sacks-Evertson-Bohrloch-Dehnungsmesser in situ kalibriert. Die Sensitivität der Sensoren berücksichtigt die Beschaffenheit des unmittelbaren Umgebungsgesteins.

Aufwand und Kosten der Installation von Sacks-Evertson-Bohrloch-Dehnungsmesserrn sind durch die benötigte Bohrung und das Einzementieren der Geräte im Untergrund sehr hoch. Die Geräte können nicht wieder entnommen und anderweitig eingesetzt werden. Daher gehören Sacks-Evertson-Bohrloch-Dehnungsmesser derzeit nicht zum Standard in geophysikalischen Überwachungsnetzwerken.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Evelyn A. Roeloffs, Alan T. Linde: Borehole observations of continuous strain and fluid pressure. In: Daniel Dzurisin (Hrsg.): Volcano Deformation – Geodetic Monitoring Techniques. 2007, ISBN 978-3-642-51763-1, Chapter 9, S. 305–322.
  2. a b c I. Selwyn Sacks, Shigeji Suyehiro, Dale W. Evertson: Sacks-Evertson Strainmeter, its installation in Japan and Some Preliminary Results Concerning Strain Steps. In: Proceedings of the Japan Academy. Band 47, Nr. 9, 1971, S. 707–712, doi:10.2183/pjab1945.47.707.
  3. Japan Agency for Marine-Earth Science and Technology (JAMSTEC): Frontal Thrust Long-Term Borehole Monitoring System. In: Press Release JAMSTEC. 2018, abgerufen am 29. Juni 2020.
  4. I. Selwyn Sacks, Alan T. Linde, Shigeji Suyehiro, J. Arthur Snoke: Slow earthquakes and stress redistribution. In: Nature. Band 275, Nr. 5681, Oktober 1978, S. 599–602, doi:10.1038/275599a0.
  5. I.Selwyn Sacks, Shigeji Suyehiro, Alan T. Linde, J.Arthur Snoke: Stress redistribution and slow earthquakes. In: Tectonophysics. Band 81, Nr. 3–4, 1982, S. 311–318, doi:10.1016/0040-1951(82)90135-4.
  6. ChiChing Liu, Alan T. Linde, I. Selwyn Sacks: Slow earthquakes triggered by typhoons. In: Nature. Band 459, Nr. 7248, Juni 2009, S. 833–836, doi:10.1038/nature08042.
  7. Stefanie Hautmann, I. Selwyn Sacks, Alan T. Linde, Matthew J. Roberts: Magma buoyancy and volatile ascent driving autocyclic eruptivity at Hekla Volcano (Iceland). In: Geochemistry, Geophysics, Geosystems. Band 18, Nr. 9, September 2017, S. 3517–3529, doi:10.1002/2017GC007061.
  8. Stefanie Hautmann, Fred Witham, Thomas Christopher, Paul Cole, Alan T. Linde: Strain field analysis on Montserrat (W.I.) as tool for assessing permeable flow paths in the magmatic system of Soufrière Hills Volcano. In: Geochemistry, Geophysics, Geosystems. Band 15, Nr. 3, März 2014, S. 676–690, doi:10.1002/2013GC005087.
  9. a b c Erik Sturkell, Kristján Ágústsson, Alan T. Linde, Selwyn I. Sacks, Páll Einarsson: New insights into volcanic activity from strain and other deformation data for the Hekla 2000 eruption. In: Journal of Volcanology and Geothermal Research. Band 256, April 2013, S. 78–86, doi:10.1016/j.jvolgeores.2013.02.001.
  10. a b Stefanie Hautmann, Dannie Hidayat, Nicolas Fournier, Alan T. Linde, I. Selwyn Sacks: Pressure changes in the magmatic system during the December 2008/January 2009 extrusion event at Soufrière Hills Volcano, Montserrat (W.I.), derived from strain data analysis. In: Journal of Volcanology and Geothermal Research. Band 250, Januar 2013, S. 34–41, doi:10.1016/j.jvolgeores.2012.10.006.
  11. a b Alan T. Linde, Osamu Kamigaichi, Masaaki Churei, Kenji Kanjo, Selwyn Sacks: Magma chamber recharging and tectonic influence on reservoirs: The 1986 eruption of Izu-Oshima. In: Journal of Volcanology and Geothermal Research. Band 311, Februar 2016, S. 72–78, doi:10.1016/j.jvolgeores.2016.01.001.
  12. Peter G. Baines, Selwyn Sacks: Chapter 8 Atmospheric internal waves generated by explosive volcanic eruptions. In: Geological Society, London, Memoirs. Band 39, Nr. 1, 2014, ISSN 0435-4052, S. 153–168, doi:10.1144/M39.8.
  13. Alan T. Linde, Kristjan Agustsson, I. Selwyn Sacks, Ragnar Stefansson: Mechanism of the 1991 eruption of Hekla from continuous borehole strain monitoring. In: Nature. Band 365, Nr. 6448, Oktober 1993, ISSN 0028-0836, S. 737–740, doi:10.1038/365737a0.
  14. A. Bonaccorso, S. Calvari, A. Linde, S. Sacks: Eruptive processes leading to the most explosive lava fountain at Etna volcano: The 23 November 2013 episode: Bonaccorso et al.: Etna most explosive lava fountain. In: Geophysical Research Letters. Band 41, Nr. 14, 28. Juli 2014, S. 4912–4919, doi:10.1002/2014GL060623.