Samuel J. Tilden
Samuel Jones Tilden (* 4. Februar 1814 in New Lebanon, New York; † 4. August 1886 in Greystone bei Yonkers, New York) war ein US-amerikanischer Rechtsanwalt und Politiker. Ab 1866 war er Vorsitzender des State Committee der New Yorker Demokratischen Partei, danach von 1874 bis 1876 Gouverneur von New York. Durch seine Reformpolitik und den erfolgreichen Kampf gegen die Korruption bei den Demokraten enorm beliebt, kandidierte er bei der Präsidentschaftswahl 1876.
Tilden erreichte im Popular Vote bundesweit mit einem Vorsprung von etwa 250.000 Stimmen die absolute Mehrheit in der Bevölkerung, unterlag jedoch dem Republikaner Rutherford B. Hayes im Wahlmännerkollegium um eine einzige Stimme. Der Wahl folgten heftige Kontroversen, da die Auszählung der Stimmen aus Florida, Louisiana und South Carolina nicht endgültig geklärt war, beide Parteien die Ergebnisse für sich beanspruchten und sich gegenseitig des Betrugs bezichtigten. In Oregon sollte außerdem ein Wahlmann nicht anerkannt werden. Erst zwei Tage vor Beginn der folgenden Amtszeit schlug eine eigens eingerichtete Wahlkommission im Rahmen des inoffiziellen Kompromisses von 1877 endgültig Hayes die Stimmen zu.
Jugend und Ausbildung
Sein Vater war Elam Tilden, der 1842 verstarb, und seine Mutter Polly Youngblood Jones. Er hatte noch zwei Brüder, Henry A. Tilden und Moses Y. Tilden. Im Jahre 1834 besuchte er die Yale University, musste aber bald aus Krankheitsgründen aufgeben. Später studierte er an der Universität der Stadt New York. Er wurde als Rechtsanwalt im Jahre 1841 aufgenommen und stieg schnell in die erste Reihe der Anwälte auf. Sein Spezialgebiet war Gesellschaftsrecht. In den finanziell schwierigen Jahren zwischen 1850 und 1860 heißt es, dass mehr als die Hälfte der Eisenbahnen nördlich des Ohio River und zwischen dem Hudson und den Missouri Flüssen zu irgendeinem Zeitpunkt seine Klienten waren. Hier verdiente er das große Geld.
Politisches Wirken
Trotz seiner Tätigkeiten am Gericht pflegte Tilden ein Interesse an der New Yorker Politik, trat in den Dienst der Staatsversammlung 1846 und der verfassungsgebenden Versammlung von 1867.
Im Jahr 1848, vor allem wegen seiner persönlichen Bindung an Martin Van Buren und John Bigelow, nahm er an der Revolte der „Barnburner“[1] (Scheunenanzünder) oder Freie-Boden-Fraktion (Free Soil)[2] der Demokraten in New York teil, und im Jahre 1855 war er Kandidat der „Softshell“,[3] oder Anti-Sklaverei-Fraktion, für den Posten des Generalstaatsanwalt des Staates.
Aufgrund der Einberufungsbefehle gab es Draft Riots (Einberufungskrawalle) und es kam zu gewalttätigen Unruhen, die vom 13. bis 16. Juli 1863 in New York herrschten und die Stadt in das bis dahin schlimmste Chaos ihrer Geschichte stürzten. Die Ursachen lagen zum einen in der durch den Amerikanischen Bürgerkrieg bedingten Einführung der allgemeinen Wehrpflicht. Zum anderen erregte eine Bestimmung besonderen Unmut, die es ermöglichte, sich mit der Zahlung von 300 Dollar der Wehrpflicht zu entziehen. In der Mittel- und Unterschicht wurde der Amerikanische Bürgerkrieg daraufhin als Krieg des reichen Mannes und Kampf des armen Mannes („the rich man's war and the poor man's fight“) angesehen.
Im Jahre 1866 wurde Tilden Parteivorsitzender der Demokratischen Partei im Bundesstaat New York. Tilden wurde von Thomas Nast von „Harpers Weekly“ kritisiert, die korrupten Aktivitäten von William Tweed, dem politischen Chef der Stadt, zu tolerieren. Tilden zögerte zunächst, sich an der Kampagne gegen Tweed zu beteiligen, aber im Jahr 1871 stimmte er der Einrichtung eines Ausschusses zu, um die Angelegenheiten zu prüfen. Bis 1874 war er Chef der Demokraten und zerschlug als solcher den Tweed Ring, eine korrupte Organisation, die sich um William Tweed, dem „boss“ of Tammany Hall in New York City gebildet hatte und die dabei war, die Stadtkasse zu plündern. Dies führte schließlich zu Tweeds Verhaftung und Verurteilung wegen Korruption.
“New York [cannot] remain the center of commerce and capital for this continent, unless it has an independent bar and an honest judiciary.”
„New York kann nicht das Zentrum von Handel und Kapital für diesen Kontinent bleiben, es sei denn, es hat ein unabhängiges Gericht und eine ehrliche Justiz.“
Tilden wurde 1874 zum Gouverneur von New York gewählt, und zwei Jahre später war er der demokratische Kandidat für die Präsidentschaft.
Präsidentschaftswahl 1876
Er wurde am 28. Juni 1876 in St. Louis im ersten Wahlgang als Kandidat in der Präsidentschaftswahl 1876 nominiert. Bei der Wahl erzielte er für die Demokraten gegen den Kandidaten der Republikaner, Rutherford B. Hayes, eine Mehrheit, doch waren die Resultate aus vier Bundesstaaten – Florida, Louisiana und South Carolina, sowie ein legal issue in Oregon – unklar. Als die Stimmen ausgezählt waren, hatte Tilden (4.284.757) 51 % der Stimmen für seine Partei gewonnen, gegen 48 % seines republikanischen Gegners Rutherford Hayes (4.033.950). Der Kongress setzte zur Klärung des Resultates eine 15-köpfige Kommission ein, welche einen Republikaner mehr als Demokraten beinhaltete und alle 20 angefochtenen Wählerstimmen aus den vier Staaten Hayes zusprach. Damit kam das unglaubliche Ergebnis von 185 zu 184 Wahlstimmen zustande. Hayes hatte im sogenannten Kompromiss von 1877 unter anderem versprochen, den Wiederaufbau des Südens (Reconstruction) zu beenden, um seine Amtsübernahme durch die Demokraten dulden zu lassen.
Der Umzug nach Yonkers
Tilden zog sich aus der Politik zurück und kaufte 1879 das Landhaus „Greystone“ von John Waring, einem Hutfabrikanten aus Yonkers. Das Haus war nach dem grauen Granit benannt, der in der Nähe gebrochen wurde und mit dem das Haus gebaut worden war. John Davis Hatch war der Architekt. Tilden baute das Haus für seine Zwecke um und ließ von der Firma Lord and Burnham einen großen Komplex von Gewächshäusern errichten.[5]
Samuel Untermyer[6] erwarb 1899 auf einer Auktion „Greystone“ von den Erben. Er beschäftigte 60 Gärtner und züchtete Blumen in 60 Gewächshäusern auf 150 acres mit Blick auf den Hudson River. 1948 wurde das Haus abgerissen und nur der Garten ist zugänglich.[7]
Sein Erbe an New York
Tilden starb am 4. August 1886 in Yonkers, New York, als wohlhabender Mann. Er wurde auf dem Friedhof von „Evergreen“ in New Lebanon, New York bestattet. In sein Grabmal wurde sein Zitat eingemeisselt: Ich habe noch Vertrauen in die Menschen („I Still Trust in The People“).[8]
Da er unverheiratet geblieben war, hinterließ er der Stadt New York die Summe von 5 Mio. US-Dollar zur Gründung einer öffentlichen Bücherei. Durch Anfechtung seiner beiden Neffen zogen sich die Rechtsstreitigkeiten über mehrere Jahre hin und die Summe reduzierte sich auf 1 Mio. US-Dollar. Seine Bücher wurden mit denen von Johann Jacob Astor und James Lenox zusammengeführt und bildeten in Bryant Parc den Grundstock für die heutige New York Public Library.[9]
Amtszeit
- Gouverneur von New York (3. November 1874 bis 7. November 1876)
- New York State Assembly 1846–1872
Galerie
- Samuel Tildens Haus in New York am Gramercy Park.jpg
Zeichnung von Samuel Tildens Haus in New York am Gramercy Park
- Samuel Tildens Landhaus in Yonkers.jpg
Tilden kaufte 1879 das Landhaus “Greystone” mit Park
- Samuel Tildens Bücherei in seinem Haus am Gramercy Park.jpg
Tildens Bibliothek in seinem Haus in Gramercy Park No.15
- Bryant Park 5th Av and 42nd Street-The suggested Tilden Library.jpg
Die vorgeschlagene Tilden-Bücherei am Bryant Park
Ehrungen
- Die Tilden Street in Wichita Falls, Texas ist nach ihm benannt. Erwähnenswert ist, dass diese Straße in einem Viertel mit Straßen befindet, die alle nach Präsidenten benannt sind.
- Die Tilden Street in Richmond, Virginia ist nach ihm benannt.
- Die Tilden Street im Northwest Quadrant of Washington, D.C. ist nach ihm benannt.
- Die Tilden Street in der Bronx, New York City ist nach ihm benannt.
- Die Tilden Avenue in Brooklyn ist nach ihm benannt.
- Die Tilden Street in Raleigh, North Carolina ist nach ihm benannt.
- Die Tilden Avenue in Utica, New York ist nach ihm benannt.
- Die Stadt Tilden in Chippewa County, Wisconsin ist nach ihm benannt.[10]
- Die Stadt Tilden in Texas (ehemals Dog Town) ist nach ihm benannt.
Literatur
- Speeches of Ex-Gov. Horatio Seymour & Hon. Samuel J. Tilden, before the Democratic state convention at Albany, March 11, 1868
- Theodore P. Cook: The life and public services of Hon. Samuel J. Tilden, Democratic nominee for president of the United States. Publisher: D. Appleton and company New York 1876
- Proceedings of the Senate and Assembly of the state of New York relative to the Death of Samuel J. Tilden, held at the capitol, May 23, 1887. Publisher: Argus. Albany.
- John Bigelow:The life of Samuel J. Tilden. In two volumes. Vol. I 1814–1876. Publisher: Harper & Brothers New York, 1895
- John Bigelow: The life of Samuel J. Tilden. In two volumes. Vol. II 1877–1887
- Samuel J. Tilden: Memorial read before the Association of the bar of the city of New York, Tuesday, December 14th, 1886. By William Allen Butler (1886)
- Statue to Samuel J. Tilden. Statement of Hon. William Sulzer. A member of Congress of New York on HR 24792 entitled “A bill to provide for the erection pf a bronze statue to the memory of the late Samuel J. Tilden at Washington D. C.” (1910)
- Nikki Oldaker, John Bigelow: Samuel Tilden; The Real 19th President. Publisher: Show Biz East Productions; 1St edition 2006, ISBN 978-0-9786698-0-5
- Roy Jr. Morris: Fraud of the Century: Rutherford B. Hayes, Samuel Tilden, and the Stolen Election of 1876. Publisher: Simon & Schuster, 2004. ISBN 978-0-7432-5552-3
- Memorial services in honor of Samuel J. Tilden: at the California Theatre, Wednesday evening, October 20, 1886. Under the auspices of the California State Democratic Club (1886)
- Noah Brooks: Samuel Jones Tilden. In: Statesmen. Men of Achievement. Publisher: C. Scribner's Sons. New York 1904
Weblinks
- Samuel Tilden in der National Governors Association (englisch)
- Samuel J. Tilden in der Notable Names Database (englisch)
- Biography by National Park Service (englisch)
- Hall of Governors N. Y. (englisch)
- Samuel J. Tilden in der Datenbank von Find a Grave (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ „Barnburners.“ The Columbia Encyclopedia, 6th ed.. 2013
- ↑ „Free Soil Party.“ West's Encyclopedia of American Law. 2005.
- ↑ „Hunkers.“ Hard und Softshell. The Columbia Encyclopedia, 6th ed.. 2013
- ↑ Quelle des Zitats
- ↑ Lord and Burnham greenhouse
- ↑ GREYSTONE AS RESTORED; Beauties of the Tilden Mansion Renewed by Samuel Untermyer. BRIGHTENED BY ALTERATION The Distinctive Characteristics of the House Preserved, While Improvements Are Many. The New York Times published June 17, 1900
- ↑ The view when entering Untermyer Gardens in Yonkers, now known as “America’s Greatest Forgotten Garden.” By EVE M. KAHN Published: New York Times, July 19, 2012
- ↑ Samuel J. Tilden - Presidential Also-Runs - TIME
- ↑ John Jacob Anderson, Alexander Clarence Flick: A Short History of the State of New York.– Seite 253 Publisher: Maynard, Merrill, New York 1902
- ↑ Home Page. Town of Tilden. Abgerufen am 12. November 2015.
Personendaten | |
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NAME | Tilden, Samuel J. |
ALTERNATIVNAMEN | Tilden, Samuel Jones (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanischer Politiker |
GEBURTSDATUM | 4. Februar 1814 |
GEBURTSORT | New Lebanon |
STERBEDATUM | 4. August 1886 |
STERBEORT | Yonkers (New York) |