Schiffswrack in der Trave

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Ein Schiffswrack in der Trave aus dem 17. Jahrhundert wurde 2020 bei Lübeck in Schleswig-Holstein entdeckt. Es liegt auf dem Gewässergrund in rund elf Meter Tiefe. Das Schiff ist ein Frachtsegler des Typs Fleute oder Galiot.

Entdeckung

Bei einer Routinemessung in der Fahrrinne der Trave registrierte das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Ostsee im Jahr 2020 eine Erhebung als Anomalie auf dem Grund. Als Taucher 2021 den Bereich wegen einer möglichen Gefährdung des Schiffsverkehrs erkundeten, ergaben sich Hinweise auf ein historisches Schiffswrack. Anschließend wurde das Wrack von Archäologen des Bereichs Archäologie und Denkmalpflege der Hansestadt Lübeck und Wissenschaftlern der Universität Kiel untersucht.[1] Öffentlich bekannt gegeben wurde die Entdeckung im Juli 2022.

Beschreibung

Das Holzwrack ist rund 20 Meter lang und etwa acht Meter breit. Teile des Schiffsrumpfes sind erhalten. Laut den ersten wissenschaftlichen Untersuchungen hatte das Schiff einen flachen Boden und war kraweelbeplankt. Es trug mindestens anderthalb Masten. Einzelne Schiffsbauteile sind aus Eiche, die in Schleswig-Holstein gewachsen ist, und aus Kiefer, die aus Schweden stammt.[2] Eine dendrochronologische Altersbestimmung datiert das beim Bau des Schiffes verwendete Holz in die Zeit um 1650.[1] Damit stammt es aus der späten Hansezeit. Das Schiff war ein Frachtsegler mittlerer Größe, der als früheres „Arbeitspferd“ des Ostseehandels gilt. Als Ladung wurden im Rumpf und im Trümmerfeld um das Wrack rund 150 Fässer gesichtet. Den ersten Tests zufolge enthält ein Teil der Fässer Branntkalk, der damals ein wichtiger Baustoff war.[2]

Untergang und historische Bezüge

Anhand seiner Lage ließ sich rekonstruieren, dass das Schiff die Trave aufwärts fuhr und wahrscheinlich aus Skandinavien über Travemünde auf dem Weg nach Lübeck war. Fachleuten zufolge ist eine plausible Untergangsursache das Auflaufen auf eine Untiefe in einer Flussbiegung, da nahe dem Fundort die Wassertiefe von acht auf unter drei Meter zurückgeht. Danach könnte das möglicherweise leckgeschlagene Schiff wieder freigekommen und in der Flussmitte gesunken sein.[3] Ein Kentern als Ursache schließen Fachleute aus, da sich die Ladung noch geordnet im Laderaum befindet. Ein Feuer kommt ebenso nicht infrage, da sich keine Brandspuren fanden.[2]

Da das Schiffsholz auf die Zeit um 1650 datiert wurde, könnte es einen Zusammenhang mit einer überlieferten Schiffshavarie auf der Trave von 1680 geben. Im Lübecker Stadtarchiv befindet sich ein Brief des Vogts von Travemünde aus dem Dezember 1680, in dem er einen unbekannten Empfänger bittet, die Güter von einer gestrandeten Galiot in Sicherheit zu bringen.[1]

Bergung, Konservierung und Forschung

Die Forscher gehen davon aus, dass das Wrack erst einige Jahre vor seiner Entdeckung von einer überdeckenden Sandschicht, die es schützte, freigespült worden ist. Seither ist es durch Strömung und Zerstörung seiner Holzteile durch die Schiffsbohrmuschel gefährdet. Da das Wrack ohne Schutzmaßnahmen innerhalb weniger Jahre zerstört würde,[4] soll es Ende 2022 in einer voraussichtlich mehrmonatigen Aktion geborgen werden. Danach beabsichtigen Archäologen, es dauerhaft zu konservieren. Den Bergungs-, Konservierungs- und Erforschungsprozess schätzt der Lübecker Bürgermeister Jan Lindenau auf acht bis zehn Jahre.[2]

Der Wrackfund aus dem 17. Jahrhundert ist die erste derartige Entdeckung in der westlichen Ostseeregion. Bis dahin waren vergleichbare Wracks nur aus dem östlichen Ostseegebiet bekannt.[5] Die Lübecker Stadtverwaltung und die untersuchenden Archäologen erhoffen sich durch die Erforschung des Wracks weitere Erkenntnisse zur Geschichte Lübecks. Die Forschungen sollen auch Kenntnisse über die weitreichenden Handelsbeziehungen von Lübeck innerhalb der Hanse und neue Aspekte zur Bedeutung Lübecks für den Ostseeraum erbringen.[3]

Weblinks

Einzelnachweise