Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr

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Die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e.V. (söp) ist eine privatrechtlich organisierte zuständige Stelle zur Durchsetzung von Fahrgast- und Fluggastrechten.[1] Sie bearbeitet Beschwerden von Reisenden bei Verspätungen, verpassten Anschlüssen und Ausfällen im Bahn-, Bus-, Luft- und Schiffsverkehr.[2]

Die Schlichtungsstelle wurde im Dezember 2009 in Berlin eingerichtet. Die söp ist in Aufbau, Finanzierung, Rechtsstruktur und Entscheidungsfindung unabhängig von den Infrastrukturbetreibern und bietet ihre Dienstleistung allen Kunden der Bahn-, Bus-, Flug- und Schiffsunternehmen an, die mit dem Beschwerdemanagement durch den Verkehrsträger selbst nicht zufrieden sind.[3]

Aufgaben

Kernaufgabe der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp) ist die außergerichtliche Streitbeilegung in individuellen Streitfällen zwischen Reisenden und Verkehrsunternehmen. Hiermit verbunden ist die Stärkung der Zufriedenheit der Kunden mit ihren Verkehrsunternehmen.[4]

Im Juni 2010 wurde die söp von der Europäischen Kommission notifiziert, d. h., sie erfüllt die Voraussetzungen der Empfehlung 98/257/EG zur außergerichtlichen Beilegung von Verbraucherstreitigkeiten. Die söp arbeitet sachlich unabhängig und neutral mit bundesweiter Zuständigkeit für alle Reisende, die sich zuvor erfolglos mit ihrer Beschwerde an ein Bahn-, Bus-, Flug- oder Schiffsunternehmen gewandt haben.

Anfang 2013 wurde die söp von den Ministerien für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz als geeignete Schlichtungsstelle auch zur Beilegung von Streitigkeiten aus der Beförderung im See- und Binnenschiffsverkehr anerkannt. Dabei nehmen alle im Verband Deutscher Reeder (VDR) organisierten Unternehmen teil.[5]

Mit Inkrafttreten des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes (VSBG) ist die söp auch als Verbraucherschlichtungsstelle offiziell anerkannt.

Die söp verfolgt als verkehrsträgerübergreifende Schlichtungsstelle einen service- und praxisorientierten Ansatz: Reisende verknüpfen bei ihren Fahrten oft verschiedene Verkehrsmittel (z. B. den ‚Zug zum Flug‘), was im Streitfall die Prüfung der gesamten Reisekette mit allen in Anspruch genommenen Verkehrsunternehmen bzw. Vertragspartnern erfordern kann. Der Reisende muss sich in diesem Fall nicht um Fragen von Zuständigkeiten kümmern und hat unabhängig vom gewählten Verkehrsmittel mit der söp einen zentralen Ansprechpartner.

Komplettiert werden soll das Schlichtungsangebot der söp mit der Schlichtung für Pauschalreisende (voraussichtlicher Start: Ende 2019).

Für ihre Schlichtungsarbeit erhält die söp von Reisenden, der Politik, juristischen Fachkreisen, Medien sowie Verbraucherverbänden und Verkehrsunternehmen viel Zuspruch, was sich nicht zuletzt in der wachsenden Zahl eingehender Schlichtungsanträge ausdrückt.

Leitung

Leiter der Schlichtungsstelle ist Christof Berlin. Geschäftsführerin ist Sabine Cofalla, sie verantwortet die betriebswirtschaftlich-kaufmännischen Bereiche sowie die Personal- und Organisationsentwicklung bei der söp.[6]

Trägerverein

Die Organe des Vereins sind der Vorstand, die Mitgliederversammlung und der Beirat. Der Vorstand besteht aus mindestens drei und höchstens sieben Mitgliedern (zurzeit sind dies Michael Hoppe, Tobias Heinemann, Berthold Huber, Axel Meynköhn und Matthias von Randow).

Der Beirat

In ihrer Arbeit wird die söp durch einen Beirat unterstützt. Er umfasst aktuell 21 Personen, die die Mitgliedsunternehmen, die Verbraucher, die Bundesregierung, den Bundestag, die Länder sowie die Wissenschaft repräsentieren. Vorsitzende des Beirates ist Marion Jungbluth, Verbraucherzentrale Bundesverband e. V.

Schlichtungsverfahren

Die Schlichtung

Nach Eingang des Schlichtungsantrags übernimmt das Team der söp die Prüfung der Streitigkeit.

Schlichtungsmöglichkeit

Die Schlichtung setzt die Mitwirkung des jeweiligen Verkehrsunternehmens am Schlichtungsverfahren voraus. Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn das Verkehrsunternehmen Mitglied im Trägerverein der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V. ist.

Schlichtungsablauf

Nach Einreichung der vollständigen Unterlagen erfolgt eine Kontaktaufnahme mit dem jeweiligen Verkehrsunternehmen, um Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme zu geben. Die Einreichung erfolgt unter Verwendung des hierzu bereitgestellten Online-Formulars.[7]

Mit der Klärung des Sachverhalts wird eine Entscheidungsgrundlage geschaffen. Die anschließende juristische Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgt in sachlicher Unabhängigkeit und Neutralität durch die Experten der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp), wie sie auch einem Richter zukommt. Nach Abschluss dieser Prüfung erfolgt eine Abwägung der jeweils betroffenen Interessen. Zu deren einvernehmlichem Ausgleich unterbreitet die Schlichtungsstelle auf der Grundlage der zuvor ermittelten Rechtslage einen schriftlich begründeten Schlichtungsvorschlag.

Alle als Schlichter tätigen Mitarbeiter haben die Befähigung zum Richteramt. Die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr ist ausschließlich an Gesetz und Recht gebunden.

Bindungswirkung

Die Schlichtungsempfehlung soll eine einvernehmliche außergerichtliche Lösung des Streitfalls ermöglichen. Allerdings ist die Empfehlung für beide Parteien nicht bindend. Nur wenn Beschwerdeführer und das Verkehrsunternehmen als Beschwerdegegner mit der Empfehlung oder einer vereinbarten Modifikation des Vorschlags ausdrücklich einverstanden sind, wird diese verbindlich. Im Übrigen steht den Beschwerdeführern in jedem Stadium des Schlichtungsverfahrens der Weg zu den ordentlichen Gerichten offen – auch nach einer möglicherweise gescheiterten Schlichtung.

Kosten

Die Kosten des Schlichtungsverfahrens werden entsprechend der Vorgaben des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes von den Verkehrsunternehmen getragen. Für die Reisenden als Beschwerdeführer ist das Schlichtungsverfahren kostenfrei.

Statistiken

Bereits mehr als 110.000 Reisende (Stand: 06/2019) haben bei der söp eine Schlichtung beantragt. Die Schlichtungsanträge betreffen zu über 80 % den Flugverkehr. In rund 90 % aller Schlichtungsfälle wird eine Lösung gefunden, die von beiden Parteien angenommen wird. Im Jahr 2020 beschwerten sich 41.000 Kunden, was einen Rekord und einem Zuwachs um 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr darstellt. Im Zuge der COVID-19-Pandemie sind viele Züge und Flüge ausgefallen. Besonders bei Fluglinien dauerte die Erstattung des Ticketpreises häufig monatelang; auf dieses Verkehrsmittel entfielen 84 Prozent der Beschwerden.[8]

Schlichtung im Luftverkehr

Am 21. März 2013 hat der Deutsche Bundestag mit dem Gesetz zur Schlichtung im Luftverkehr ein Schlichtungsverfahren für Streitigkeiten zwischen Fluggästen und Luftverkehrsunternehmen verabschiedet (durch Änderung, bzw. Ergänzung der §§ 57 ff. des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG)). Die neuen Regelungen gelten verbindlich ab 1. November 2013.[9][10]

Die Luftverkehrsunternehmen (Airlines) sind infolgedessen verpflichtet, eine Schlichtungsstelle einzurichten oder sich einer solchen anzuschließen (§ 57 LuftVG n.F.). Nach dem Gesetz steht es den Airlines frei, eine privatrechtlich organisierte Einrichtung als Schlichtungsstelle zu wählen.[11] Andernfalls werden sie einer behördlichen Schlichtung beim Bundesamt für Justiz (BfJ) unterworfen (§ 57a LuftVG n.F.). Kritisiert wurde während des Gesetzgebungsverfahrens unter anderem, dass es keine einheitliche Stelle für alle Airlines geben wird und es jeder Fluggesellschaft frei steht, eine eigene Schlichtungsstelle zu wählen[12]. Im Oktober 2013 wurde bekannt gegeben, dass sich die größten deutschen Fluggesellschaften Lufthansa, Air Berlin, Condor und TUIfly der SÖP zum 1. November 2013 anschließen[13] und Mitglieder im Trägerverein sind.[14]

Das Verfahren ist für die Fluggäste kostenfrei.

§ 57b LufVG n.F. legt fest, dass Airlines nur zwingend an einer Schlichtung teilnehmen müssen, sofern Ansprüche von Verbrauchern (im Sinne des § 13 BGB) und in einer Forderungshöhe von max. 5000 Euro betroffen sind. Somit sind z. B. Vorfälle aus Geschäftsreisen nicht nach diesem System schlichtungsfähig. In § 57b LuftVG n.F. werden zudem weitere Anforderungen aufgestellt, wann eine Schlichtung zulässig ist und wann nicht.

Siehe auch

Weblink

Einzelnachweise

  1. Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr ABl. L 315/14 vom 3. Dezember 2007
  2. Adressen „Schlichtungsstelle“ Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, abgerufen am 4. Februar 2020
  3. Ihre Beschwerde Website der söp, abgerufen am 4. Februar 2020
  4. Aufgaben der Schlichtungsstelle
  5. Schlichtungsstelle. In: Schiff & Hafen, Heft 5/2013, S. 8, Seehafen-Verlag, Hamburg 2013, ISSN 0938-1643
  6. Team der Schlichtungsstelle (Memento des Originals vom 19. Juli 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/soep-online.de
  7. Online-Formular (Memento des Originals vom 15. Januar 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/soep-online.de
  8. Rekord bei Beschwerden über Bahn und Flüge. In: Tagesschau. 17. Dezember 2020, abgerufen am 27. Dezember 2020.
  9. Pressemitteilung: Weg frei für Schlichtung im Luftverkehr des BMJ vom 26. März 2013 zur Schlichtung im Luftverkehr mit Link auf eine entsprechende umfangreichere Pressemitteilung des BMJ vom 21. März 2013
  10. Übersicht über das Gesetzgebungsverfahren im Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentsmaterialiendipbt.bundestag.de
  11. Ryanair hat sich als eine der ersten Fluggesellschaften bereits jetzt freiwillig der Schlichtung durch die Schlichtungsstelle söp unterworfen.
  12. Stellungnahme der Verbraucherzentrale Bundesverband vom 3. Juli 2012
  13. aero.de - Lufthansa, Air Berlin und weitere Airlines treten Schlichtungsstelle bei 2. Oktober 2013
  14. Mitglieder der Schlichtungsstelle