Schrothkur

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Eine Schrothkur ist ein Naturheilverfahren mit Trink- und Trockentagen, das auf den Fuhrmann Johann Schroth (1798–1856) zurückgeht. Sie wird von ihren Anhängern zur traditionellen europäischen Medizin (TEM) gerechnet. Angeboten wird sie in zahlreichen europäischen Kurkliniken. Die originale Schrothkur in Obervellach, in Oberstaufen (siehe hierzu Hermann Brosig), neben Obervellach und Oberstaufen gibt es auch einige Angebote für Schrothkuren an der Ostsee.

Hauptziel dieser zwei- bis dreiwöchigen Kur ist eine "Entgiftung" des Körpers, wodurch die Selbstheilungskräfte gefördert werden sollen. Eine deutliche Gewichtsreduktion ist ebenfalls eine Folge, daher wird die Schrothkur von den Anbietern auch bei Adipositas empfohlen, außerdem zur „Entschlackung“. Die Kur ist allerdings keine Diät im üblichen Sinn und wird von vielen Medizinern und Ernährungswissenschaftlern strikt abgelehnt. Neben der ursprünglichen Schrothkur gibt es daher mittlerweile auch modifizierte Varianten. Während der Deutsche Schrothverband weiterhin die klassische Form vertritt, ist der Internationale Schrothbund der Vertreter der reformierten Variante.

Zur Geschichte

Schroth entwickelte seine Kurmethode etwa 1820 im Selbstversuch, nachdem er durch den Huftritt eines Pferdes schwer am Knie verletzt worden war, so dass es steif blieb. Er legte nasskalte Umschläge auf und erzielte eine deutliche Besserung. Seine Schlussfolgerung: „In feuchter Wärme gedeiht Holz, Frucht und Wein, selbst Fleisch und Bein“. Schroth beobachtete, dass krankes Vieh die Nahrung verweigert und wenig trinkt und kam auf die Idee, dieses Prinzip auf kranke Menschen zu übertragen. Das war der Ursprung der Schrothkur. Wie sein Bekannter Vincenz Prießnitz, der ganz in der Nähe lebte, kam Schroth in den Ruf, ein „Wunderdoktor“ zu sein, wurde aber auch der Kurpfuscherei bezichtigt.

Interessant ist die zeitgenössische Beschreibung und Einschätzung der Schrothkur in Meyers Konversationslexikon (1898): Schrothsche Kur (...) Heilverfahren, bei welchem der Kranke längere Zeit hindurch mit altbackener Semmel und dickem Brei aus Reis, Grieß, Hirse, Buchweizengrütze ernährt wird. Als Getränk dient früh und abends ein Gläschen Wein, an jedem dritten oder vierten Tag erhält der Kranke 2–3 Stunden nach der Mittagsmahlzeit (Pudding mit Weinsauce) so viel Wein, wie er trinken mag. Nachts liegt der Kranke in nassen Tüchern. Die höchst lästige Kur greift tief ein und kann bei unvorsichtiger Anwendung Entkräftung, Skorbut, selbst den Tod herbeiführen, bei sorgsamer Überwachung hilft sie oft bei veralteter Syphilis, Gicht, chronischen Ausschwitzungen im Rippen- und Bauchfell und in den Gelenken, auch bei Magenerweiterung günstig.

Die Elemente der Schrothkur

  • Eine spezielle salz-, fettlose und eiweißarme Kost mit Reis-, Grieß- und Haferbrei, ergänzt durch gekochtes Gemüse und gekochtes Obst sowie trockene Brötchen, heute oft durch „Kurgebäck“ ersetzt.
  • Abwechselnde Trink- und Trockentage. Bei der klassischen Schrothkur gibt es drei Trockentage, an denen weniger als ein halber Liter Flüssigkeit getrunken wird, früher vor allem Weißwein, abwechselnd mit je zwei „kleinen“ und zwei „großen“ Trinktagen.
  • Schrothsche Packungen bzw. Dunstwickel, bei denen der ganze Körper über Nacht in feuchtkalte Tücher gepackt wird; für Erwärmung sorgen Wärmflaschen.

Die modifizierte Schrothkur

Es gibt mittlerweile Modifikationen der originalen Schrothkur, die modernen ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen besser entsprechen sollen. Sie werden vom Schrothbund und dessen Mitgliedern vertreten. Die wichtigste Veränderung ist die Umstellung der Kurkost nach Professor Heinrich Kasper auf eine Mischkost. Eine Steigerung der Zufuhr von Nahrungsenergie von anfangs etwa 500 über 1000 auf etwa 1500 kcal täglich soll den so genannten Jo-Jo-Effekt nach einer Diät verhindern. Außerdem wurde die Flüssigkeitszufuhr an den Trockentagen erhöht. Dazu heißt es beim Schrothbund: „Es ist erwiesen, dass sich extremer Flüssigkeitsentzug nachteilig auf den Organismus auswirken kann (…) Erhalten bleibt jedoch aus gutem Grund der rhythmische Wechsel von Flüssigkeitszufuhr, der einen milden, naturgemäßen Reiz darstellen soll. (…) Die zweite Änderung besteht im völligen Verzicht auf hochprozentige Schnäpse. Es ist erwiesen, dass der bisher gereichte Wacholderschnaps im Rahmen der Schrothkur keinerlei positiven Einfluss auf den ‚Entwässerungsprozess‘ nimmt.“ (Quelle siehe Weblinks)

Indikationen und Kontraindikationen

Der Deutsche Schrothverband nennt rund 20 mögliche Indikationen für die Schrothkur, von Stoffwechselstörungen über Gicht und Migräne bis zu Allergien und Burn-out-Syndrom. Mediziner zweifeln die Berechtigung dieser Indikationen allerdings an.

Auf keinen Fall geeignet ist eine Schrothkur bei:

Kritik

Vor allem die klassische Schrothkur wird von Medizinern und Ernährungswissenschaftlern strikt abgelehnt und als gesundheitsschädlich eingestuft. Die Stiftung Warentest hat die Kur als Diät zur Gewichtsreduktion als „wenig geeignet“ bewertet.[1]

Wesentliche Kritikpunkte sind:

  • Die klassische Schrothkur ist eine Mangeldiät und kann auf Grund des weitgehenden Verzichts auf Proteine zu Muskelschwund und Leistungsabfall führen, außerdem zu Vitaminmangel.
  • Die Flüssigkeitszufuhr an den Trockentagen ist zu gering und potenziell gesundheitsschädlich.
  • Alkohol ist als Bestandteil einer Kur abzulehnen, da er den Kreislauf belastet.
  • Die Entwässerungswirkung ist zu stark.

Der Deutsche Wellnessverband urteilt über die klassische Schrothkur: „Der fast ausschließliche Verzehr von trockenen Brötchen, gelegentlich ergänzt durch Getreidebrei und Gemüse, sowie die drastische Flüssigkeitseinschränkung sind eine enorme Stoffwechselbelastung. Von einer mehrwöchigen Durchführung muss abgeraten werden, da mit Mangelerscheinungen an Eiweiß, Vitaminen und Mineralstoffen zu rechnen ist, zumal die Einnahme von Vitamin- und Mineralstoffpräparaten unterbleiben soll. Die geringe Flüssigkeitszufuhr widerspricht den heutigen Kenntnissen der Ernährungswissenschaften und ist nicht zu verantworten (...) Die Empfehlung, an ‚Trinktagen‘ Wein zu trinken, ist völlig unakzeptabel, zumal Alkohol eine harntreibende Wirkung hat.“ (Quelle siehe Weblinks)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Stiftung Warentest: Diäten im Vergleich test.de, 1. Mai 2005 (abgerufen am 27. Dezember 2012).