Schüleraustausch

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Schüleraustausch bezeichnet den gegenseitigen Besuch von Schülergruppen oder einzelnen Jugendlichen über Ländergrenzen hinweg. Der Schüleraustausch ist eine Form des Jugendaustausches. Er ist Teil der internationalen Jugendarbeit, der allgemeinen Jugendarbeit und damit der Kinder- und Jugendhilfe.

Sinn und Zweck ist das Kennenlernen der Kultur im Gastland, das Gastland als solches, der Sprache und der schulischen Inhalte. Schüler können dadurch auf einem Austausch ihre interkulturelle Kompetenz schulen, die eigenen Sprachkenntnisse verbessern und lernen, selbständiger zu werden.[1]

Formen

Schüleraustausch mit einer Partnerschule

Die ursprüngliche Form des Schüleraustausches ist der Besuch von Schulklassen einer Partnerschule im Ausland. Jeder Schüler bekommt einen Austauschpartner zugewiesen, bei dessen Familie er während des Aufenthaltes im anderen Land wohnt. Beim zeitlich versetzten Gegenbesuch des Austauschpartners im eigenen Land lebt dieser dann in der Familie des Schülers. Der Austausch wird häufig von einem oder mehreren Lehrern begleitet, die die Fremdsprache unterrichten.

Das Programm der Europäischen Union Erasmus+ fördert den Gruppenaustausch im Rahmen von Schulklassen. Erasmus+ ist Nachfolger des Comenius-Programms. Darüber hinaus gibt es organisierte Besuche von Gruppen im Schulalter, die etwa durch das Deutsch-Französische Jugendwerk gefördert werden.

Drittortbegegnungen

Neben den Besuch von Schulklassen an einer Partnerschule gibt es auch Drittortbegegnungen, z. B. an Schülerbegegnungsstätten. Erasmus+ fördert Begegnungen an Gedenkstätten oder in Städten mit Sitz von EU-Institutionen.

Individualaustausch

Neben dem Gruppenaustausch gibt es auch den Austausch einzelner Schüler. Dieser kann ein Kurzzeithaufenthalt sein oder einen längeren zusammenhängenden Zeitraum umfassen. Meistens besucht der Austauschschüler dabei eine Klasse einer Gastschule. Es werden jedoch auch Schülerpraktika angeboten. Die Unterbringung erfolgt meist ein einer Gastfamilie, es gibt aber auch Unterbringungen in Internatsschulen. Die übliche Klassenstufe für diese Auslandsaufenthalte ist die 9., 10. oder 11. Klasse. Historisch betrachtet ist die übliche Dauer des Aufenthalts vor allem in den USA ein Schuljahr („Austauschjahr“ – ATJ), seltener ein Halb- oder Vierteljahr. Vor allem in Australien und Neuseeland dominieren seit den 2010er Jahren allerdings Halbjahresprogramme, während sich in Kanada Halb- und Ganzjahresprogramme ungefähr die Waage halten.[2]

Es ist aber insbesondere beim individuellen Auslandsaufenthalt nicht selbstverständlich, dass die Gastfamilie Kinder im selben Alter hat. Auch ältere Ehepaare, alleinstehende Frauen und Männer sowie Familien mit kleinen Kindern können Gastfamilie werden. Die Entwicklung eines familiären Verhältnisses zu den Gasteltern gelingt nicht immer im ersten Versuch. Austauschorganisationen bieten daher häufig die Möglichkeit zum Wechsel der Gastfamilie an.

Der Individualschüleraustausch ist mit einem erheblichen organisatorischen Aufwand verbunden (Besorgung von Visa, Organisation eines Schulplatzes, Schulbefreiung in Deutschland, Organisation einer Gastfamilie, Versicherungen, Impfungen, Anreise und Abreise). Die Durchführung und Finanzierung kann über öffentliche Programme, Austauschorganisationen oder in Eigenregie erfolgen.

Öffentliche Programme

Erasmus+ finanziert sowohl Kurzzeitaustausche zwischen zehn und 29 Tagen, als auch Langzeitaustausche ab 30 Tagen bis ein Jahr. Die Lehrkräfte der entsendenden Schule und der Gastschule organisieren den Aufenthalt, entwickeln einen Stundenplan für den Austauschschüler und finden eine Gastfamilie. Dafür werden ebenfalls finanzielle Unterstützungen gewährt. Auch Schülerpraktika werden durch Erasmus+ gefördert. Erasmus+ ist der Nachfolger des Comenius-Programms. Der Individualschüleraustausch mit Frankreich wird auch z. B. vom Deutsch-Französische Jugendwerk unter anderem mit dem Voltaire-Programm und dem Brigitte-Sauzay-Programm gefördert. Im Austausch mit den USA gibt es das Parlamentarische Patenschaftsprogramm.

Austauschorganisation

Gegen Entgelt übernehmen häufig Schüleraustauschorganisationen diese Arbeit, die teilweise gemeinnützig sind oder ein wirtschaftliches Eigeninteresse verfolgen. Austauschorganisationen bieten darüber hinaus häufig Mehrwertdienste, wie Vor- und Nachbereitungsseminare, Betreuung vor der Anreise und während der Aufenthalts, Möglichkeit die Gastfamilie zu wechseln, Bezahlung der Schulgebühren, Netzwerk der Schüler aus den Seminaren und einen Alumni-Austausch.

Statistik

In Deutschland begaben sich in dem Schuljahr 2010/11 rund 21.350 Schüler für einen mindestens dreimonatigen Schüleraustausch ins Ausland. Nie zuvor hatte es mehr jährliche Teilnehmer gegeben. Nach einem jahrelangen Rückgang auf schließlich 16.600 Austauschschüler im Schuljahr 2017/18 konnte erstmals im Schuljahr 2018/19 wieder ein positiver Trend festgestellt werden.[3]

Bevorzugtes Ziel eines mindestens dreimonatigen Schüleraustausch sind die USA. Jedoch gewinnen – neben den englischsprachigen „Alternativländern“ Australien, England, Irland, Kanada und Neuseeland – einige lateinamerikanische und europäische Länder immer mehr Zulauf, wobei die absoluten Teilnehmerzahlen dort im Vergleich zu den USA noch immer gering sind.

Für das Schuljahr 2017/2018 verteilen sich die Teilnehmerzahlen der gemeinnützigen und privatwirtschaftlichen Austauschorganisationen bei den beliebtesten Zielländern wie folgt:[4]

  • USA: 4.535
  • Kanada: 2.045
  • Neuseeland: 1.250
  • Vereinigtes Königreich: 895
  • Australien: 730
  • Irland: 730

Bei vielen Schülern stehen neben der Neugier auf eine andere Kultur vor allem Karriereaspekte und bessere Sprachkenntnisse/-fertigkeiten im Vordergrund. Rund 95 % der deutschen Austauschschüler besuchen ein Gymnasium; Real-, Haupt- und Gesamtschüler sind kaum vertreten. Hohe Kosten, die Auswirkungen der Wirtschaftskrise von 2009 sowie mangelnde Unterstützung von Lehrern, Schulen und Behörden sehen Eltern und Schüler als Haupthindernisse bei einem Austauschjahr. Eine große Rolle spielte auch die Einführung von G8, dem Abitur in zwölf Jahren. Dadurch war es schwieriger geworden, ein Austauschjahr zu integrieren, ohne ein Schuljahr wiederholen zu müssen. Da viele Bundesländer nunmehr wieder auf G9 umstellen, sollte sich dies perspektivisch auch wieder positiv auf die Teilnehmerzahlen auswirken.

Rund zwei Drittel der Teilnehmenden sind weiblich, etwa drei Viertel der Teilnehmer stammen aus sehr guten bis gehobenen finanziellen Verhältnissen.[5] Obwohl es einige Stipendien der Austauschorganisationen, die Möglichkeit der Finanzierung über Auslandsbafög sowie über einige wenige staatliche Förderprogramme gibt, liegt die Finanzierung überwiegend bei den Eltern, die je nach Gastland für Programmkosten von 5.000 bis rund 20.000 Euro für ein Schuljahr im Ausland aufkommen müssen.[6] Um mehr Jugendlichen einen Schüleraustausch innerhalb Europas auch unabhängig vom Einkommen der Eltern zu ermöglichen, sind im Erasmus+ Nachfolgeprogramm ab 2021 zusätzliche Fördermittel für Schulen vorgesehen.[7]

Siehe auch

Literatur

rechtliche Aspekte
  • Stefan Klein: Schüleraustausch. dtv nomos Verlag / ARD-Ratgeber Recht, Erscheinungsjahr 2004, ISBN 3-423-58079-8
Länderübergreifend und allgemein international
  • Jack Harte (Hg.): Abenteuer High School: Der Ratgeber für ein High-School-Jahr weltweit; Erfahrungsberichte, Informationen, Kosten; Anbieter im Vergleich.... 1. Auflage. MANA-Verlag, Berlin 2019, ISBN 978-3-95503-123-7 (Ratgeber, der auch das Bildungssystem und das Leben in der Gastfamilie beschreibt)
  • Sylvia Schill: Ein Schuljahr in den USA und weltweit: Austausch-Organisationen auf dem Prüfstand; Infos zu über 70 Anbietern. 13. Auflage. Recherchen-Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-930902-13-2 (Ratgeber, der auch Leistungen der Organisationen übersichtlich auflistet – USA und weltweit)
  • Jörn Serbser: Nord-Süd-Schulpartnerschaften als Instrument der kulturellen Selbstreflexion. In: Manuel Aßner, Jessica Breidbach et al. (Hrsg.): AfrikaBilder im Wandel? Quellen, Kontinuitäten, Wirkungen und Brüche. Peter Lang Verlag, Frankfurt am Main 2012, ISBN 978-3-631-61568-3.
  • Thomas Terbeck: Handbuch Fernweh: Der Ratgeber zum Schüleraustausch. 19. Auflage. weltweiser Verlag, Selm-Cappenberg 1999-2019, ISBN 978-3-935897-40-2 (Ratgeber und Preis-Leistungs-Tabellen der Austauschorganisationen für 20 Gastländer)
Landspezifisch
  • Aktion Bildungsinformation: Schulbesuch weltweit, primär Australien, Kanada und Neuseeland, Stuttgart 2017
  • Aktion Bildungsinformation: Schuljahresaufenthalte in den USA, Stuttgart 2018
  • Alexandra Albert: Ein Schuljahr in Neuseeland: Gastschüler an einer High-School Down Under; Voraussetzungen, Bewerbung, Agenturen.... aktualisierte und erweiterte 4. Auflage. MANA-Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-934031-58-6 (Ratgeber, der auch das Bildungssystem und das Leben in der Gastfamilie beschreibt)
  • Claus-Daniel Bartel: The Best Year of my Life; Ein Jahr als Gastschüler. Tagebuch – Erfahrungen – Informationen. 1. Auflage. Verlag Piribauer, 2006, ISBN 3-9502140-0-3 (Erfahrungsbericht und Ratgeber – USA)
  • Ronny Frenzel: Alaska mal anders. 1. Auflage. Verlag edition belletriste, 2000, ISBN 3-933664-07-1 (Erfahrungsbericht und Ratgeber – USA)
  • Max Rauner: Als Gastschüler in den USA. 8. Auflage. Reise Know-How Daerr GmbH, 1992-2003, ISBN 3-89662-194-7 (Erfahrungsberichte und Ratgeber – USA)
  • Mona I. Thraen: Schonungslos Japanisch – Ein High School-Jahr zwischen Moderne, Tradition, Gastfamilie und Manga, traveldiary.de Reiseliteratur-Verlag, Hamburg 2013, ISBN 978-3-941796-37-9.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Claudia Bade: Internationaler Schüleraustausch als Kulturbegegnung. Reinhold Krämer Verlag, Hamburg 2001, ISBN 3-89622-046-2.
  2. Schüleraustausch-Studie 2019 von weltweiser
  3. Pressemitteilung zu einer Schüleraustausch-Studie, abgerufen am 19. Februar 2021
  4. Schüleraustausch-Studie 2019 von weltweiser
  5. tagesspiegel.de: Geld der Eltern entscheidet, wer ins Ausland fährt. Abgerufen am 24. Mai 2013.
  6. Schüleraustausch weltweit: Internetportal zum Ratgeber Handbuch Fernweh mit diversen Statistiken. Abgerufen am 19. Februar 2021.
  7. Kultusministerkonferenz: Erasmus+