Schweineorgel

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Deckblatt-Illustration zur Druckausgabe von La Piganino, 1867

Die Schweineorgel (franz. l’orgue à cochons) war angeblich ein Musikinstrument, bei dem die Töne durch quiekende Schweine erzeugt wurden. Einer Legende nach wurde das Instrument im Auftrag von Ludwig XI. entwickelt, worüber Wolfgang Caspar Printz 1690 in Historische Beschreibung der edelen Sing- und Kling-Kunst berichtete.[1] Der Organist und Orgelbauer Jacob Adelung schrieb 1758, dass die Katzen- und Schweinsorgeln zu nichts anderem dienten, als dass sie Gelächter erzeugten. Die Tiere würden in enge Behältnisse gesteckt, ihre Schwänze in eingeschnittene Öffnungen geklemmt und beim Anschlagen einer stacheligen Taste würden die Tiere zum Schreien gebracht werden.[2]

Geschichte

Ludwig XI. (1423–1483) soll einen Abbé de Baigne mit der Konstruktion eines solchen Instruments beauftragt haben, in der Annahme, dies sei ein Ding der Unmöglichkeit. Der Abbé de Baigne, der für die Erfindung neuer Musikinstrumente bekannt war, soll den Auftrag gegen Bezahlung angenommen haben. Die sogenannte harmonye de pourceaux soll aus einer Reihe von Schweinen unter einem Samtbezug bestanden haben, die nach Alter geordnet waren. Eine hölzerne Klaviatur betätigte Metallspitzen, die gegen die Schweine stießen und sie zum Quieken brachten.[3] Der 60 Jahre nach Ludwigs Tod 1545 gedruckten Legende zufolge fanden der König und seine Gesellschaft Gefallen an dem Instrument.

Rezeption

Die Schweineorgel diente möglicherweise als Inspiration für das 1867 veröffentlichte amerikanische Lied La Piganino, das italienische Einflüsse in der Amateurmusik und Populärkultur satirisch verarbeitete.[4] Das auf dem Deckblatt des Notenblatts dargestellte Instrument wurde auch als Hog Harmonium, Swineway oder Porko Forte bezeichnet.[5] In einer Szene des französischen Films Le Libertin (2000) stellt ein Baron eine ähnliche Schweineorgel vor, bei der die Töne durch Zerren an den Schwänzen der Tiere erzeugt werden.[6]

Verwandte fiktive Musikinstrumente

Ein weiteres Beispiel für die angebliche Verwendung von lebenden Tieren zur musikalischen Tonerzeugung ist Athanasius Kirchers Katzenklavier.[7] Im Sketch Musical Mice (,Musikalische Mäuse‘) der britischen Komikertruppe Monty Python dienten nach ihrer Tonlage angeordnete, mit einem Holzhammer angeschlagene Mäuse als „Mäuseorgel“. Dieser Sketch war sowohl in der Fernsehserie Monty Python’s Flying Circus, als auch im Kinofilm Monty Python’s And Now for Something Completely Different (‚Monty Pythons wunderbare Welt der Schwerkraft‘) zu sehen.[8] In der Fernsehserie Die Muppet Show trat regelmäßig die Puppe Marvin Suggs mit seinem Muppaphone, zu Stabspielen aufgereihten Kreaturen, auf, die auf jeden Schlag mit „au“ in jeweils eigener Tonhöhe reagierten.[9]

Weitere Begriffsverwendungen

Der Begriff „Schweineorgel“ wird auch als abwertende Bezeichnung für das Akkordeon[10], das Harmonium oder die Hammondorgel verwendet,[11][12] aber auch für die im Vergleich zur Hammondorgel schlichter klingenden Instrumente beispielsweise von Vox oder Farfisa.[13][14]

Einzelnachweise

  1. MDZ-Reader | Band | Historische Beschreibung der edelen Sing- und Kling-Kunst / Printz, Wolfgang Caspar | Historische Beschreibung der edelen Sing- und Kling-Kunst / Printz, Wolfgang Caspar. S. 196, abgerufen am 6. Dezember 2018.
  2. Jacob Adelung: Anleitung zu der musikalischen Gelahrtheit theils vor alle Gelehrte, ... theils vor die Liebhaber der edlen Tonkunst. J. D. Jungnicol Sen., 1758, S. 574 (google.de [abgerufen am 6. Dezember 2018]).
  3. Jean Bouchet: Les annales d’Aquitaine. Enguilbert de Marnef, Poitiers 1557, Blatt 164. (Scan). Zitiert in Pierre Bayle: Dictionnaire historique et critique. (Scan)
  4. David Tatham: The Lure of the Striped Pig: The Illustration of Popular Music in America, 1820–1870. Imprint Society, Barre (MS) 1973, ISBN 978-0876360514, S. 20.
  5. Mary Babson Fuhrer: A Crisis of Community: The Trials and Transformation of a New England Town, 1815–1848. The University of North Carolina Press, Chapel Hill 2014, ISBN 978-1469612867, S. 167.
  6. Rainer Schmitz, Benno Ure: Wie Mozart in die Kugel kam: Kurioses und Überraschendes aus der Welt der klassischen Musik. Pantheon Verlag, 2018, ISBN 978-3-641-23636-6 (google.de [abgerufen am 4. September 2020]).
  7. Vanessa Agnew: Enlightenment Orpheus: the power of music in other worlds, Oxford 2008, S. 157f.
  8. Monty Python – mouse organ sketch, Monty Pythons Mäuseorgel (YouTube-Video, englisch)
  9. Jennifer C. Garlen, Anissa M. Graham: Kermit Culture: Critical Perspectives on Jim Henson’s Muppets, McFarland, 2014, S. 151 [1]
  10. Christina Appert: Das Akkordeon: Schweineorgel oder Avantgarde-Instrument? 2010.
  11. Rainer Siebert: Was ist eine Schweineorgel? auf horniger.de, abgerufen am 26. Oktober 2014
  12. archive.is: funkhauseuropa.de: Mr. Hammond hat es nur gut gemeint... (Memento vom 25. Oktober 2014 im Webarchiv archive.today)
  13. user: Begriff "Schweineorgel": Was verbirgt sich dahinter? Musikerboard, 13. September 2013, abgerufen am 18. Juli 2020.
  14. Der wahre Elvis Momofuku. In: derStandard.at. Der Standard, 30. Mai 2008, abgerufen am 18. Juli 2020 (österreichisches Deutsch).