Seilträger

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Ein Seilträger ist der Teil der Antriebsmaschine, über den die von der Antriebswelle bereitgestellte Leistung auf das Förderseil übertragen wird.[1] Mit dem Seilträger wird das Seil bewegt.[2] Der Seilträger ist für das Förderseil somit die zentrale Maschinenkomponente einer Schachtförderanlage.[3] Seilträger werden im Bergbau eingesetzt bei Fördermaschinen, Winden und Förderhaspeln.[2] Weitere Anwendungen für Seilträger sind Aufzüge und Krane.[4]

Bauarten

Als Seilträger gibt es die Bauarten bzw. Bauformen Treibscheibe, Trommel und Bobine.[5] Jeder Seilträger hat unterschiedliche Eigenschaften, sowie Vor- und Nachteile.[6]

Gegenüberstellung der Seilträger
Seilträger Treibscheibe Trommel Bobine
Vorteile kleine Abmessungen und
Masse des Seilträgers
doppeltrümmige Mehrseilförderung schlanke Bauweise
Turmförderung möglich Seil zur Prüfung
abbaubar
drallfrei
Mehrseilförderung möglich kein Seilrutsch kein Seilschlupf
guter Momentenausgleich gute Seilschmierung  
hohe Drehzahlen
--> billige Motoren
für jede Teufe
geeignet
 
kleine Motoren für große Nutzlasten  
niedrige Investitionskosten    
Nachteile keine doppeltrümmige
Mehrsohlenförderung möglich
große Abmessungen
des Seilträgers
wegen der Bauhöhe
nur geringe Teufenfähigkeit
Seilrutschgefahr große Fundamente
notwendig
geringe Fördergeschwindigkeit
keine Seilschmierung große Masse des Seilträgers kein konstantes
Antriebsmoment möglich
steigende Spannungsbelastung
bei steigender Teufe
langsamdrehende Motoren erforderlich
--> kostspielig
nur Einseilförderung
möglich
eingeschränkte Teufenfähigkeit maximal Zweiseilförderung
möglich
 
  Antriebsmoment in der Regel
nicht konstant
 
  schlechte Ausnutzung der
Elektromotorleistung
 

Quellen:[7][8]

Eigenschaften

Die Eigenschaften, durch welche ein Seilträger charakterisiert wird, sind der Seilträgerdurchmesser, die zulässige und vorhandene Seilablenkung und die zulässige Flächenpressung.[7]

Seilträgerdurchmesser

Der Seilträgerdurchmesser ist abhängig vom Seilnenndurchmesser des Förderseils.[8] Aufgrund des minimalen Biegeradius eines Förderseils beträgt der Seilträgerdurchmesser, je nach verwendetem Seiltyp, nach Seilgeschwindigkeit, Verwendungszweck z. B. als Bühnenwinde, Notfahrwinde, Haspel oder Maschine, das 15- bis 120-Fache des Seilnenndurchmessers.[9] Eine Verringerung des Seilträgerdurchmessers führt zu einer hohen Biegebeanspruchung des Förderseils.[8] Dies hat eine Verkürzung der Seillebensdauer zur Folge, dies gilt selbst schon bei kleinen Veränderungen. Die Verkleinerung des Seilträgerdurchmessers lässt sich nur durch spezielle Seilkonstruktionen teilweise kompensieren.[9] Bei Bobinen und Trommelfördermaschinen ist der Seilträgerdurchmesser auch noch abhängig von der Seillänge.[5]

Seilablenkung

Seilablenkung je nach Fördermethode

Der vertikale Versatz zwischen dem Ablauf des Seils am Seilträger und dem Auflauf des Seils auf die Seilscheibe bzw. Ablenkscheibe ist der Grund für eine etwaige Seilablenkung.[10] Die Seilablenkung wirkt sich negativ auf das Förderseil aus.[11] Hierdurch kommt es zu Seilverschleiß, zu Futterverschleiß an den Seilscheiben und an der Treibscheibe und bei Trommelförderung zu Fehlwicklungen.[6] Deshalb sollte die Seilablenkung, sofern keine besondere Seilführungseinrichtung vorhanden ist, nicht größer sein als 1,5°.[10]

Allerdings wirkt sich Seilablenkung bei den einzelnen Seilträgern unterschiedlich aus.[11] So ist bei Flurfördermaschinen mit Treibscheiben die optimale Anordnung der Seilscheiben übereinander, da hierbei keine Seilablenkung entsteht.[12] Auch bei Turmfördermaschinen mit Treibscheiben entsteht keine Seilablenkung. Anders ist das bei Trommelseilträgern, hier wird bei Turmfördermaschinen die Seilablenkung zwischen Trommel und Ablenkscheibe durch den geringen Abstand von Ablenkscheibe und Trommel zu groß.[11] Bei Flurfördermaschinen mit Trommel ist die optimale Anordnung der Seilscheiben nebeneinander, da hierbei eine geringere Seilablenkung entsteht als bei übereinander angeordneten Seilscheiben.[12]

Flächenpressung

Die Flächenpressung ist nur zu berücksichtigen, wenn als Seilträger die Treibscheibe verwendet wird.[3] Dabei ist zu beachten, dass über den gesamten Umschlingungsbogen eine konstante Flächenpressung erreicht wird.[8]

Einsatzbereiche der Seilträger

Welcher Seilträger verwendet wird, hängt hauptsächlich von der zu bewegenden Last und der zu überwindenden Teufe ab.[3] Die am meisten bei Schachtförderanlagen verwendeten Seilträger sind Treibscheiben.[13] Sie sind für Förderanlagen mit Nutzlasten von bis zu 80 Tonnen und für Teufen von bis zu 2000 Metern verwendbar.[8] Bei Teufen bis zu 1600 Metern sind Förderanlagen mit Treibscheiben als Seilträger am wirtschaftlichsten.[6] Bei sehr kurzen Schächten, mit Teufen unter 250 Metern,[ANM 1] sind Treibscheiben weniger geeignet.[14] Hier sind Trommeln die wesentlich günstigere Variante.[3] Für große Teufen sind einfache Trommeln allerdings weniger geeignet.[6] Insbesondere bei Schwerlastförderungen aus großen Teufen sind Trommeln ungeeignet. Dies liegt in erster Linie daran, dass der Durchmesser der Förderseile und bedingt dadurch auch der Durchmesser der Trommeln so groß würden, dass dies technisch sehr schwer beherrschbar wäre.[8] Für sehr tiefe Schächte sind Blair-Trommeln („Double Blair Winder“) eine Alternative.[3] Bobinen sind hauptsächlich für den Einsatz als Seilträger bei Schachtabteuffördermaschinen geeignet.[6]

Einzelnachweise

  1. Heinz Pfeifer, Gerald Kabisch, Hans Lautner: Fördertechnik. Konstruktion und Berechnung, 6. Auflage, Springer Fachmedien, Wiesbaden 1995, ISBN 978-3-528-54061-6, S. 10–22.
  2. a b Technische Anforderungen an Schacht und Schrägförderanlagen (TAS) Blatt 11/9 Begriffsbestimmungen Online (abgerufen per Webarchive am 2. September 2022).
  3. a b c d e W. Sindern, St. Borowski: Sicherheitstechnische Betrachtungen zu Schachtförderanlagen für den Zugang zu einem zukünftigen geologischen Tiefenlager. Arbeitsbericht NAB 14-75, Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Hrsg.), Wettingen 2014, S. 35–39.
  4. Siegfried Herzog: Elektrisch betriebene Krane und Aufzüge. Mit 981 Abbildungen. Verlag von Albert Raustein, Zürich 1905, S. 184, 185.
  5. a b Fritz Schmidt: Die Schachtfördermaschinen. Erster Teil, Die Grundlagen des Fördermaschinenwesens. Zweite vermehrte und verbesserte Auflage, mit 178 Abbildungen im Text, Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH, Berlin Heidelberg 1923, S. 5, 143, 151-167.
  6. a b c d e Horst Roschlau, Wolfram Heintze: Bergmaschinentechnik. VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1977, S. 256–262.
  7. a b Paul Burgwinkel: Fachartikel Schachtfördertechnik. RWTH.
  8. a b c d e f F. Pfeiffer, T. Fass, S. Weber: Schachtfördersysteme. In: Abschlussbericht zum Vorhaben 3608R02612, Analyse betrieblicher Erfahrungen und ihrer Bedeutung für das Anlagenkonzept und den Betrieb eines Endlagers für wärmeentwickelnde radioaktive Abfälle. Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) mbH (Hrsg.), Auftragsnummer 835655, GRS - A - 3613, Juli 2011, S. A6-4 - A6-15.
  9. a b Wolfram Vogel: Anforderungen an Tragmittel in der heutigen Aufzugstechnik. Fachaufsatz, Universität Stuttgart.
  10. a b Technische Anforderungen an Schacht und Schrägförderanlagen (TAS). Stand Dezember 2005, Bezirksregierung Arnsberg, Blatt 1./3, 3/1-3/4. Seilträger.
  11. a b c H. Hoffmann, C. Hoffmann: Lehrbuch der Bergwerksmaschinen (Kraft und Arbeitsmaschinen). Zweite, verbesserte und erweiterte Auflage, mit 547 Textabbildungen, Verlag von Julius Springer, Berlin 1931, S. 204, 205.
  12. a b Hans Bansen (Hrsg.): Die Bergwerksmaschinen. Dritter Band, Die Schachtfördermaschinen. Verlag von Julius Springer, Berlin 1913, S. 8–10.
  13. Liu Bin: Schachtförderanlagen deren Auslegung Konstruktion und Sicherheitsnormen. Diplomarbeit am Lehrstuhl für Fördertechnik und Konstruktionslehre der Montanuniversität Leoben, Leoben 2015, S. 15–18.
  14. Shubham Bhongade, Vaibhav Bankar: A Review on Cargo Elevator. In: IJSRD - International Journal for Scientific Research & Development. Volume 9, Issue 4, 2021, ISSN 2321-0613, S. 160, 161.

Anmerkungen

  1. Bei Teufen unter 250 Metern spielt die Totlast eine wesentliche Rolle auf die Auswahl der Fördermaschine und damit auch auf die Auswahl des Seilträgers. Insbesondere bei diesen geringeren Teufen (< 250 Meter) hat das geringe Seilgewicht einen Einfluss auf die Reibkräfte. Bei diesen geringeren Teufen sind Fördermaschinen mit Treibscheiben weniger geeignet. Für diese Maschinen müsste die Totlast erhöht werden. Hier sind Trommelfördermaschinen besser geeignet. Dies liegt daran, dass bei Seiltrommeln, anders als bei Treibscheiben, die Reibkräfte keinen Einfluss auf das Fördervermögen der Fördermaschine haben. (Quelle: W. Sindern, St. Borowski: Sicherheitstechnische Betrachtungen zu Schachtförderanlagen für den Zugang zu einem zukünftigen geologischen Tiefenlager.)