Siedlungskolonie
Siedlungskolonien waren eine Form der Kolonisation, die sich zur Zeit der europäischen Kolonialreiche herausbildete. Man unterschied zunehmend zwischen Siedlungskolonien und übrigen Kolonien.
Siedlungskolonien sollten den Geburtenüberschuss des Mutterlandes aufnehmen, nicht selten auch durch erleichterte Existenzgründungen soziale Spannungen im Mutterland entschärfen. Sie konnten aber auch Strafkolonien beherbergen. Wie stark die Vorbevölkerung dabei verdrängt wurde, hängt nicht zuletzt von der Dauer der Kolonialherrschaft und der anschließenden Einwandererstaaten (nicht zu verwechseln mit dem Begriff Einwanderungsland) ab. Einige ehemalige Siedlungskolonien sind heutzutage Staaten mit europäischem Staatsvolk außerhalb Europas. In anderen blieb die Vorbevölkerung in der Mehrheit und ist heute Staatsvolk. In als Einwandererstaaten unabhängig gewordenen Siedlungskolonien ließen sich oft auch Siedler aus anderen Ländern als dem früheren Mutterland nieder, vor allem solchen, die selbst keine oder nur spät Kolonien hatten, dazu Angehörige unterdrückter Minderheiten. Besonders gilt das für die USA und Argentinien.
Die übrigen Kolonien wurden aus machtpolitischen Gründen erworben. Ihre Wirtschaft wurde ohne wesentliche oder mit nur geringer Einwanderung nach den Interessen des Mutterlandes ausgerichtet.
In einigen karibischen Ländern wurde die Vorbevölkerung zahlenmäßig weniger durch die Kolonisatoren selbst, als vielmehr durch die von ihnen aus Afrika importierten Sklaven verdrängt.
Liste von Siedlungskolonien
- Siedlungskolonie Australiens
- New Australia in Paraguay
- Siedlungskolonien Deutschlands, abgesehen von der mittelalterlichen Ostkolonisation:
- Deutsch-Südwestafrika, das heutige Namibia[1]
- Nueva Germania in Paraguay
- Siedlungskolonien Frankreichs:
- Québec, später britisch
- Algerien mit Franzosen, Spaniern und Polen
- Neukaledonien[2]
- Siedlungskolonie der Niederlande:
- Kapkolonie, später britisch
- Siedlungskolonien Großbritanniens:
- Nordirland,[3] siehe auch Ulster Plantation
- die späteren USA, zunächst v. a. die 13 Kolonien an der Ostküste
- Kanada
- Australien
- Neuseeland
- Auch in einigen süd- und ostafrikanischen Kolonien – nicht aber in Westafrika – ließen sich ebenfalls britische Siedler nieder, stellten und stellen dort gegenüber der autochthonen afrikanischen Bevölkerung jedoch stets eine zwar vermögende und einflussreiche, aber zahlenmäßig sehr kleine Minderheit dar, so in Kenia und Rhodesien (heute Simbabwe). Einen Sonderfall stellt Südafrika dar, wo britische Siedler sich zwar in größerer Zahl niederließen, aber sowohl gegenüber den Afrikanern als auch gegenüber den niederländischstämmigen Siedlern, den Buren, immer in der Minderheit blieben.
- Siedlungskolonien Spaniens:
- Kanarische Inseln mit Spaniern
- Argentinien mit Spaniern
- Chile mit Spaniern, später Europäern
- Uruguay
- Peru
- Spanisch-Sahara
- Siedlungskolonien Russlands:
- europäisches Gebiet zwischen Wolga und Ural
- Bessarabien mit Deutschen
- Krim und Nachbargebiete
- Südukraine
- Kasachstan
- Süden Sibiriens entlang der Transsibirischen Eisenbahn
- Siedlungskolonien der USA:
- Liberia, für freigelassene Sklaven
- New Mexico und Texas mit US-Amerikanern
- Hawaii mit US-Amerikanern
- Philippinen mit philippinischen Christen aus dem Norden gegen philippinischen Muslime im Süden.
Literatur
- Christoph Marx: Siedlerkolonien. In: Europäische Geschichte Online, Institut für Europäische Geschichte (Mainz), 2015; abgerufen am 11. März 2021; d-nb.info (PDF; 322 kB).
- Johannes Paul: Deutsche, Buren und Engländer in Südwestafrika. Begleitwort zu einer Nationalitätenkarte der Europäer in Südwestafrika. In: Koloniale Rundschau, Heft 9/10, 1931.
- Johannes Paul: Wirtschaft und Besiedelung im südlichen Amboland. In: Wissenschaftliche Veröffentlichungen des Museums für Länderkunde zu Leipzig, N. F. 2, 1933. Mit Literaturangaben.
- Manfred Hergt, Hermann Kinder, Werner Hilgemann, Harald Bukor, Ruth Bukor, Werner Wildermuth (Illustrationen): dtv-Atlas zur Weltgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. dtv, 2006, ISBN 978-3-423-08598-4.
Einzelnachweise
- ↑ Sebastian Conrad: Deutsche Kolonialgeschichte. C.H. Beck, München 2008, ISBN 978-3-406-56248-8, S. 29.
- ↑ ieg-ego.eu
- ↑ bbc.co.uk
- ↑ ieg-ego.eu